Amoklauf in Winnenden: Die Diskussion - Anlaufstelle für unsere Berichterstattung

Es ist traurig. Eine solche Tat wie sie gestern im Baden-Württembergischen Winnenden geschehen ist, verschlägt uns die Sprache. Treibt uns die Tränen in die Augen, macht uns hilflos.

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Es ist eigentlich nicht unsere Aufgabe über die Bluttat des 17-Jährigen Tim K. zu berichten, bei der gestern 16 Menschen einschließlich des Täters ums Leben kamen. Denn schließlich sind wir ein Magazin, dass sich mit PC-Spielen beschäftigt; ein Medium, das Menschen bei allen Facetten rund um ihr Hobby begleitet.

Und genau darum müssen wir uns nun doch wieder mit Mord und Totschlag auseinandersetzen, genauer gesagt mit der medialen Diskussion über die Ursachen des unfassbaren Gewaltaktes. Denn wieder werden die ewig gleichen Geschütze von den ewig gleichen Kanonieren in Stellung gebracht und mit den ewig gleichen Behauptungen geladen und in TV und Radio auf die besorgten Menschen im Lande abgeschossen. Ziele sind Eltern, die heute Morgen Angst hatten, Ihre Kinder zur Schule zu schicken. Lehrer, die ihre Schüler nicht mehr verstehen. Und Jugendliche, die versuchen zu begreifen, was in Tim K. vorgegangen ist, der ja eigentlich so harmlos wirkte, als ruhig, unauffällig und bescheiden beschrieben wird. Sie alle warten auf eine schnelle Antwort, und zwar jetzt.

Der TV-Sender N-TV berichtet über gefundene Killerspiele. Der TV-Sender N-TV berichtet über gefundene Killerspiele.

Nur kann die niemand geben, auch und grade die mit der Situation überforderten Politiker nicht. Die fühlen sich genauso hilflos, stehen unter Druck, brauchen ein Ventil, müssen Stärke und Handlungsfähigkeit zeigen. Da bieten sich zum wiederholten Male PC- und Videospiele an. Zum einen, weil den Politikern und Rundfunk-Journalisten dieses Medium zum großen Teil fremd ist. Eine Art Grauzone, in die man beliebig viel hineininterpretieren kann, in die unbequeme Denkansätze verschoben werden, bis sie im Nebel zur Gänze unsichtbar werden. Übrig bleiben, von Kameras prima zu erfassen, Spielschachteln. Und markige Forderungen, heute etwa vom Bayerischen Innenminister Herrmann und dem Vorsitzenden der Deutschen Stiftung für Verbrechensbekämpfung Hans-Dieter Schwind, die ein totales Verbot von »Computer-Gewaltspielen« fordern. Dass wir bereits die weltweit schärfsten Judgendschutz-Gesetze haben, vergessen die Herren bei ihren Forderungen nach immer mehr Verboten.

Counterstrike Counterstrike

Im Zimmer des jungen Amokläufers seien Computerspiele wie Counterstrike gefunden worden, teilte die Polizei mit. Man fragt sich, warum ausgerechnet diese Tatsache so berichtenswert ist, warum sie noch immer »Aha!«-Reaktionen nach sich zieht. Die Anwesenheit von Computerspielen in einem Teenager-Zimmer ist in etwa so überraschend, als wenn man dort DVD-Filme, ein Handy oder einen Fußball gefunden hätte. Sie sind ein vollkommen normaler Teil jugendlichen Lebens. Dass das einem Teil der Medien und der Öffentlichkeit immer noch als erstaunliches und potenziell skandalöses Faktum erscheint, sagt mehr über diese Bevölkerungsschichten aus als über die psychologische Verfassung der Jugend.

Computerspiele sind Normalität. Ein Spiel wie Counterstrike, das in Deutschland Hunderttausende von Menschen spielen, ist durch gesetzlich vorgeschriebene Prüfinstanzen gegangen und ab 16 Jahren freigegeben. Der Todesschütze Tim K. besaß es altersgerecht. Es kann und muss in die Erklärungsversuche des Amoklaufs einbezogen werden, aber nicht mehr und nicht weniger wie die Fragen nach Tim K.s sozialem Umfeld, seiner Vorgeschichte, seiner Faszination für Softair, seinem Zugang zu Waffen, der unendlichen Vielzahl von Gründen, die aus Menschen Mörder machen können.

In unserem Special zur Thematik PC-Spiele und Gewalt informieren wir Sie über den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Auseinandersetzung und geben Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen. Weiter werden wir Sie auf GameStar.de durch ständige Aktualisierungen stets auf dem neuesten Stand der Diskussion halten.

Wie empfinden Sie die Diskussion um den Amoklauf in Winnenden? Sagen Sie hier in den Kommentaren oder in unserem Forum ihre Meinung. Oder schreiben Sie uns an [email protected]. Natürlich sind auch Fragen und Anregungen willkommen.

Michael Trier, Chefredakteur GameStar
& Markus Schwerdtel, Chefredakteur GamePro

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