Anno 2205 im Test - Die Annomalie

Anno 2205 präsentiert sich im Test ohne Zweifel als das schönste und größte Anno aller Zeiten. Aber ist es auch das beste? Das hängt entscheidend davon ab, was Sie von einem Anno erwarten.

Anno 2205 - Test: Das größte und schönste Anno aller Zeiten. Aber auch das Beste? Video starten 12:55 Anno 2205 - Test: Das größte und schönste Anno aller Zeiten. Aber auch das Beste?

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Es ist der Moment, als der sorgsam ausgetüftelte Plan für unsere Inselwelt in Anno 2205 wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt. Der Moment, als unsere Bevölkerung einen Bahnhof fordert. Der Moment, in dem uns Anno 2205 endgültig gefangen nimmt und uns für Stunden nicht mehr los lässt.

Denn so ein Bahnhof benötigt zum einen verflucht viel Platz und sollte zum anderen möglichst im Stadtzentrum gebaut werden. Genau das Zentrum, das wir bereits bis auf den letzten Quadratmeter mit Häusern und Straßen zugepflastert haben. Die müssen nun weg! Nur wohin? Am besten dorthin, wo aktuell noch Orangenplantagen und Saftfkeltereien stehen. Hm, wir wollten doch schon seit Ewigkeiten eine Brücke zu dieser kleinen Insel bauen. Dann wird das jetzt eben unsere Orangeninsel!

Sechs DLCs und Anno 2205 Königsedition

Im Verlauf des letzten Jahres hat Blue Byte Mainz sechs DLCs für Anno 2205 veröffentlicht, immerhin drei davon kostenlos. Am 27.10.2016 erschien zudem die traditonelle Königsedition, die sämtliche Inhalte vereint. Was die DLCs im einzelnen taugen und für wen sich der Kauf der Königsedition lohnt, lesen Sie in unserem ausführlichen Test-Update.

15 Minuten und Hunderte Mausklicks später gähnt dort ein riesiges Loch, wo früher noch Wolkenkratzer standen. Höchst zufrieden mit uns selbst füllen wir das Loch mit unserem Giganto-Bahnhof - und sorgen damit für einen amtlichen Stromausfall. Höchste Zeit, um mal wieder auf dem Mond vorbeizuschauen und die Fusionsreaktoren aufzurüsten.

Genau so geht Anno: Es ist ein endloser Kreislauf aus Problemen und Lösungen, die wiederum zu neuen Problemen führen. Diesen Kreislauf gab's natürlich auch schon den früheren Teilen der traditionsreichen Aufbauspielserie. Aber noch nie hat er so gut funktioniert wie in Anno 2205. Denn erstmals dürfen wir nicht nur eine Inselwelt besiedeln, sondern bis zu neun gleichzeitig, und das in drei höchst unterschiedlichen Regionen. Ein beeindruckendes Erlebnis, das sich Anno 2205 allerdings auch mit vielen Kompromissen beim Wirtschafts- und Kampfsystem erkauft. Kompromisse, die nicht jedem Serienfan gefallen werden.

Uplay-Pflicht, aber offline spielbar
Wie jedes Ubisoft-Spiel verlangt auch Anno 2205 nach einer Uplay-Anbindung, selbst wenn Sie den Titel auf Steam kaufen. Nach einmaliger Online-Aktivierung können Sie Anno 2205 auch komplett offline spielen, anders als im Vorgänger Anno 2070 gibt es dabei keinerlei spielerisch relevante Nachteile. Durch die Kontenbindung lässt sich Anno 2205 allerdings nicht weiterverkaufen. Wer andere Ubisoft-Titel gespielt hat, kann sich für dort verdiente Uplay-Points ein paar kosmetische Upgrades wie einen Blumengarten oder einen alternativen Hauptquartier-Look freischalten.

Kampagne küsst Endlosspiel

Beim seit Anno 1602 bewährten Grundprinzip bleibt freilich alles beim Alten: Wir starten mit einem Kontor auf einer idyllischen Inselwelt, ziehen die ersten Wohnhäuser hoch und erfüllen die anfangs noch genügsamen Bedürfnisse unserer Bürger. Sind alle glücklich, erklimmen wir die nächste Zivilisationsstufe und schalten neue Gebäude frei, müssen gleichzeitig aber auch zunehmend anspruchsvollere Wünsche bedienen. Nicht alle Güter können wir auf unserer Startinsel herstellen. Also expandieren wir und spinnen ein immer größeres Netz aus Städten, Produktionsketten und Handelsrouten.

