Der DLC-Boom - Was verbirgt sich hinter dem Trend?

Kostenpflichtige Download-Häppchen verdrängen herkömmliche Spiele-Addons. Woran liegt es, dass Hersteller den Trend hin zu DLC nach Kräften unterstützen, und welche Gründe haben Spieler zu Skepsis oder Freude?

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Total Annihilation, der phonetisch herausfordernde Urahn von Supreme Commander, machte es 1998 vor: Regelmäßig erweiterte Chris Taylor das ohnehin umfangreiche Einheitenarsenal des Strategietitels um weitere Truppentypen. Auch für das Rennspiel MotoRacer gab es schon 1997 weitere Strecken zum Download, fürs Adventure Geheimakte Tunguska 2007 ein alternatives Ende. Spielinhalte, übers Internet auf die heimische Festplatte gewandert, also Downloadable Content (DLC)? Nein, denn ein entscheidendes Detail fehlt: Alle genannten Erweiterungen waren, sieht man von den seinerzeit astronomischen Verbindungsgebühren ab, kostenlos. Doch spätestens seit Bethesda 2006 auf die Idee kam, für eine Pferderüstung in Oblivion zwei Dollar zu verlangen, seit Konsolen komfortabel und zügig online gehen und Inhalte abspeichern können, ist der kontrovers diskutierte Download-Snack auf breitem Vormarsch.

DLC – also über die Vollversion des Spiels hinausgehender Inhalt wie zusätzliche Strecken, Quests, Karten oder Spielmodi – wird über digitale Distributionsplattformen wie Steam oder den EA Store für ungefähr ein bis zehn Euro erworben. Was als fairer Zusatzservice gedacht sein sollte, stellt dem Kunden in der Praxis den einen oder anderen Pferdefuß. Spieler fürchten, für Dinge zu bezahlen, die früher gratis waren oder sogar aus derVollversion herausgeschnitten wurden,umzusätzlich Kasse zu machen. Wer einen DLC installiert, muss mitunter feststellen, dass sich das Spiel fortan bei jedem Start mit dem Internet verbinden möchte – ein Online-Kopierschutz durch die Hintertür. Wir beleuchten, wie die drei so viel Aufruhr verursachenden Buchstaben zu ihrem Siegeszug auf Produzentenseite kamen und untersuchen, inwieweit die Befürchtungen an der Konsumentenfront berechtigt sind.

Wie alles begann: Die nutzlose Pferderüstung für das Rollenspiel Oblivion sorgte für den ersten DLC-Skandal. Wie alles begann: Die nutzlose Pferderüstung für das Rollenspiel Oblivion sorgte für den ersten DLC-Skandal.

Woher kommt DLC?

Der Grundstein für den Aufstieg von DLCs liegt im technologischen Fortschritt nach der Jahrtausendwende, vor allem auf den Konsolen. Eine der ersten Firmen, die mit online verkauften Zusatzinhalten experimentiert, ist das USUnternehmen Bethesda (Oblivion, Fallout 3). »Wir hatten herunterladbare Inhalte schon ab 2002 für Morrowind«, erinnert sich Pete Hines, Marketing- und PR-Vorstand bei Bethesda. »Kleine Sachen zwar, aber das war etwas, dass wir gern in größerem Maßstab durchführen wollten.« Die Zeit dafür kam mit der neuen Konsolengeneration, der Xbox 360 und der Playstation 3. Denn die unterstützen schnelle Internetverbindungen. »Wir konnten nun plattformübergreifend Inhalte entwickeln «, erzählt Pete Hines, »dadurch lohnte sich die investierte Zeit für uns.« Der letzte Satz macht deutlich: Nicht (nur) die Infrastruktur zur Verbreitung zählte, denn während Konsolen mit Festplatten und Online-Fähigkeit tatsächlich erst seit einigen Jahren Standard sind, haben PCs die entsprechende Technik von Haus aus. Mindestens ebenso entscheidend war ein etablierter Kanal zur Zahlungsabwicklung, wie ihn der Xbox Marketplace oder das Playstation Network darstellen. Für Frank Halgasch, Produktmarketing-Manager für Xbox Live bei Microsoft, hängen DLCs eng mit der Entstehung günstiger digitaler Vertriebskanäle zusammen: »Vor dem Siegeszug von Onlinediensten lohnte sich der Vertrieb von preiswerten Inhalten wie zum Beispiel neuen Liedern, Multiplayer-Karten oder Arcade- Spielen nicht,weder für die Spieleentwickler noch für den Handel.« Denn für verpackte Versionen fallen Produktionskosten und Transport, Handelsmargen und Versicherungsprämien an, die sich erst ab deutlich zweistelligen Verkaufspreisen rentieren. Die wiederum wäre wohl kein Käufer für eine Handvoll Missionen zu zahlen bereit.

Gerade in Deutschland hinderte zudem die unflexible Bezahlung den Onlineverkauf von Spielen: Kreditkarten, in den USA allgegenwärtig und deshalb für die Shops als einziges Zahlungsmittel anerkannt, sind hierzulande weit weniger verbreitet, erst recht bei Kindern und Jugendlichen. Die sind aber eine der primären Zielgruppen für Zusatzinhalte. Das Problem umgingen Konsolenhersteller wie Microsoft mit der Einführung von Prepaid- Karten, also bereits abbezahlter Währung für spätere Einkäufe im Marketplace. Randy Pitchford, Vorstandsvorsitzender von Gearbox (Borderlands, Brothers in Arms-Serie) sieht auch beim Kunden einen enormen Komfortgewinn: »Ich klicke einen Button an, ein paar Minuten später habe ich den Inhalt – ich muss nicht zum Laden fahren, und es kostet nicht viel.« Auf den PC fluteten die Extra-Byte vor allem dank des Erfolgs und der Verbreitung der Download-Plattform Steam, die seit März 2009 offiziell DLCs unterstützt. Darüber hinaus bieten große Hersteller wie EA auch ihre eigenen Systeme an.

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