Call of Duty: Modern Warfare Remastered - Das hat Modern Warfare nicht verdient

Modern Warfare Remastered hätte so ein großartiger PR-Sieg für Activision werden können. Aber mit dem aktuellen Update fällt das Kartenhaus in sich zusammen - findet zumindest Dimi.

Dimi kritisiert Activisons Umgang mit Modern Warfare Remastered Dimi kritisiert Activisons Umgang mit Modern Warfare Remastered

Ich habe kein Problem mit rein kosmetischen Mikrotransaktionen. Zumindest nicht pauschal. Wenn sich beispielsweise die Macher von Rainbow Six: Siege zwei Jahre voller kostenloser Content-Updates (bis Ende 2017) damit »erkaufen«, dass sie durch einen kosmetischen Ingame-Shop fortwährend ein bisschen Entgelt in die eigenen Kassen spülen, dann finde ich das fair. Schließlich profitieren davon alle Spieler - auch die, die abseits des normalen Verkaufspreises keinen Cent mehr im Spiel lassen.

Und selbst bei Call of Duty: Black Ops 3 war's mir als Spieler anfangs relativ wurscht, dass Activision nach Release einen Echtgeld-Shop ins Spiel gepatcht hat. Wenn Skin-Sammler sich gerne Lootcrates kaufen, um pinke Spray-Tags auf ihre Waffen zu kleben, dann betrifft mich das als Spieler ja nicht. Gut, später kamen dann die Waffendrops und alles wurde komplizierter, aber darum geht's mir heute nicht.

Dass jetzt aber auch der Multiplayer von Call of Duty: Modern Warfare Remastered Mikrotransaktionen erhält, halte ich für einen extrem unglücklichen Fehler. Und zwar eher unglücklich für Activision als für uns Spieler. Am Ende des Tages ist Taktgefühl nämlich ein wichtiges Marketing-Gut - ganz besonders dann, wenn das eigene Spiel sich offensichtlich schlechter verkauft als erhofft, zumindest im Einzelhandel. Und die Neuauflage von Modern Warfare hätte für den großen Publisher mit ein bisschen taktischem Geschick der beste PR-Sieg seit langem werden können. Mit Betonung auf »hätte«.

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Reddit rastet aus

Die eigentlichen Mikrotransaktionen sind dabei gar nicht das Problem. Die bleiben schließlich kosmetisch und können von Spielern getrost ignoriert werden. Klar, schön finde ich Echtgeld-Shops jetzt auch nicht, aber die unzähligen wütenden User, die bei Reddit allein wegen der kaufbaren Supply Drops mit Mistgabeln und Fackeln durch die virtuelle Nachbarschaft ziehen, übertreiben in meinen Augen ein bisschen. Die eigentliche Community-Misere fasst der Reddit-Nutzer MajesticAsFuckBloke ziemlich prägnant zusammen:

"Wir Veteranen von Call of Duty 4 wollten einfach, dass das Remaster das Spielgefühl von damals zurückbringt, von den offensichtlichen Verbesserungen mal abgesehen. Und dabei waren wir sogar bereit, die bittere Pille namens Infinite Warfare zu schlucken. Hauptsache, wir konnten am Ende noch einmal eines der besten Spiele überhaupt genießen. Aber nein, sie mussten ja hergehen und unser ruhiges Plätzchen verunstalten, nachdem wir 80 Dollar dafür gezahlt haben!"

Nach aktuellen Steamspy-Zahlen besitzen rund 60 Prozent der PC-Käufer von Infinite Warfare auch Modern Warfare Remastered. So ein Verhältnis demonstriert eindrucksvoll, wie wichtig und beliebt der Klassiker für die Fans auch heute noch sein kann. Ähnliches spiegelt sich auch in unserer GameStar-Community wider: Von all den Call-of-Duty-Artikeln und -Videos, die ich auf der CoD XP 2016 zusammengebastelt habe, waren die Inhalte zu Modern Warfare mit gigantischem Abstand die meistgeklickten.

Call of Duty: Modern Warfare Remastered - 7 Minuten Multiplayer-Gameplay Video starten 6:41 Call of Duty: Modern Warfare Remastered - 7 Minuten Multiplayer-Gameplay

Für Activision entpuppt sich der Marketing-Kniff, die Remastered Edition nur mit der dicken Legacy Edition von Infinite Warfare zu verkaufen (und nicht einzeln), also finanziell als Erfolg. Allerdings heißt das nicht zwangsläufig, dass die Fans die Aktion auch toll finden. Ganz im Gegenteil: Gerade die Leute, die extra für die Remastered Edition zum teuren Infinite Warfare gegriffen haben, behalten den üblen Nachgeschmack von einem überteuerten Gesamtpaket.

Mehr als den normalen Vollpreis für ein neun Jahre altes Spiel zahlen? In Kombination mit der durchaus vorhandenen Fan-Kritik an Infinite Warfare bröckelt im Community-Feedback von Amazon, Reddit und Steam das Verhältnis zwischen Publisher und Spielern. Und bisher sah es so aus, als würde Activision zur Versöhnung die einzig richtige Entscheidung treffen.

Der heikle Weg ins Herz der Community

Bei der PR-Kampagne des 2016er Call of Duty mag ja einiges schief gegangen sein (gerade auf YouTube), aber das Versprechen, alle Karten des ursprünglichen Modern-Warfare-Multiplayer kostenlos (!) per DLC nachzureichen, ist definitiv eine gute Sache. Und dann legte Activision noch eins obendrauf: Mit weiblichen Spieler-Modellen, Skins und zwei neuen Modi (Hardpoint und Gun Game) versprach man den Fans (ebenfalls kostenlos) sogar Inhalte, die das ursprüngliche Modern Warfare überhaupt nicht hatte!

Die meisten HD-Neuauflagen begnügen sich mit aufgehübschten Texturen, verzichten meist auf Multiplayer-Features. Modern Warfare Remastered hätte hier ein echtes Zeichen setzen können für den liebevollen Umgang mit einem Klassiker. Und dann macht der Echtgeld-Shop die ganze schöne Botschaft kaputt. Wie gesagt: Für sich genommen, sind kosmetische Supply Drops für mich kein Problem. Aber aktuell ist Call of Duty (im Multiplayer) ohnehin schon ein Community-Problemkind, wenn's um Außenwirkung und den penetranten Geruch von überzogenem Profitstreben geht.

Stattdessen hat man sich entschieden, neben dem kontroversen Paywall-Vermarktungsmodell (kauf Infinite Warfare, dann kriegst du Modern Warfare) noch mehr Geld aus den Spielern zu pressen. Neben dem Vollpreis gibt es sowohl in Infinite Warfare als auch im Remaster separate Echtgeld-Shops - selbst ein neun Jahre alter Klassiker wird zur Plattform für moderne Geldmacherei. Und das finde ich gerade in diesem speziellen Fall so schade, weil Modern Warfare beinahe ein richtig runder Marketing-Sieg für Activision geworden wäre - sofern man es bald auf den Einzelverkauf umgestellt hätte.

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