Abgewandt
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Wissenschaftler über Interpretationen uneins sind, man mag die Sache für einen kleinlichen Akademiker-Disput halten. In dessen Kern geht es jedoch um eine Frage von gesellschaftlicher Sprengkraft: Wie gefährlich sind Computerspiele? Die Frage wird nicht mehr nur in der politischen Arena und in den Medien ausgefochten, das Tauziehen hat längst ein subtileres Schlachtfeld erreicht: die Pädagogik. Hier entscheidet sich, wie Lehrer und Eltern über Computerspiele denken, es geht um die Hoheit über PCs, Playstations und Portemonnaies der Kinder. Das Buch-Brimborium ist deshalb zu einem guten Teil ideologisches Säbelrasseln im Kampf um die Meinungsführerschaft in Deutschlands Erziehungsstuben.
Die Akademiker der Fachhochschule Köln um Jürgen Fritz bilden seit Jahren das Zentrum einer moderaten Richtung von Spieleforschern, deren Anliegen es im Kern ist, die Faszination von Computerspielen zu analysieren. »Wir nehmen die Sicht der Spieler in den Blick«, sagt Jürgen Fritz, »wir wollen Eltern und Pädagogen verständlich machen, wie Kinder und Jugendliche ein Spiel wahrnehmen, wie sie damit umgehen, was es für sie bedeutet und welchen Nutzen sie darin für sich sehen.« Der Kölner Kreis sieht durchaus Gefahren durch exzessives Spielen. Aber die Chancen stehen für ihn im Vordergrund. Sein Schwachpunkt ist seine Arbeitsweise: Fritz und Co experimentieren wenig, sie erheben kaum belastbare Daten. Ihre Methodiken sind Selbsterfahrung, analytisches Denken, theoretische Modelle. Das macht sie angreifbar.
Auf der anderen Seite stehen die Mahner, sie haben in Christian Pfeiffer ihre Galionsfigur gefunden. Pfeiffer hat in seinem Kriminologischen Institut innerhalb weniger Jahre eine gut geölte Forschungsmaschinerie zu Computerspielen eingerichtet. In Hannover schlägt seitdem das Herz der negativen Auseinandersetzung mit dem neuen Medium. Pfeiffers Leute arbeiten akribisch experimentell, sie schwärmen aus in Schulen und Kinderzimmer, um abzufragen und zu messen. Das KFN und sein Chef haben es sich zur Aufgabe gemacht, Eltern und Lehrer vor den möglichen Risiken von Medienkonsum zu warnen. »Computerspielen wird unter den heutigen Rahmenbedingungen zu einer echten Bedrohung für die Leistungskraft vor allem für junge und sozial randständige männliche Jugendliche«, sagt Christian Pfeiffer.
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