Crytek erklärt Stereoskopie - Der S3D-Modus der CryEngine 3

Stereoskopie in Spielen ist eine komplexe Angelegenheit, die Balance zwischen beeindruckender Tiefenwirkung und störungsfreiem Gameplay eine schwierige Herausforderung.

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Das Jahr 2009 hat mit Avatar eine neue Ära des 3D-Booms eingeläutet. Der Kinofilm hat an der Kinokasse höchst eindrucksvoll bewiesen, wie viel Geld man mit 3D machen kann. Ob letzten Endes wirklich nur der 3D-Effekt dafür verantwortlich war, sei dahingestellt. Fakt ist, dass nun viele Branchen die Chance sehen, mit der 3D-Technologie Kasse zu machen. Ist das neue 3D nur ein kurzer Marketinghype wie die berüchtigte »neue Rezeptur« oder tatsächlich ein echter Zugewinn? Und lässt sich der Kinoerfolg auch auf andere Medien übertragen, eben gerade auf Games?

Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe 01/2011 unseres Entwickler-Magazins Making Games. Making Games ist das Branchen-Magazin des IDG-Verlags (GameStar/GamePro) und kann über den Online-Shop abonniert werden. Die Ausgabe 1/11 mit vielen weiteren Beiträgen, kann auch direkt dort nachbestellt werden. Besuchen Sie auch die Webseite makinggames.de, das Onlineportal für Spieleentwickler und Brancheninteressierte.

Alexander Taube erklärt, was man über die zukunftsweisende 3D-Technik wissen muss und mit welchen Tricks sie in der CryEngine 3 und dem darauf basierenden Shooter Crysis 2zum Einsatz kommt. Alexander leitet bei Crytek ein Entwicklerteam, das sich mit der Erforschung innovativer Spielkonzepte befasst. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf stereoskopischem 3D in Spielen. Nach seinem Studium der Psycholinguistik hat Alexander seine Karriere 1994 als Media Designer bei Bavaria Film begonnen und sich dort auf Story Writing, Regie und den Schnitt konzentriert. Später war er für das Jugendförderungsprogramm des Unternehmens verantwortlich. 2001 startete er bei Crytek als Level und Game Designer und arbeitete seitdem an Far Cryund Crysis. Neben seiner Tätigkeit als Leiter eines Entwicklungsteams lehrt er derzeit Game Design an der University of Applied Sciences in Darmstadt/Dieburg.

Crysis 2 verliert im 3D-Modus weniger Leistung als beispielsweise Metro 2033. Der Entwickler Crytek erklärt, warum. Crysis 2 verliert im 3D-Modus weniger Leistung als beispielsweise Metro 2033. Der Entwickler Crytek erklärt, warum.

Die Technik dahinter

Als Technologie ist »3D« schon ein alter Hut und hat bereits vor mehr als 100 Jahren als Stereoskopie die Menschen begeistert. Erste Filme in 3D sind ebenfalls deutlich älter als die Welle, die in den 50er/60er-Jahren startete. Vor rund 60 Jahren sah man in den dreidimensionalen Filmen eine Chance, sich vom aufkommenden Fernsehen abzusetzen. Leider war die Technik zu aufwendig und unpräzise, die Filme zu effektgeladen, um ein anhaltendes Genre zu stützen. Als Jahrmarktattraktion (in Form von 4D, 5D und auch 6D ...) haben sich diverse stereoskopische Filme zwar irgendwo gehalten, aber die Marktanteile fielen bescheiden aus.

Woher kommt jetzt der Wandel? Ganz klar, das digitale Zeitalter macht’s möglich. Die CGIFilme haben es vorgemacht, dass moderne Digital- Kinoprojektoren zwar teuer in der Anschaffung sind, aber dem Kino (mit einem Adapter) ermöglichen, vergleichsweise günstig die Investition in die digitale Technik in einen echten Mehrwert zu verwandeln. Erst die weite Verbreitung von digitalen Projektoren plus Zubehör hat den Erfolg von Avatar ermöglicht. Also der richtige Film zur richtigen Zeit, um ein klares Statement zu setzen: 3D ist angekommen und hat vor, auch zu bleiben. Ein verbleibender Kraftakt stellt für das Kino allerdings noch die Produktion von realen Filmszenen in 3D dar. Hier ist der Aufwand immer noch deutlich höher, weshalb wir in naher Zukunft auch weiterhin mehr CGI-3D-Filme sehen werden als Nicht-CGI-Filme. Am Rande sei erwähnt, dass einige Studios ihre Filme auch aufwendig nachträglich »dreidimensionalisieren « lassen, was aber zu einer fragwürdigen Qualität führt.

