Seite 6: Die Akte Ascaron - Große Hits, große Reinfälle

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Ascaron geht noch einmal Pleite

Am Ende kostet Sacred 2 20 Millionen Euro. Normal sind für ein Projekt dieser Größenordnung vier bis fünf Millionen. Es hat, so Heiko tom Felde, bis heute weltweit 750.000 Stück verkauft.

Was Ascaron letztendlich zum zweiten Mal über die Klippe schiebt, ist die Konsolenumsetzung, auf der die große Hoffnung ruhte. Die Entwicklung verzögert sich um insgesamt sieben Monate, mehrmals verweigert Microsoft und Sony die Freigabe. Zum Schluss geht der Firma einfach das Geld aus. Am 14. April 2009 meldet Ascaron Insolvenz an.

Es ist, diesmal, endgültig. »Für Ascaron ist das das Ende«, sagt Heiko tom Felde. Die Firma wird abgewickelt. Was nicht heißt, dass mit Ascaron auch die Spieleserien sterben. Tatsächlich geht es gleich an zwei Orten weiter.

Sacred 2 ist Ascarons letztes Projekt. Das Action-Rollenspiel verzögerte sich über Jahre und verschlang zu viel Geld. Sacred 2 ist Ascarons letztes Projekt. Das Action-Rollenspiel verzögerte sich über Jahre und verschlang zu viel Geld.

In Aachen, Ascarons Studio 2, arbeiteten bis Mitte August noch rund 40 Leute am Addon Sacred 2: Ice & Blood, das am 28. August erschienen ist. Ice & Blood wird auch für die Konsolen umgesetzt, eine Gold-Version ist geplant. Das wird allerdings nicht mehr in Aachen passieren. Studio 2 wurde nach Abschluss der Entwicklung aufgelöst, alle Angestellten entlassen. Die Rechte an Sacred gehen an Koch Media, den Publisher von Risen.

In Gütersloh haben 13 ehemalige Ascaron-Leute um Daniel Dumont ein neues Studio gegründet, Gaming Minds. Ihr Investor ist der deutsche Publisher Kalypso, der Ascaron alle Serienrechte bis auf Sacred abgekauft hat, darunter Anstoss, Patrizier, Port Royale und Darkstar One. Zum Deal gehört die Übernahme der 13 Entwickler.

Das erste Projekt von Gaming Minds ist Patrizier 3, die Fortführung der Handelssimulation. Auch eine Konsolenumsetzung von Darkstar One soll kommen, lässt Daniel Dumont durchsickern. Und Anstoss? Der Kalypso-Geschäftsführer Stefan Marcinek wiegelt ab: »Wir denken darüber nach, wie man Anstoss zurückbringen könnte, aber in naher Zukunft sehen wir da keine guten Chancen.«

Ascaron ist am Ende

So verschwindet mit Ascaron einer der letzten traditionsreichen deutschen Entwickler. Was ist sein Vermächtnis?

Es gibt Leute, die auf eine Interview-Anfrage antworten, sie möchten sich zu Ascaron nicht äußern; wenn man sie trotzdem anruft, sagen sie, dass sie froh seien, mit dieser Firma nichts mehr zu tun zu haben. Ascaron sei nicht gut für seine Gesundheit gewesen, seufzt Guido Eickmeyer: »Die Firma hat meine Haarpracht arg strapaziert.« »Wir haben für Anstoss 3 sieben Monate lang jedes Wochenende durchgearbeitet«, erinnert sich Gerald Köhler, »teilweise haben wir das Essen telefonisch vorbestellt und sind dann nach 20 Minuten hingefahren, um die Pausen zu minimieren. Am Ende waren wir körperlich fertig.«

Sacred 2: Ice & Blood soll ebenfalls noch für Konsolen erscheinen. Sacred 2: Ice & Blood soll ebenfalls noch für Konsolen erscheinen.

Es war womöglich immer zu viel: die Visionen, die Ambitionen, der Anspruch. Und immer zu wenig: das Geld, die Kontrolle, die Planung. Wenn’s hart auf hart kam, mussten die Spiele auf Gedeih und Verderb raus.

Es ist aber auch richtig, wenn Holger Flöttmann bilanziert: »So etwas wie Ascaron wirst du nicht mehr finden.« Ascaron hat herausragende Marken geschaffen, Anstoss 3, Patrizier 2, Darkstar One und auch Sacred sind Glanzlichter der deutschen Spielegeschichte. Sie haben unzählige Fans begeistert, die Ascaron ins Herz schlossen. Sie fanden einen Entwickler zum Anfassen: Jährlich richtete Ascaron Fan-Feste aus, man spielte Fußball gegeneinander, grillte, trank Bier und spielte Computerspiele. Es gibt ein eigenes Fan-Wiki, die Ascapedia, es gibt einen Kosenamen für die Mitarbeiter: Ascaroonies. »Das war schon fast ein Kult«, staunt Torsten Meier, aber die Fan-Pflege war ehrlich gemeint: »Man kam bei Ascaron zur Tür rein und spürte: Die Community ist uns am Wichtigsten.« Wenn Holger Flöttmann seine Firma beschreiben soll, sagt er: David gegen Goliath. Wenn man Torsten Meier fragt, antwortet der: »Wir haben alles gegeben, um die Leute gut zu unterhalten.«

Einer seiner Lebensträume sei es immer gewesen, einmal mit einem Spiel einen Nummer-1-Hit in den USA zu landen, sagt Holger Flöttmann. Aber es ist ihm nie gelungen. Bis zum 12. Mai 2009, als beide Konsolenversion von Sacred 2 in den USA Platz 1 der Verkaufscharts erklimmen.
Da war Ascaron bereits Geschichte.

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