Briten tricksen Netzsperren aus - Offenes WLAN hilft auch in Deutschland (Update)

In Großbritannien hat die alte Regierung noch kurz vor den Wahlen ein Gesetz beschlossen, dass Internetsperren bei Urheberrechtsverstößen vorsieht.

Die 3-Strikes-Regel, die nach Warnungen wegen vermeintlicher Urheberrechtsverstöße die komplette Sperrung des Internetzugangs vorsieht, bezieht sich dabei ausschließlich auf Endkunden (»subscriber«) und beispielsweise nicht auf Kommunikationsanbieter (»communications providers«).

Die natürlich noch nicht vor Gericht getestete Logik einiger findiger Briten lautet daher: den eigenen Internetzugang von Endkunde auf Kommunikationsanbieter umschreiben lassen und dann einen ungeschützten WLAN-Zugang anbieten. Dann wäre man nicht mehr Endkunde, aber auch kein Service-Anbieter, da man keinen Vertrag mit der Öffentlichkeit abgeschlossen habe. Der eigene Provider wäre dann von der Weitergabe jeglicher Daten befreit und müsste Forderungen der Rechteinhaber hinsichtlich möglicher Urheberrechtsverstöße nicht beachten.

Selbst wenn eine Zivilklage wegen illegaler Downloads erfolgen würde, sei man geschützt, da man einen öffentlichen WLAN-Hotspot angeboten hat. Daher wäre es wesentlich wahrscheinlicher, dass jemand anders die Downloads vorgenommen hätte.

Dass diese Vorgehensweise auch bei Providern als mögliches Schlupfloch gesehen wird, zeigt AAISP. Dort können Kunden schon jetzt ihren Status von »subscriber« auf »communications provider« ändern. Auch hier wird darauf hingewiesen, dass der Digital Economy Act sich nur auf Endkunden bezieht. Großbritannien könnte also vor einem Boom kostenloser, privater Hotspots stehen.

Update 13.05.2010

Etwas anders als in Großbritannien könnten offene WLANs auch bald Kopfschmerzen bei Rechteinhabern sorgen. Während die Briten noch nicht wissen, wie Gerichte entscheiden werden, hat der Bundesgerichtshof gestern ein Urteil gefällt, das enorme Auswirkungen haben könnte.

Der Betreiber eines offenen WLANs, über das illegale Downloads angeboten wurden, wurde vom Rechteinhaber aufgefordert, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben, Schadensersatz zu zahlen und die Abmahnkosten zu erstatten. Der WLAN-Betreiber weigerte sich, denn die Downloads wurden angeboten, als er sich im Urlaub befand. Nachdem das Landgericht dem Kläger in allen Punkten recht gab und das Berufungsgericht die Klage abwies, musste der Bundesgerichtshof entscheiden.

Da der WLAN-Betreiber für die Sicherheit seines Netzes verantwortlich ist, waren Unterlassungsantrag und die Forderung der Kostenerstattung rechtmäßig. Als Grund gab der BGH an, dass der WLAN-Router mit Werkseinstellungen und Standardpasswort betrieben wurde. Damit habe der Betreiber gegen die Pflicht verstoßen, marktübliche Sicherungen vorzunehmen. Das Gericht stellte jedoch auch klar, das diese Pflicht nur bei der Einrichtung des WLANs besteht und sich auf die dann üblichen Sicherheitseinstellungen bezieht. Eine Pflicht, stets die neueste Sicherheitstechnik zu verwenden, besteht nicht.

Wer ein ungeschütztes WLAN betreibt, kann bei Urheberrechtsverletzungen wegen Pflichtverletzung zur Unterlassung aufgefordert werden und muss die Abmahnkosten tragen, die nach Ansicht des BGH jedoch maximal 100 Euro betragen dürfen. Der Rechteinhaber kann auch keinen Schadensersatz fordern. Die letzten beiden Punkte dürften die Abmahn-Branche bis ins Mark treffen, die von hohen Abmahngebühren lebt, die aufgrund der Androhung hoher Schadensersatzforderungen von vielen Beschuldigten bezahlt werden.

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