Bloodstained: Ritual of the Night im Test - Eine Kickstarter-Liebesgeschichte

Bloodstained: Ritual of the Night verkauft Träume. Noch besser als das legendäre Castlevania: Symphony of the Night soll es sein. Im Test klären wir, ob das klappt.

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In Bloodstained: Ritual of the Night spielen wir die magisch begabte Miriam. In Bloodstained: Ritual of the Night spielen wir die magisch begabte Miriam.

Den Vers »Tritt sanft auf, denn du trittst auf meine Träume« kennen Poesie-Fans aus einem Gedicht von William Butler Yeats, die meisten aber wohl eher aus dem Christian-Bale-Actionstreifen Equilibrium.

Und wir verballhornen den Spruch jetzt mal ganz profan (sorry, liebe Anglisten), denn auch im Gaming-Business wird häufig mit unseren Träumen gespielt. Kickstarter-Projekte wie Bloodstained: Ritual of the Night oder Mighty No. 9 wollen Glanz und Glorie alter Legenden zu neuem Leben erwecken.

Im Fall von Mighty No. 9 hat sich Mega Man wohl eher im Grab rumgedreht, aber hey: Bloodstained: Ritual of the Night entpuppt sich im Test als richtig knallige Erfolgsgeschichte. Selbst wenn man nie zuvor die Vorlage Castlevania: Symphony of the Night gespielt hat, ist dieser Erbe so ein Brett von einem Spiel! Kein Wunder, dass Steam-Rezensionen und Verkaufszahlen sich aktuell gleichermaßen überschlagen.

Zum Vergleich: Das enttäuschende Mighty No. 9 im Test

Worum geht's in Bloodstained?

Metroidvania-Titel sind in der Regel schnell erklärt, ihre Faszination reicht aber tief. In Bloodstained verkörpern wir Heldin Miriam, die während der Industriellen Revolution ein düsteres Schloss erkundet, Hunderte Dämonen bekämpft und sich in 2D-Ansicht (aber 3D-Grafik) bis zum Endgegner vorkämpft. Um auf dem Weg dahin nicht ins Gras zu beißen, verbessern wir stetig unser Können und unsere Ausrüstung. Miriam sackt neue Schwerter, Pistolen, Knüppel, Degen, Äxte und Rüstungsteile ein - cool!

Bloodstained: Ritual of the Night - Screenshots ansehen

Prinzipiell entscheiden wir selbst, wann wir welche Ecke des Schlosses erkunden wollen. Doch neue Fähigkeiten schalten bisher verschlossene Pfade frei, mit Doppelsprung gelangt man etwa an unbekannte Orte - und eine wache Spürnase wird stets belohnt: Hinter Wänden verbergen sich oft Gesundheits- und Magie-Upgrades, Schatztruhen, neue Areale und so weiter.

In der Burg finden sich unzählige spannende Geheimnisse. Wer alles entdecken will, braucht dafür zwischen 20 und 30 Stunden. Konzentrieren wir uns bloß auf die Story, erreicht man den Abspann nach knapp 15 Stunden. Ein ordentlicher Umfang, der noch durch die Tatsache erhöht wird, dass sich ein zweiter Durchgang dank New Game Plus und höherer Schwierigkeitsgrade wirklich lohnt.

Bloodstained bekommt DLCs: Für Ritual of the Night sind zahlreiche kostenlose DLCs geplant, die neue spielbare Figuren, einen Koop-Multiplayer sowie andere Modi als Erweiterung ins Spiel packen sollen.

Warum begeistert Bloodstained so viele Leute?

Viele dieser Elemente zeichnen diverse Metroidvania-Spiele aus. Was macht also Bloostained so besonders, dass der Steam-Durchschnitt aktuell bei 92 Prozent positiven Bewertungen steht? Im Prinzip stecken dahinter drei Dinge: erstens Tiefe, zweitens Herz - und drittens, dass Chef-Entwickler Koji Igarashi all seine Versprechen bewahrheitet.

Miriam kämpft zwar mit Waffen, ist aber in erster Linie Magierin. Hinter ihr schwebt einer von zig möglichen Gefährten. Miriam kämpft zwar mit Waffen, ist aber in erster Linie Magierin. Hinter ihr schwebt einer von zig möglichen Gefährten.

Reden wir über Tiefe: Beim ersten Durchspielen auf normalem Härtegrad reicht es völlig aus, sich auf eine griffige Waffe und Kampfgeschick zu verlassen, doch in Bloodstained steckt so viel mehr. Im Spiel finden sich zig Upgrade- und Rollenspiel-Mechaniken, die so manches RPG alt aussehen lassen. Hauptfigur Miriam kann die Fähigkeit jedes Feindes für sich nutzbar machen - mal bekommt ihr Perk-Boni, mal beschwören wir einen (mitlevelnden) Begleiter, quasi ein Castlevania-Pokémon. Obendrauf gibt's Dutzende Zaubersprüche vom klassischen Feuerball bis hin zur Verwandlung in einen Lichtstrahl.

Dieses gigantische Arsenal von Skills (die man ebenfalls leveln kann) kombinieren wir mit zig anderen Rollenspiel-Schleifen: Neue Gegenstände lassen sich craften, mit dem Kochen von unterwegs gefundenen Zutaten stärken wir bestimmte Attribute und erschaffen uns zig einzigartige Builds für unsere Miriam, die sich sogar als Loadout hinterlegen lassen. Kurzum: Aus den vermeintlich simplen »Ich kloppe Gegner mit der Axt tot«-Kämpfen werden auf hohen Schwierigkeitsgraden ziemlich komplexe Kalkulationen.