Spiele jetzt auch in 3D?

Das HUD war bei der 3D-Entwicklung eine Herausforderung, weil es normalerweise als Fläche auf einer einzigen Ebene liegt und im S3D-Raum deplatziert wirkt. Das HUD war bei der 3D-Entwicklung eine Herausforderung, weil es normalerweise als Fläche auf einer einzigen Ebene liegt und im S3D-Raum deplatziert wirkt.

Spiele in 3D sind eigentlich nichts Neues. Spiele sind spätestens seit dem Erfolg von Doom oder Quake in den 90er-Jahren in der Lage, in 3D zu laufen. Der große Unterschied ist hier die Präsentation für den Spieler – bisher wurden uns diese Spiele in 2D geliefert. Ein klassischer PC-Monitor oder Fernseher erlaubt uns nur einen zweidimensionalen Blick in eine dreidimensionale Welt (siehe Kasten »3D« ungleich »S3D«). Der Vorteil für Spiele-Entwickler ist hier, dass die technische Umstellung der Produktion eines »3D«-Games gar nicht so kompliziert ist. Einige Punkte muss man aber doch beachten, wie weiter unten beschrieben. Für die Spielebranche hat der »Umstieg« von 3D auf stereoskopes 3D (S3D) ähnliche Konsequenzen wie im CGI-Filmbereich. Das Grundmaterial liegt bereits digital vor und ist grundsätzlich für den Einsatz einer stereoskopischen Darstellung vorbereitet. Die erste Hürde ist es, einen Überblick über die unterschiedlichen Möglichkeiten des S3D zu gewinnen.

Wenn man die gesamte technologische Kette betrachtet, benötigt zunächst einmal der Spieler eine Plattform, die S3D-fähig ist (PC, Konsole). Hinzu kommt ein Ausgabegerät (Monitor, Fernseher), das S3D darstellen kann. Weil viele unterschiedliche Standards existieren, müssen beide Einheiten auch noch miteinander kommunizieren können.

3D ungleich S3D

Um die Begriffe eindeutig zu verwenden, folge ich einer Terminologie, die sich langsam unter Entwicklern und Spielern durchsetzt. Schon lange werden Games als 3D bezeichnet, wenn sie eine dreidimensionale Welt anbieten, auch ohne eine stereoskopische Präsentation. Wenn man hingegen von der stereoskopischen Darstellung eines Spiels spricht, sollte man den Begriff S3D (Stereoskopes 3D) verwenden.

3D ins Gesicht

Wir lüften jetzt das Geheimnis, warum wir in Crysis 2 tatsächlich keine negative Parallaxe verwenden. Dabei ist der Effekt verantwortlich für die »coolen« Momente in den 3D-Kinofilmen, wenn uns Objekte wie zum Beispiel ein Monster oder ein Projektil gefährlich nahe kommen. Dazu muss erklärt werden, dass Objekte, die aus dem Monitor scheinbar heraustreten, eine sogenannte »window violation« provozieren können. Mit dem Fenster ist hier der Rahmen der Abbildungsfläche, also des Monitors, gemeint. Wenn sich nun ein Objekt aus dem Monitor heraus und zur Seite auf den Rand des Monitors zu bewegt, wird es durch den Rahmen abgeschnitten, obwohl es optisch davor erscheint. Dieser Fehler ist für den Betrachter extrem störend. Weil in einem interaktiven Spiel die Kamerakontrolle beim Spieler liegt, ist es nicht möglich, diesen Effekt zu vermeiden, solange Objekte aus dem Monitor heraustreten. Ein weiterer Punkt ist der oben schon erwähnte Wechsel des Fokus in der Tiefe. Liegen Objekte sehr weit auseinander, die der Spieler in schneller Folge fokussiert, ermüden die Augen rascher und mindern somit den Spaß am Spiel.

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