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So weit, so Anno. Doch die erste große Überraschung wartet schon zu Partiebeginn: Anno 2205 vereint Kampagne und Endlosspiel in einem gemeinsamen Modus. Als Firmenchef sollen wir ein Imperium errichten, das uns die finanziellen Voraussetzungen schafft, den Mond zu besiedeln. Nur dort können wir nämlich Fusionsreaktoren errichten, um die Energiekrise auf der Erde zu bekämpfen. Den Schwierigkeitsgrad dürfen wir dabei wie gewohnt umfangreich selbst definieren - angefangen beim Startkapital über die Höhe der Baukostenerstattung beim Gebäudeabriss bis hin zur Häufigkeit von Nebenquests.

Konkurrenzdruck ist so 2070

Konkurrenten lassen sich nur noch als auftraggeber von Nebenquests blicken. Ansonsten siedlen wir allein. Konkurrenten lassen sich nur noch als auftraggeber von Nebenquests blicken. Ansonsten siedlen wir allein.

Serienveteranen werden allerdings vor allem zwei Optionen vermissen, nämlich die Beschaffenheit der Inselwelt und die Wahl der Computergegner. Dafür gibt's radikale Gründe: Zum einen ersetzt Anno 2205 die Zufallskarten der Vorgänger durch drei vorgefertigte Startregionen. Zum anderen sind wir komplett allein, der Konkurrenzdruck durch gleichzeitig siedelnde Computergegner fällt somit ins Wasser.

Beides hat Vor- und Nachteile: Die von Hand gebauten Regionen sehen weitaus schöner und natürlicher aus als ihre Vorgänger aus dem Zufallsbaukasten und bieten zudem jeweils ein individuelles Megaprojekt, an dessen Vollendung wir uns beteiligen dürfen. So errichten wir im Walbruck-Becken etwa über Stunden hinweg einen gewaltigen Staudamm, der uns fortan einen fetten Energiebonus beschert.

Vom Wegfall des Konkurrenzdrucks profitieren all diejenigen, die bei einem Anno einfach in Ruhe an ihrer Traumsiedlung feilen und trotzdem die Kampagne beenden wollen. Bis auf eine einzige frühe Storymission lassen sich alle Ziele in Anno 2205 friedlich erreichen. Streit gibt's ausschließlich in separaten Kampfzonen, und auch nur dann, wenn wir es wirklich drauf anlegen. Wer seine Inselwelten hingegen nicht nur besiedeln, sondern auch erobern möchte, wird dagegen mit Anno 2205 definitiv nicht glücklich werden. Trotz oder gerade wegen der Kampfzonen. Dazu später mehr.

Die Konferenz ist eine von drei Optionen, die ausschließlich Online-Spielern zur Verfügung stehen. Die Konferenz ist eine von drei Optionen, die ausschließlich Online-Spielern zur Verfügung stehen.

Die Online-Funktionen von Anno 2205

Die gute Nachricht: Entwickler Blue Byte Mainz hat Wort gehalten, als sie uns versprachen, dass man Anno 2205 komplett offline spielen könne, ohne spielerische Nachteile befürchten zu müssen. Wir erinnern uns: Bei Anno 2070 störten sich die Spieler vor allem an den online-exklusiven Arche-Upgrades, die auch Vorteile für die Solokampagne mit sich brachte. Die Online-Elemente von Anno 2205 sind weitaus weniger relevant:

1. Der Weltmarkt: Am spannendsten ist noch der globale Marktplatz, auf dem wir überschüssige Waren verkaufen können. Das Besondere: Die Preise richten sich hierbei nach den Angeboten aller Anno-Spieler. Wer hier schnell auf eine Marktlücke reagiert und entsprechende Betriebe baut, kann sich ein ordentliches Zubrot dazuverdienen.
2. Die Konferenz: Dieses Element kennen wir bereits aus Anno 2070. Gemeinsam mit allen anderen Spielern stimmen wir darüber ab, welche der Firmen künftig den Vorsitz hat. Je nach Unternehmen bringt das andere Vorteile mit sich. Oder wir lassen uns einfach bestechen und halten für unsere Stimme die Hand auf.
3. Externe Ressourcen: Hier können wir Rohstoffe einsammeln, die wir zuvor im Mobile-Ableger Asteroid Miner verdient haben.

