Christian Schmidts Jubiläumsrückblick - Gleichzeitig Clown und Professor

Christian Schmidt war von 1998 bis 2011 in verschiedenen Positionen bei GameStar. Heute ist er Analyst bei Bigpoint. Er beschreibt, was es heißt, ein GameStar-Redakteur zu sein.

Christian Schmidt in seinen jungen Jahren bei GameStar. Christian Schmidt in seinen jungen Jahren bei GameStar.

Ich hatte mein Aha-Erlebnis im Winter 1998, als in der U-Bahn in Nürnberg ein junger Mann auf mich zukam und sagte: »Bist du nicht bei GameStar?« Ich war überrumpelt und dann furchtbar stolz. Vor allem aber dämmerte mir damals zum ersten Mal eine Ahnung davon, in was für eine privilegierte Position ich gerutscht war: Dass meine Arbeit das Leben von hunderttausenden Menschen berühren würde. Ich bin Spieletester geworden, weil ich für nichts anderes geeignet war. Ich ging zu GameStar, weil es damals das einzige Spielemagazin war, das mich haben wollte. Ich hatte als 21jähriger keine großen Ambitionen, keine Ideologie, ich wollte einfach nur über Spiele schreiben. Und auf einmal las eine Viertelmillion Menschen meine Texte.

Eine Viertelmillion Menschen, die mich kannten, weil sie mein Bild im Heft sahen, mein engagiertes Dilettieren in den Raumschiff-GameStar-Sketchen belächelten, meine Artikel lasen. Ich kann nicht sagen, dass mir diese Dimension von Anfang an bewusst war. Ich testete doch nur Spiele. Ich begriff erst später, was für ein Geschenk die Jahre bei GameStar waren - wieviele Menschen die GameStar-Redaktion als einen Zirkel von Freunden sahen, mit denen sie groß wurden und auf deren monatliche Abenteuer sie sich freuten wie auf die nächste Folge einer liebgewonnenen TV-Serie. GameStar-Redakteur zu sein hieß, gleichzeitig Clown und Professor, gleichzeitig Freund und Autorität zu sein.

Christian Schmidt kann auch heute überhaupt keinen Spagat. Und lächerlich hat er sich sowieso nie gemacht. Christian Schmidt kann auch heute überhaupt keinen Spagat. Und lächerlich hat er sich sowieso nie gemacht.

Man kann sich bei diesem seltsamen Spagat leicht lächerlich machen. Bei GameStar gelang er, und das daran, dass sich die Redaktion der Verantwortung bewusst war, die das Vertrauen der Leser mit sich brachte. Die Verpflichtung zu Wahrheit, Sorgfalt, Aufrichtigkeit und Rechenschaft. Der unbedingte Wille zu Exzellenz. Wir wollten die Besten sein, nicht für uns, sondern für unsere Leser. Wir nannten GameStar »Das Schlachtschiff«, wir hatten eine Mission. Ich habe diesen Geist als junger Redakteur aufgesogen, er hat mich geprägt. Ich war immer überzeugt davon, dass unsere Werte, unser Qualitätsstreben - auch unsere Kreativität! - auf unsere Leser abstrahlen würden, und dass wir auf unsere Weise einen Beitrag zur Bereicherung ihres Lebens leisten. Das hat meine Arbeit mit großem Sinn erfüllt. Es war eine fantastische Zeit. Ich bin stolz, für eine Weile Teil dieser Mannschaft gewesen zu sein.

Es ist kein Geheimnis, dass die großen Tage dieser Zeitschrift einige Jahre zurückliegen; heute wird ihr Erbe im Internet weitergetragen. Das Heft wird auf seinem Weg zum 20. Jubiläum einen neuen Sinn für sich suchen müssen. Geburtstagskinder dürfen sich bekanntlich etwas wünschen, aber ich möchte die Gelegenheit nutzen, um stattdessen einen Wunsch an GameStar zu richten: Erzählt mehr Geschichten über Spiele statt nur Geschichten aus Spielen! Und tragt den Geist von GameStar weiter. Papier vergeht. Inspiration überdauert.

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