Banished im Test - Endlich echte Sims

Schäm dich, Maxis! Banished beweist im Test, dass selbst ein kleines Ein-Mann-Projekt das »große« SimCity übertreffen kann.

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Nach entbehrungsreiche Reise macht sich der junge Warrell in einem grünen Tal daran, eine Scheune aufzubauen, während Jäger Thelm beginnt, die Lebenserwartung der ortsansässigen Hirsche zu verkürzen. Conardo, Krystene, Ailee und die Kinder zimmern derweil die Holzhütten, denn der Winter naht. Im Spätherbst sieht alles nach einem gelungenen Start aus.

Bis der kleine Ezekiah mit dem Feuer spielt - und die Scheune samt Vorräten abfackelt. Der Winter kommt früh, und wenig später versinken die Häuser mitsamt tiefgefrorenen Insassen unter einer weichen Schneedecke. Eine grausame Geschichte? Klar, und wir sind auch noch selber schuld, weil wir es nicht geschafft haben, unseren Siedlern ausreichend Brennholz und Nahrung zu beschaffen.

Damit haben wir bereits den ersten Unterschied zu herkömmlichen Aufbausimulationen festgestellt, denn in Banished müssen wir vor allem eines: unsere mittelalterlichen Dorfbewohner am Leben erhalten. Im SimCity-Pelz steckt hier nämlich ein Survival-Spiel, das keine Fehler verzeiht - und damit gnadenlos motiviert. Nicht schlecht für das Werk eines einzelnen Entwicklers.

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Der Entwickler
Luke Hodorowicz arbeitete über zehn Jahre als Grafikprogrammierer bei Vicious Cycle Software. Er entscheid sich, seinen Hut zu nehmen, von Erspartem zu leben und mehr zu machen als Grafik: Er wollte ein komplettes Spiel entwickeln. Zuerst arbeitete er an »zAftermath« einem Zombie-Action-Rollenspiel. Angesichts der Zombiespielflut ließ er das jedoch schnell bleiben und nutzte die bisherige Arbeit, um eine Städtebausimulation zu basteln.

»Es war chaotisch und der Code war fürchterlich, aber ich spielte es von Beginn an sehr gern«, sagt Hodorowicz über den Prototypen. Er wollte weg von den Simulationen, die Bevölkerung nur als Zahlen darstellen, hin zu einem System, in dem der einzelne Siedler wichtig ist. Der Plan ging auf: Direkt nach dem Verkaufsstart wurde Banished zu Spitzenzeiten bereits von knapp 25.000 Spielern gleichzeitig gespielt.

Wo kaufen
Banished ist für 18,99 Euro auf Steam erhältlich. Ein Weiterverkauf ist hier nicht möglich. Auf der Webseite des Entwicklers kann man eine mit 19.99 US-Dollar günstigere und DRM-freie Version (inklusive Steam-Key) erwerben. Für 19,99 Dollar gibt es das Spiel auch ohne DRM bei GOG.com.

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Aller Anfang ist schwer

Wir starten Banished je nach Schwierigkeitsgrad mit einigen Siedlern und Vorräten auf einer zufallsgenerierten Karte. Alle Gebäude stehen von Beginn an zur Verfügung - vorausgesetzt, wir haben Baumaterial und -arbeiter. Aber … womit fangen wir an? Mit einer Farm, um möglichst effektiv Nahrung zu gewinnen? Oder mit einer Jagdhütte, damit ein Schneider aus den Häuten erlegter Tiere Jacken nähen kann?

Sammler, Jäger und Pflanzenkundiger sorgen für eine gesunde Siedlerbasis. Sammler, Jäger und Pflanzenkundiger sorgen für eine gesunde Siedlerbasis.

Einfach drauflosbauen wie in Anno oder SimCity funktioniert hier nicht. Denn alles, was wir anstoßen, frisst Zeit. Gebäude wollen erst Stück für Stück aufgebaut werden. Hausbau zu spät begonnen oder kein Bauholz vorrätig? Pech, der Winter ist da, alle erfrieren.

Auch Bauernhöfe haben ihre Tücken: Zwar bringen die Farmer das Saatgut im Frühling aus, Erntezeit ist aber erst im Herbst - dazwischen lässt sich's prima verhungern. Holz wiederum dient außer als Baustoff auch als Heizmaterial, da müssen wir eine Balance finden, sonst haben unsere Dorfbewohner zwar ein Hüttendach über dem Kopf, aber kein wärmendes Feuer im Ofen.

Zur Rohstoffsammlung markieren wir ein Gebiet, in dem unsere Leute alles abbauen, was nicht niet- und nagelfest ist. Holz, Stein und Eisen werden im Freiluftlager gestapelt. Wenn wir die ersten Bauplätze ausgewiesen haben, müssen wir einige Arbeiter zu Zimmerleuten befördern, die auch sofort loslaufen, um die erforderlichen Materialien aus dem Lager zu holen.

Stabile Städte zu errichten, braucht viel Zeit und Geduld. Irgendwann hat man aber den Dreh raus. Stabile Städte zu errichten, braucht viel Zeit und Geduld. Irgendwann hat man aber den Dreh raus.