Ebenfalls erwähnenswert in diesem Kontext: Anders als in Anno 2070 gibt es – Entwicklerzitat – »vorerst«keinen Multiplayer-Modus. Dieser dürfte also wie schon in Anno 1404 noch per Addon nachgereicht werden.

Fazit: Ja, jede der drei Online-Funktionen ermöglicht zusätzliche Ressourcen- und Geldquellen. Aber auch, wer komplett offline spielt, hat eigentlich immer genug in der Tasche und verpasst deshalb nichts Entscheidendes.

Problem erkannt, Problem gebannt

Auf die erste große Überraschung folgen viele kleine, denn auch das Wirtschaftssystem funktioniert grundlegend anders als in den Vorgängern. Gebäude haben keine Einflusskreise mehr, wir können unsere ersten Wohnhäuser und Produktionsbetriebe theoretisch also ohne Einschränkungen auf der gesamten Insel verteilen, so wir uns die längere Straßenanbindung leisten können. In der Praxis achten wir dennoch auf kurze Wege, weil ein Bahnhof natürlich nur dann seine volle Wirkung entfalten kann, wenn er mitten im Zentrum liegt.

Sobald ein Produktions- oder Dienstleistungsbetrieb steht, landen dessen Waren sofort im globalen Lager, sodass wir Versorgungslücken genauso schnell erkennen wie beheben können. -3 bei Biokost, weil unsere Bevölkerung zu schnell gewachsen ist? Einfach eine Reisfarm bauen und - schwupps - schon steht da +2, und Bäuche wie Lager füllen sich wieder.

Komplexe Beispiel-Produktionskette: 1. Diamantmine Die Herstellung von Quantencomputern zählt zu den komplexesten Produktionsketten des Spiels. In der Gemäßigten Zone fördern wir Diamanten.

2. Molybdänmine In der Molybdänmine gewinnen wir das gleichnamige Metall.

3. Gefrier-Reinraum Im Gefrier-Reinraum werden Diamanten und Molybdän zu Qubit-Prozessoren weiterverarbeitet.

4. Methan-Extraktor Mit dem Tiefseebohrer des Methanextraktors fördern wir Methaneis.

5. Deuterium-Sieb Mit Hilfe der Filter des Deuterium-Siebs gewinnen wir das gleichnamige Wasserstoff-Isotop.

6. Kryogeniklabor Methaneis und Deuterim werden im Kryogeniklabor zu Superkühlern.

7. Hardwarefabrik Im siebten und letzten Schritt dieser komplexen Produktionskette werden die Qubit-Prozessoren des Gefrier-Reinraums sowie die Superkühler des Kryogeniklabors schließlich zu Quantencomputern weiterverarbeitet.

Ja, das ist rein mechanisch und weniger atmosphärisch als in den Vorgängern, in denen wir den Transport- und Produktionsweg vom Korn zum Brot quasi live mitverfolgen konnten. Aber zum einen passt es zum Zukunftsszenario, schließlich steht bereits heute die Saftfabrik nur selten direkt neben der Obstplantage. Zum anderen sorgt es für einen wunderbaren Spielfluss, weil wir dank der vorbildlich transparenten Menüs immer wissen, was als Nächstes zu tun ist, beziehungsweise was man noch optimieren könnte. Der aufbauspiel-typische Leerlauf ist in Anno 2205 ein Fremdwort.

Verbesserungen gegenüber der Vorabtest-Version
Der Vorabtest unserer aktuellen Heft-Titelstory basierte auf einer fast, aber eben nicht ganz fertigen Version. Die Entwickler haben vor allem beim Balancing deutlich nachgebessert:
- Friedliebende Spieler erhalten beim Rangaufstieg nun sechs Mal mehr Seltene Ressourcen als zuvor, wodurch die zuvor nervigen Nachschub-Wartezeiten entfallen, wenn man keine Militärmissionen absolvieren möchte.
- Wir bekommen vor allem im späteren Spielverlauf weniger Steuern, was es ab dem normalen Schwierigkeitsgrad gerade beim Wechsel in eine neue Region spürbar kniffliger und spannender macht, eine positive Bilanz zu halten.
- Die höchste Schwierigkeitsstufe ist noch härter geworden. Ohne den cleveren Bau von Modulen ist es hier jetzt nahezu unmöglich, eine positive Bilanz zu erreichen.

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