Amnesia: The Dark Descent im Test - So fühlt sich Angst an

Der Indie-Entwickler Frictional Games zeigt mit dem eindrucksvollen Grusel-Adventure Amnesia, wie man erinnerungswürdige Momente erschafft. Und nackte Panik.

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Im Weinkeller ist es zappenduster, und dunkel ist schlecht, denn im Dunkeln lauert der Wahnsinn. In der drückenden Finsternis erwachen die Geräusche: Schaben, Klackern, als würde jemand neben mir Schalentiere knacken. Daniel beginnt zu keuchen und sieht nicht mehr klar. Ich muss die Öllampe benutzen, wenn er nicht irre werden soll. Aber Licht heißt, sichtbar zu sein.

Im Eckzimmer des Kellers liegen Leichenteile, Fleischbrocken, die Wände sind bekleckert mit Blut. Daniel erinnert sich. Er hört, wie die Brustkörbe der Eingeschlossenen, die den Wein tranken, knacken und platzen. Sie heulen und hämmern an die Tür, während sich ihre Gliedmaßen biegen. Ich habe gesehen, was aus ihnen geworden ist. Am Ende des Lagergangs erschien eine schlurfende Silhouette. Ich rannte, so schnell ich konnte, zog die Tür hinter mir zu und kauerte in der Ecke, bis das Grunzen verschwand. Die Dunkelheit, die Angst setzt Daniel zu. Sein Geisteszustand verfällt zusehends. Schwer atmend schleppt er sich vorwärts. Ich muss vorankommen, sonst verliere ich ihn. Nur noch eine Chemikalie fehlt.

Die Furcht im Kopf

Die Erkundung des Schlosses steht im Mittelpunkt von Amnesia. Die Erkundung des Schlosses steht im Mittelpunkt von Amnesia.

»Spiele dieses Spiel nicht, um zu gewinnen«, hatte mich das Begleitschreiben zu Amnesia: The Dark Descentaufgefordert, »sondern lass dich auf die Welt ein.« Amnesia stammt vom schwedischen Indie-Studio Frictional Games, die mit den beiden Penumbra-Episoden 2007 und 2008 gefeierte Untergrund-Hits gelandet haben. Clevere Grusel-Adventures, die viel andeuten und wenig zeigen, die mit Licht und Schatten spielen und beweisen, dass die schlimmste Furcht im Kopf des Spielers entsteht: nicht durch das, was ist, sondern das, was sein könnte.

Amnesia ändert nichts an diesem Konzept. Ich spiele nachts im dunklen Zimmer, die Geräuschkulisse des zerfallenden Schlosses in Surround um mich herum, und nach zwei Stunden erreiche ich den Punkt, wo ich mich frage, ob ich noch weiterspielen kann. Ich merke, wie unnatürlich ich sitze: die Schultern eingezogen, geduckt und zur Seite gelehnt. Schutzhaltung.

Türen, die ich geöffnet habe, sind wieder verschlossen. Ich höre Geräusche und Stimmen, Schläge, aber ich sehe niemanden, nirgends, keine Seele. Ich finde Spuren: Knochenreste, abgetrennte Glieder, Blut. Ich habe ständig das beklemmende Gefühl, dass eine Gestalt im nächsten Raum sein müsste, nur eine Ecke weiter. Aber der nächste Raum ist leer, so leer wie der davor und der danach. Das beruhigt mich nicht. Im Gegenteil.

Handlung aus Bruchstücken

Was ich in der ersten Spielstunde von meinem Alter Ego erfahre: Er heißt Daniel. Wir schreiben das Jahr 1839. Er befindet sich in Schloss Brennenburg in Preußen. Er erinnert sich nicht, was er hier macht. Amnesie. Stück für Stück finde ich Notizen und Tagebucheinträge, neue Puzzleteile, die Geschehnisse andeuten. Ich bin auf Entdeckungsreise in meine Vergangenheit, in einem unheimlichen, riesigen Schloss. Ich stöbere. Die vollgestopfte Bibliothek. Das zerfallene Treppenhaus. Der Ballsaal. 70 Minuten vergehen, bevor ich auf das erste nennenswerte Rätsel stoße. Ich habe nichts vermisst.

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