Seite 3: Chat: „Freie Rede, freie Kunst?“

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Wo zieht man die Trennlinie?

Moderator: Dann gerne gleich zum Thema Killerspiele - möchten Sie etwas entgegnen, Herr Zimmermann?

Olaf Zimmermann: Herr Grosse-Brockhoff, wir sind uns also einig, dass Computerspiele auch Kunst sein können, wenn sie eine gewisse Gestaltungshöhe haben. Das gilt soweit auch für Pornografisches. Auch Pornografisches kann eine gewisse Gestaltungshöhe haben. Moralfragen haben bei Frage oder der Definition nach dem was Kunst ist, keine Rolle zu spielen. Ihre Behauptung, dass die Computerspielindustrie den deutschen Kulturrat quasi unterstützt hat, ist nicht richtig. Für mich ist das Thema Computerspiele und Kulturmarkt ein wichtiges Thema. Es hat nie eine wie auch immer geartete Unterstützung der Computerindustrie bei meinen Veröffentlichungen gegeben. Es wundert mich aber schon ein wenig, dass gerade Sie als ein Vertreter der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen sich so vehement gegen die Computerspielindustrie wenden, wo doch gerade ihr Ministerpräsident alles unternimmt, um die Computerspielindustrie an den Rhein zu ziehen und Sie ja auch gerade versuchen, die überaus erfolgreiche Computerspielmesse in Leipzig nach Köln zu ziehen. Also man wird sich entscheiden müssen, was man will. Entweder Computerspiele sind Schund. Dann darf es auch nicht nach Nordrhein-Westfalen gezogen werden. Oder es handelt sich bei Computerspielen um einen wichtigen Teil des Kulturmarktes. Dann ist es richtig, dass sich ihr Ministerpräsident um diesen Markt bemüht.

Moderator: Ein Einwand und die Bitte auch einer Entgegnung auf Herr Zimmermann:

Schandmaul: Gilt laut Grundgesetz nicht etwas als Kunst, wenn es einen schöpferischen Prozess beinhaltet?

Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff: Das ist mir zu billig und zu primitiv: Sie werfen alles in einen Topf. Noch nie habe ich mich gegen Computerspiele ausgesprochen. Aber wogegen ich mich mit aller Entschiedenheit und Schärfe bis hin zur Rücktrittsforderung an Sie wende, ist die Tatsache, dass Sie generell auch für Killerspiele die Freiheit der Kunst fordern und völlig abwegig den Vergleich mit Gewaltdarstellungen in der Literatur und in Theaterstücken vergangener Jahrhunderte, ja bis zu Bibel zurückgehend ziehen. Außerdem frage ich Sie, wieviel Euro hat der deutsche Kulturrat oder der Verlag etc. von Politik und Kultur für Anzeigen und ähnliche Leistungen der Computerspielindustrie erhalten?

Olaf Zimmermann: Nun, lieber Herr Grosse-Brockhoff. Rüsten Sie doch mal ein bisschen ab. Wenn man anderer Meinung ist, braucht man ja nicht gleich den Rücktritt des Anderen fordern. Zum Beispiel darüber, dass ich nie gesagt habe, dass die Gestaltungsfreiheit auch für Killerspiele gelten sollte. Aber selbstverständlich kann auch ein gewalthaltiges Spiel eine solche Gestaltungshöhe haben, dass es Kunst ist und dass man es auch nicht einfach verbieten kann. So nebenbei spielt Gewalt in der Kunst eine sehr große Rolle. Schauen Sie sich einmal das hervorragende Drama "Titus Andronicus" von Shakespeare an. Die letzte Aufführung sah ich schon vor zirka einem Jahr im Deutschen Theater in Berlin. Eine hervorragende Aufführung. Aber heute noch werde ich manchmal nachts wach, weil ich von diesem unglaublich gewalthaltigen Stück Alpträume habe. Also Gewalt gibt es in der Kunst und die Wirkung von Gewalt in einem Theaterstück und die Wirkung von Gewalt in einem Computerspiel kann vergleich bar sein. Wichtig für mich ist, dass nicht einfach das Verbieten der richtige Weg ist, sondern dass man versucht, analytisch mit dieser Frage umzugehen. Das nur zum Abschluss, auch wenn ich es zum Hunderttausendsten sagen muss: Wir haben kein Geld von der Computerspielindustrie bekommen. Weder in Form von Anzeigen oder einer anderen Form von Zuwendung. Es ist erstaunlich, dass Sie sich überhaupt nicht vorstellen können, dass man auch einer anderen Meinung als Sie sein kann, ohne dass man bestochen worden ist.

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