Das umständliche Auge
Bis hierhin bietet Blackguards nur Rollenspiel light. Ein Blick auf den Charakterbildschirm beweist aber, dass deutlich mehr unter der Haube steckt. Getreu den aktuellen DSA-Regeln gibt es elf Grundwerte wie Körperkraft, Gewandtheit oder Intuition, aus denen sich wiederum neun Eigenschaften wie die Erfolgschancen bei Angriff und Parade ergeben.
Dazu gesellen sich weitere neun Talente wie Körperbeherrschung oder Sinnesschärfe sowie ein knappes Dutzend Waffenfertigkeiten (Bögen, Schwerter, Speere und so weiter) und mehr als doppelt so viele Zauberformeln für Magiebegabte.
Hinzu kommen noch zahlreiche einzeln erlernbar Spezialfähigkeiten. Im Gegensatz zu klassischen Rollenspielen gibt es in Das Schwarze Auge jedoch keine simplen Talentpunkte. Stattdessen sammeln wir mit allen Aktionen Abenteuerpunkte, die wir danach frei auf sämtliche Werte, Fähigkeiten, Angriffe, Zauber & Co. verteilen - und das können dann schon mal ein paar Hundert Zähler sein.
DSA-unkundige Spieler verlieren da im Nu den Überblick, zumal Blackguards viele Regel-Zusammenhänge nicht praxisnah im Spiel erklärt, sondern nur theoretisch in unzähligen Textfenstern.
Außerdem hat das Regelsystem ein paar Eigenheiten, die für DSA-Kundige zwar eine Selbstverständlichkeit sind, bei allen anderen aber anfangs für ein paar Irritationen sorgen. Wer etwa im Kampf seinen Zauberer mit einem Manatrank betanken will, muss das Gebräu vorher zwingend in die Taschen eines (zuvor gekauften) Gürtel des Zauberkundigen befördern. Einfach Inventar öffnen und doppelklicken funktioniert nicht.
Selbst eine in anderen Taktikspielen elementare Komfortfunktion, das Anzeigen der gegnerischen Zugreichweite, müssen wir in Blackguards erst mit Abenteuerpunkten freischalten, was uns das Spiel aber nur in den Katakomben der Talentbeschreibungen verrät. Auch das verwirrt DSA-Neulinge, die locker drei bis fünf Stunden Einarbeitungszeit einkalkulieren müssen, bis sie alle Zusammenhänge durchblickt haben und sich in der eigentlich so faszinierenden Welt von Blackguards wirklich zu Hause fühlen. Ein paar optionale Komfortfunktionen wie eine mögliche Neuverteilung der Skill-Punkte oder gar zuschaltbare Hilfen beim Wertesteigern hätten hier Wunder gewirkt.
Glückliche Schlägerei
Eine andere Eigenheit des altgedienten Rollenspielsystems ist der vergleichsweise hohe Zufallsfaktor bei den Waffengängen, ganz anders als etwa beim ansonsten sehr ähnlich veranlagten The Banner Saga.
Wenn sich zwei Kontrahenten gegenüberstehen, dreschen sie nicht selten mehrere Runden lang aneinander vorbei, weil beide Gegner ausweichen oder die Attacken parieren.
Wer doch mal einen Hieb landet, wird mal mit einer Handvoll Schadenspunkten abgespeist, ein andermal aber mit einem fetten kritischen Treffer belohnt, der das Gegenüber nicht nur Lebenskraft kostet, sondern es auch schwer verwundet und damit für den Rest des Gefechts drastisch behindert.
Wer sich gleich im ersten Zug eine Wunde einfängt, kann eigentlich gleich noch mal anfangen. Zumal man in den Gefechten von Blackguards nicht speichern kann, nur vorher oder nachher. Das ist selten ein Problem, weil die Auseinandersetzungen meist nur ein Dutzend Kontrahenten und ein paar Spielminuten umfassen.
Es gibt allerdings einige Ausnahmen, die wirklich Geduld fordern - etwa einen Arenakampf, bei dem sich drei epische Gefechte ohne Speichermöglichkeit aneinanderreihen.
In den ersten von insgesamt rund 30 Spielstunden fallen die Rundenschlachten nicht gerade anspruchsvoll aus, ein träges Wechselspiel aus Bewegung und Angriff. Das liegt vor allem daran, dass unsere Jungs und Mädels im Wesentlichen nur eine Standardattacke beherrschen.
Erst im Spielverlauf lernen sie Spezialmanöver dazu, welche die Begegnungen dynamischer gestalten. Beispielsweise einen Befreiungsschlag, der gleich mehrere Opponenten trifft und sie mit etwas Glück zu Boden reißt. Oder einen Dreifachschuss mit dem Bogen, der manche Gegner sofort ausschaltet.
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