Falls dort keine sind, drehen die Jungs vom Bau nicht Däumchen, sondern helfen dort aus, wo sie gebraucht werden und fällen etwa weitere Bäume. Ist irgendwann genug Material da, nehmen sie automatisch ihren ursprünglichen Job wieder auf. Zwischendurch bekommen sie - Überraschung! - Hunger und gehen entweder nach Hause, zum Markt oder zur Scheune, um sich etwas zu beißen zu besorgen.

Einfach Gebäude hochzuziehen, reicht aber nicht, wir müssen dringenden Baustellen und Betrieben auch genug Arbeiter zuweisen, damit nicht plötzlich die Nahrungsversorgung zusammenbricht, nur weil wir zu viele Häuser gleichzeitig bauen. Durch diese händischen Arbeitskräfte-Verteilung gleichen wir auch Engpässe aus: Wird das Essen knapp, ziehen wir eben einen Minenarbeiter ab und schicken ihn Beeren und Pilze suchen.

Apropos Beeren und Pilze: Das Wohlbefinden der Leute hängt auch von der Vielfalt an Nahrungsmitteln ab, die wir ihnen anbieten. Müssen die Siedler ständig wie die Insassen des RTL-Dschungelcamps Bohnen runterwürgen, sinken Gesundheit und Zufriedenheit, was sich auf die Produktivität und die Sterblichkeitsrate auswirkt.

Echte KI, echter Siedler

Kommt davon, wenn man mit Feuer spielt: Die kleine Siedlung brennt lichterloh. Kommt davon, wenn man mit Feuer spielt: Die kleine Siedlung brennt lichterloh.

Die Einwohner unseres Dorfs sind dabei keine hirnlosen Alibi-Sims, sondern »echte« Personen mit Name, Ehepartner, Kindern und eigener Hütte. Jeder von ihnen hat einen Arbeitsplatz und Bedürfnisse wie Essen, Wärme und Zufriedenheit. All das wird glaubwürdig simuliert, im »Folgen«-Modus beobachten wir etwa Marek, den Steinmetz.

Er geht jeden Tag zur Arbeit im Steinbruch. Dann bringt er die produzierten Steine ins Lager, bevor er Hunger bekommt und nach Hause geht. In sein eigenes Haus. Ist kein Essen da, latscht er zum Markt und holt Nachschub, den er für sich und seine Familie zu Hause bunkert. Feuerholz nimmt er auch gleich mit, damit der Kamin ordentlich raucht. Wird Marek krank, geht er ins Krankenhaus, fängt sein Haus Feuer, spielt er mit Holzeimern Feuerwehr.

So verhält sich jeder Siedler nachvollziehbar. Das kommt uns doch bekannt vor, oder? Hunderttausende individuell simulierte Sims versprach Maxis für SimCity und pries »eine der authentischsten Simulationen« an, die je entwickelt wurden. Authentisch wäre allenfalls die kilometerlange Nase gewesen, die den Maxis-Mitarbeitern bei dieser Lüge hätte wachsen müssen.

Bauernhöfe Den Schafen und Rindern geht’s bald ans Leder, der Ackerbauer ist nicht abkömmlich und die Obstgärtner haben eine Kiste Birnen rumstehen lassen.

Hafen Am Hafen stehen Lagerhäuser, ein Fischer dezimiert den Forellenbestand und der Handelsposten (oben links) hat gerade gar nichts zu tun.

Handwerk Im Steinbruch arbeiten auch gern mal Kinder, die Mine hinten verheizt Bergleute, und linkerhand werden Werkzeuge gebaut sowie Feuerholz gespalten.

Denn die Sims sind in SimCity nichts weiter als hirnbefreite Phantome, denen früh um Sechs das Gedächtnis gelöscht wird, und die so kontrollierbar sind wie Stiere in der Stierkampfarena: Sie fahren morgens einfach zu einem beliebigen freien Arbeitsplatz und abends zu einer beliebigen freien Wohnung. Jeden. Tag. Simulation? Pustekuchen! Daliana, die Farmerin aus Banished, folgt dagegen einer klar nachvollziehbaren KI-Logik, gestrickt aus nachvollziehbaren Parametern. Sie verhält sich eben nicht beliebig, sondern ist Bäuerin, Ehefrau und Mutter. Und wenn Mann und Kinder sterben, kann sie depressiv werden.

Siedler reagieren nämlich feinsinnig auf Umgebungseinflüsse. Müssen sie ihre Toten hinterm Haus verscharren, steigt die Unzufriedenheit, weswegen wir ihnen besser einen Friedhof bauen. Auch fühlen sie sich in der Nähe von Brunnen, dem Markt oder in einer Kapelle sehr viel wohler als neben einer rauchenden, lärmenden Eisenmine. Wärmt hochprozentiges Pflaumenbier unsere Siedler von innen? Sind unsere Leute angemessen bekleidet?

Traurige Siedler spazieren lieber über den Markt, als auf den Feldern zu schuften, daher müssen wir ihre Zufriedenheit stets im Auge behalten. Das führt zu komplexen Wechselwirkungen und Entscheidungen, schließlich müssen wir stets abwägen, was gerade wichtiger ist: die Jungs und Mädels beglücken, neue Bauten errichten, Vorräte anlegen?

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