Seite 3: Die größten Spiele-Klischees - Teil 1 - Rote Fässer, Gedächtnisverlust & Co.

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Der beste Freund geht immer drauf

Freundschaften zu virtuellen Personen sind eine heikle Sache. Wir meinen gar nicht mal, dass Psychologen übermäßige Bindungen an nichtreale Figuren als Persönlichkeitsstörung auslegen könnten. Wir meinen ganz einfach, dass Freundschaften in Spielen unter keinem guten Stern stehen.

Dragon Age: Origins: Noch kämpfen wir mit Zevran Seite an Seite. Schenken wir ihm aber nicht genügend Aufmerksamkeit, fällt er uns in den Rücken. Dragon Age: Origins: Noch kämpfen wir mit Zevran Seite an Seite. Schenken wir ihm aber nicht genügend Aufmerksamkeit, fällt er uns in den Rücken.

In Jedi Knight: Jedi Academy verfällt unser Klassenkamerad der dunklen Seite der Macht, in Knights of the Old Republic wechselt die Freundin Bastila kurzerhand die Seiten, in Jade Empire missbraucht uns unser Mentor als Machtinstrument, in GTA 4 bringen Niko Bellic seine Freund- und Verwandtschaften nichts als Ärger und Schießereien. Von den zahlreichen toten Freunden und Verwandten (Neverwinter Nights 2, Fable, Dragon Age: Origins) fangen wir am besten ebenso wenig an wie von der reizenden Kerrigan in Starcraft, die erst geopfert wird und schließlich zur Rachekönigin der Zerg aufsteigt. Spieler sollten sich daher unbedingt von angebotenen Freundschaften fernhalten!

Die gescheiterten sozialen Beziehungen haben selbstverständlich Methode, geht es doch neben Spaß beim Spielen auch um das Mit-Leiden. Dank der Identifikation mit unseren Avataren und Spielehelden übernehmen wir im besten Fall auch deren Empfinden. Je stärker die Gefühlsregungen ausgeprägt sind, umso intensiver ist das Spielerlebnis und auch der Nachhall, den diese Titel in der Erinnerung hinterlassen. Das Schicksal von Kerrigan oder Arthas (Warcraft 3) erschüttert den Spieler ebenso wie der (nur scheinbare?) Tod der Adventure-Heldin April Ryan (The longest Journey, Dreamfall) oder der Verrat von Meister Li in Jade Empire. Verrat und Tod erzeugen mit Wut und Trauer zwei der stärksten Gefühle, die von den Entwicklern leicht zur Motivation der Spieler und ihrer Figuren ausgenutzt werden können. Max Payne zum Beispiel braucht außer seiner Trauer und Wut kein weiteres Motiv für seine blutigen Rachefeldzüge.
Menschliche Zwischentöne, die abseits dieser extremen Gefühlslagen liegen, sind hingegen deutlich schwieriger zu erzeugen und bedürfen äußerst fähiger Autoren, wie beispielsweise Bioware oder Quantic Dream (Fahrenheit, Heavy Rain für die Playstation 3) stets auf Neue zeigen. Die typischen Begleiter in Spielen sind komplett affirmative, reflexionsarme Hinterhertrotter. Wenigstens verraten die einen nicht, dafür sterben die oft. Das ist dann aber eh egal.

Gegner sein heißt warten können

Peter Molyneuxs Spiele-Klassiker Dungeon Keeper zeigt deutlich, was für einen Knochenjob ein Rollenspiel-Bösewicht eigentlich hat. Die labyrinthischen Dungeons wollen schließlich ausgehoben, mit Fallen bestückt und durch fähiges Personal gesichert werden, das Ganze auf solider finanzieller Grundlage. Und dann kommt eine dahergelaufene Heldengruppe und schlägt alles kurz und klein!

Torchlight: Zwölf Stockwerke unter der Erde wohnt am Ende eines unzugänglichen Dungeons ein Stamm primitiver Pygmäen. Wie überleben die da? Torchlight: Zwölf Stockwerke unter der Erde wohnt am Ende eines unzugänglichen Dungeons ein Stamm primitiver Pygmäen. Wie überleben die da?

Das Bittere dabei ist, dass die Helden gar nicht merken, welche Logistik, Organisation und Arbeit hinter so einem Höllen-Dungeon steckt. Für die wirkt das alles nur stupide und öde. Hat sich beispielsweise der Held aus den Diablo-Spielen jemals gefragt, was die Goblinstämme eigentlich den ganzen Tag so treiben, außer in den abgelegensten Winkeln der Welt auf den Tod durch fröhliche Krieger zu warten? Was machen eigentlich Trolle (Drakensang: Am Fluss der Zeit), wenn sie gerade nicht eine Brücke bewachen? Was tun Wachposten, wenn sie nicht gerade Wache schieben müssen? Was tut ein Drache oder Dämon, außer schlafend einen Schatz zu bewachen?

Für den Spieler muss der Eindruck entstehen, als hätten die Bösen gar kein Leben. In Far Cry 2 fährt ein Konvoy solange im Kreis herum, bis er von uns mit einem Raketenwerfer aus seinem Elend befreit wird. In den Gothic-Titeln machen Banditen »die Gegend unsicher«, obwohl sie nie auf Raubzug gehen. In Action-Rollenspielen wartet selbst in den tiefsten Höhlen, in denen es weder Licht noch Sauerstoff noch Nahrung gibt, eine Horde Gegner auf uns. Und sämtliche Wachposten dieser Welt leben ausschließlich für ihren Job.

Natürlich liegt die mangelnde kreative Ausgestaltung für das Leben der Bösen schlicht im Aufwand begründet. Wenn dem Shooter- oder (Action-)Rollenspiel-Helden im Lauf des Spiels vierstellige Gegnerhorden entgegentreten sollen, dann ist es schlicht unmöglich, für jeden davon eine sinnvolle Biographie mit entsprechendem Verhalten zu entwerfen. Und was bringt ein verzweigtes Höhlensystem, wenn sich die Gegner nur in den Hauptgewölben aufhalten? Wer will wirklich wissen, wie das Familienleben des russischen, deutschen oder arabischen Soldaten aussieht, den wir gerade erschossen haben (Austin Powers lässt grüßen)? Unhinterfragte Gegnerbilder gehören schlicht zur Spielmechanik, auch wenn etwas mehr Mühe und Logik in diesem Punkt vielen Spielen durchaus gut täte. Wie einfach das geht, zeigen seit No One Lives Forever und Splinter Cell ausgerechnet die Actionspiele immer mal wieder: Dort führen Wachposten persönliche Unterhaltungen, die man belauschen kann. Eine simple Technik, die aus Polygonpuppen mit einem Schlag menschliche Wesen macht. Auch wenn man die anschließend erschießt.

» Den zweiten Teil mit weiteren bekannten Spieleklischees lesen Sie demnächst hier auf GameStar.de!

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