Typisches Civ-Problem: Da kann die Spielwelt noch so groß sein - irgendwann ist sie dermaßen vollgesiedelt, dass sich unsere Städte in Ruhrpottdichte aneinander quetschen. Nur auf dem Meer, da ist immer noch viel Platz: Hier ein paar Ressourcen, da eine zweihexfeldgroße Insel, dazwischen Kreuzer und Flugzeugträger. Civilization: Beyond Earth - Rising Tide macht jetzt Schluss mit der Platznot.
Denn die Erweiterung, die zwingend das Hauptspiel Beyond Earth benötigt, bringt nicht nur typische Addon-Kost wie frische Truppen und Fraktionen, sondern erweitert in bester Firaxis-Tradition auch die Spielmechanik um umfangreiche Elemente. Das auffälligste davon sind die neuen Wasserstädte: Die können wir mit einer Einheit Kolonisten, die bei Wasserkontakt vom Radfahrzeug zum Schiff mutiert, auf jedem beliebigen Meeres-Hexfeld gründen. Lediglich zwei Felder Abstand zur nächsten Stadt müssen wir einhalten.
Der Clou dabei: Wasserstädte sind sogar beweglich! Dazu wählen wir in ihrem Baumenü »Stadt bewegen« und picken ein angrenzendes Hexfeld heraus. Das Verschieben ist nicht einfach nur ein Schwimmausflug: Wasserstädte können ihr Territorium nur ausdehnen, indem wir sie bewegen - dann bleibt der bisherige Bereich erhalten, und das Gebiet rund um den neuen Zielort kommt hinzu.
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Nachteil: Schwimmende Städte dehnen ihre Grenze nicht durch ihren Kulturwert aus. Wer also ein Areal mit vielen Meeresressourcen besetzen will, muss (!) seine Stadt ein paarmal umherschubsen, und verzichtet währenddessen auf den Bau neuer Gebäude und Einheiten. Einige der bisherigen Bauwerke gibt's allerdings nur für Landstädte, zum Beispiel Alien-Reservat und Reparaturanlage. Dafür kontern die Wasserstädte mit dem neuen Trockendock oder dem Thermohalinen Ruder, das die Verschiebungskosten senkt.
Respekt!
Einer der größten Knackpunkte von Beyond Earth waren die recht austauschbaren Fraktionen und deren Anführer. Das ist in Rising Tide besser gelöst, denn die Anführer und wir selber können uns charakterlich weiterentwickeln. Dazu brauchen wir das neue Diplomatie-Kapital, das wir ründlich aus Wundern, speziellen Gebäuden und durch Abkommen mit anderen Anführern kassieren. Dieses Diplomatie-Kapital packen wir entweder in unser Alter Ego und stärken unsere Fähigkeiten in den Kategorien Politik, Militär und Inland. Zum Beispiel können wir als Anführer der neuen Fraktion Nordsee-Allianz die Abwehrwaffen unserer Wasserstädte stärken oder die Produktion neuer Schiffe beschleunigen.
Oder aber wir setzen das Diplomatie-Kapital in Verhandlungen ein: Um einen von Dutzenden Boni diplomatisch auszuhandeln, zahlen einen einmaligen Betrag plus einen Obolus pro Runde. Dafür genießen wir dann Vorteile wie Forschungsboni für alle Observatorien oder mehr Energie-Output für jedes (!) unserer Hexfelder. Letzterer ist natürlich ein dickerer Vorteil, aber auch zehnmal so teuer. Da es auch hier eine riesige Auswahl gibt, können wir unsere Wahlfraktion noch weiter spezialisieren, während die KI-Spieler dasselbe anstellen.
Und noch etwas macht sie »menschlicher«: Mit Rising Tide bekommen wir eingeblendet, wie viel Angst und Respekt die anderen vor uns haben. Angst verbreiten wir durch eine stärkere Armee, Respekt hingegen durch unsere Leistungen und Taten. Beide Angaben sind nicht einfach nur ein Wert zwischen 1 (»Pfft, sind das Zinnsoldaten?«) bis 9 (»Nicht schießen!«), sondern wir kriegen auch regelmäßig Mails der KI-Spieler, die unsere Leistungen kommentieren und uns so das Gefühl vermitteln, nicht allein vor uns hinzuwurschteln.
Artefaktjäger
Rising Tide belohnt eifriges Erkunden jetzt mit Artefakten, die wir in Alien-Nestern, abgestürzten Rettungskapseln und in Expeditionsstätten finden. Je nach Fundort teilen sich die Artefakte in die drei Kategorien »Alien«, »Alte Erde« und »Stammspezies« auf, und jedes bringt uns einen kleinen Bonus. Der wird wesentlich größer, wenn wir drei gleichartige Artefakte kombinieren - dann wird zum Beispiel ein Gebäude wie das Grenzstadion freigestaltet, das Pendant zur alten Civ-Kaserne, das den Rang neuer Militäreinheiten gleich mal um eine Stufe pusht.
Apropos neue Militäreinheiten: Wegen der neuen Wasserstädte gibt's auch zwei frische Schiffstypen, nämlich das billige, schnelle Patrouillenboot für den Nahkampf sowie das langsamere U-Boot, das sich tarnen kann und auf zwei Felder Entfernung Torpedos und Raketen abfeuert. Wie ihre Kameraden steigen die beiden neuen durch Kampferfahrung im Rang auf, allerdings haben wir weiterhin nur die Wahl zwischen mehr Kampfkraft und Sofortheilung.
Dafür gibt's aber wie gehabt die Affinitäten Harmonie, Vorherrschaft und Reinheit, die Ihnen mit bestimmten Rängen ein Upgrade einer Einheit erlauben - dann wird beispielsweise aus dem U-Boot ein »Schleier« (Boni gegen angeschlagene Gegner oder gegen andere U-Boote), »Leviathan« (kriegt mehr Sichtweite oder heilt benachbarte Einheiten) oder ein »Auslöscher« (mehr Bewegungsreichweite oder Boni bei Kämpfen innerhalb eigener Orbitalüberwachung).
Bisher war es so, dass das Mischen der drei Affinitäten wenig brachte; sinnvoller war es, sich auf eine der drei zu konzentrieren und so von dickeren Boni zu profitieren. Dem wirkt Rising Tide jetzt mit 66 Hybrid-Einheiten entgegen. So können Sie beispielsweise mit Level 14 in Harmonie und Level 6 in Vorherrschaft einen »Entwickelten Aquilon« bauen - das ist ein schwebender Flugzeugträger, der entweder einen Extra-Flieger aufnehmen kann oder einen Angriffsbonus von 40 Prozent gegen unverschanzte Einheiten auffährt.
Hybrid-System hört sich zwar hochtrabend an, ist aber im Prinzip dasselbe wie ein Rangaufstieg bei Civ 5: Da konnten wir aus ähnlichen Vorteilen wählen - und nicht nur stur zwischen zwei, sondern oft zwischen mehreren. Trotzdem spielt sich ein Hybrid je nach gewählter Version spürbar anders als sein Klassenkamerad.
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