Gut ausgeführt ist besser als schlecht erfunden

Reden wir über Herz: In Bloodstained steckt sehr viel Liebe. Liebe zum Detail. Liebe zu Castlevania. Liebe, die man in unzähligen coolen Gegner- und Umgebungsdesigns findet. Im Schloss finden sich neben den üblichen düsteren Hallen Unterwasserkavernen, Wüstenareale oder blutige Gärten. Jedes neue Gebiet birgt irgendeine Form von Überraschung.

Schwertschwinger Zangetsu wird von David Hayter (Solid Snake) gesprochen. Schwertschwinger Zangetsu wird von David Hayter (Solid Snake) gesprochen.

Miriam stößt auf Dutzende unterschiedliche Gegner mit eigenen Stärken und Schwächen - von winzigen Giftkröten über hungrige Werwölfe bis hin zu tollwütigen Riesenpudelköpfen fährt Bloodstained eine sehr kreative Palette auf. Rein technisch ist die Optik zwar eher zweckmäßig, trotzdem wurden die Umgebungen künstlerisch sehr distinkt gestaltet, und das Spiel läuft selbst auf schwächeren PCs reibungslos.

Auch die Bosskämpfe können sich sehen lassen. Mal duellieren wir uns mit einer Vampirdame, die in der ersten Phase überall Blut verspritzt, um es in der zweiten plötzlich zur Waffe zu machen. Oder wir stürmen gemeinsam mit einem Schwertkämpfer einen fahrenden Zug, um an der Spitze einen gigantischen Schaufelbagger-Roboterdämon zu bekämpfen.

Auch wenn Bloodstained das Metroidvania-Rad nicht neu erfindet, erfüllen die Entwickler ihr Versprechen: Sie lassen den Geist des legendären Symphony of the Night in frischem Gewand erstrahlen, ohne die Vergangenheit einfach nur zu kopieren. Ein paar Schwächen findet man trotzdem.

Was ist Bloodstained: Curse of the Moon? Als Teil der Kickstarter-Kampagne erschien bereits 2018 der 8-Bit-Ableger Bloodstained: Curse of the Moon. Das Spiel gibt's für 10 Euro, es spielt sich wie Castlevania 3, bietet ziemlich coole Retro-Unterhaltung, mehrere Enden und erzählt eine eigene, unabhängige Geschichte mit den Figuren aus Ritual of the Night. Lohnt sich für Retro-Fans.

Schwächen von Bloodstained

Für ein Metroidvania bietet Bloodstained überraschend viele Dialoge, die Story ist aber bestenfalls zweckmäßig. Merkwürdigerweise fehlt dem Spiel ein vernünftiger Prolog - Helden und Schurken werden einem winzigen Intro in den Raum geworfen, ohne dass wir wirklich eine Beziehung zur eindimensionalen Miriam oder all den anderen (ebenfalls eindimensionalen) Figuren aufbauen.

Die Umgebungen stecken voller Geheimnisse. Manche sind wirklich schwierig zu finden. Die Umgebungen stecken voller Geheimnisse. Manche sind wirklich schwierig zu finden.

Womit wir nicht sagen wollen, die Geschichte sei schlecht. Ihr fehlen nur Highlights. Castlevania: Symphony of the Night hatte damals Dracula-Söhnchen Alucard und dessen Kampf gegen den einstigen Helden Richter Belmont. Auch das war kein Story-Gold, aber spannender als die blassen Bloodstained-Figuren.

Die lahmen Nebenquests, in denen man irgendwelche toten Personen durch »Töte 10 Monster«-Herausforderungen rächt, verschärfen das Problem nur. Doch immerhin nutzen die Entwickler das düstere Schloss, um mit den Umgebungen zig kleine Geschichten zu erzählen. Setzt euch zum Beispiel mal mit einer Fee im Gepäck an ein Klavier.

Und dann gibt's noch einige Kleinigkeiten: Die Spielerführung könnte ungeduldigen Spielern auf den Keks gehen, denn wer nicht auf die Details achtet, verliert rasch aus dem Blick, wo es weitergeht. Häufig führt auch nur ein Weg in der Kampagne weiter, gerade in der ersten Hälfter der Kampagne hätten wir uns ein wenig mehr Non-Linearität gewünscht.

Die Steuerung mit Maus und Tastatur ist außerdem besonders in den Menüs hoffnungslos überfrachtet. Hier und da stolperten wir auch über Bugs, mal fehlte Miriam das Gesicht, mal stürzte das Spiel ab, mal fehlten bei den deutschen Untertiteln ein paar Leerzeichen.

Diese überschaubaren Kritikpunkte ändern aber kaum was am Gesamturteil: Bloodstained ist genau das Spiel, das sich die Kickstarter-Backer gewünscht haben - eine Hommage an Symphony of the Night, doch unabhängig davon auch ein tolles Action-Rollenspiel, leicht zu lernen, schwierig zu meistern. Kämpfen, Erkunden, Sammeln, Leveln, Experimentieren - all das macht immens viel Spaß. Bloodstained tritt nicht auf Träume, es erfüllt sie.

Auch das Aussehen von Miriam lässt sich durch neue Frisuren, Farben und Schmuckstücke anpassen. Auch das Aussehen von Miriam lässt sich durch neue Frisuren, Farben und Schmuckstücke anpassen.

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