Dota 2: Shanghai Major - Nach Rauswurf: James »2GD« Harding gibt Stellungnahme ab

Kurz nach dem öffentlichen Rauswurf von James »2GD« Harding als Host des Dota 2 Shanghai Major Turniers gibt es nun neue Details und eine Stellungnahme. So gab es wohl schon länger Probleme zwischen Valve-Mitarbeitern und Harding.

Der Rauswurf des Moderators beim Dota 2: Shanghai Major erregte viel Aufmerksamkeit. Nun gibt es auch ein Statement von James Harding dazu. Der Rauswurf des Moderators beim Dota 2: Shanghai Major erregte viel Aufmerksamkeit. Nun gibt es auch ein Statement von James Harding dazu.

Nach seinem sehr öffentlichen Rauswurf beim Dota 2 Shanghai Major 2016 gab der Host James »2GD« Harding eine Stellungnahme zur Situation ab. Harding ist eine bekannte E-Sport-Persönlichkeit, sein Rauswurf wurde von Valve-Präsident Gabe Newell selbst kommentiert, der ihn auf persönlicher Ebene attackierte und via Reddit »einen Arsch« nannte.

In einem 17 Seiten umfassenden Text gibt Harding nicht nur seine Sicht der jüngsten Ereignisse preis, er berichtet auch von seiner Vergangenheit mit Valve und von seit Jahren existierenden Problemen.

Hardings Sicht der Dinge und der Rauswurf

Laut Hardings Erzählung gab es vor allem Probleme mit einem spezifischen Valve-Mitarbeiter, den er im Rahmen des Turniers The International 2014 (TI4) kritisiert hatte. Seitdem befand sich Harding bei Valve wohl auf dünnem Eis, als Moderator für das TI5 wurde er nicht engagiert. Für seine Rückkehr zum Shanghai Major 2016 sorgte ausdrücklich nicht Hardings persönlicher Freund und Valve-Mitarbeiter Bruno Carlucci, die Entscheidung sei stattdessen von anderen Valve-Mitarbeitern getroffen worden.

Carlucci war es jedenfalls nach Hardings Erzählung, der nach seiner ersten Anmoderation auf ihn zukam. Dort hatte Harding mit einem Witz über Pornographie und der Sperre von Pornoinhalten in seinem chinesischen Hotel das Eis zu brechen versucht, was den Kollegen David "GoDz" Parker dazu bewog nachzugfragen, ob man schon auf Sendung sei. Nach dem Segment wurde Harding von Carlucci angeblich angewiesen, die Pornowitze einzustellen. Hardings Reaktion darauf:

"»Ich akzeptierte und erklärte, dass ich mit etwas Starkem einsteigen musste, weil ich für eine Weile nicht mehr moderierte hatte und die Fans das von mir erwarten würden. Und ich musste einfach etwas Intellektuelles sagen, für meine Fans und um das Eis in der Gesprächsrunde zu brechen. Und nun können wir weitermachen.«"

Kommentare zur Pornographie kamen tatsächlich nicht zurück, wohl aber Begriffe wie »cunt« (deutsch: Fotze). Dabei handelte es sich um einen Wortwitz mit dem ähnlich klingenden »cant's« (deutsch: Unvermögen), das Harding eigentlich meinte. Einen Spieler nannte Harding eine »Bottom Bitch«, laut eigener Aussage seien Spieler und der Entertainer aber gut befreundet – es solle sich um eine gezielte Übertreibung handeln, nicht aber als böses Wort oder persönliche Beleidigung irgendeines Spielers. Harding kritisierte, dass seine Gesprächsrunden wegen der Ausfälle seitens der verantwortlichen Produktionsfirma stundenlang liefen, und nicht nur schlanke 15 Minuten. Inhalte wurden teilweise improvisiert. Am zweiten Tag der Veranstaltung wurde Harding zwischen zwei Segmenten gefeuert, Carlucci überbrachte ihm die Nachricht persönlich. Auch die Produktionsfirma wurde laut Gabe Newell gefeuert und ersetzt.

Ein Statement der Produktionsfirma KeyTV findet sich bei bbs.sgamer.com, eine Übersetzung ins Englische auf Reddit.

Gabe Newell hat James Harding scharf kritisiert. Gabe Newell hat James Harding scharf kritisiert.

Icefrog: »Sei du selbst«

Harding veröffentlichte in seinem Statement auch ein Skype-Gespräch mit dem Lead Designer von Dota 2, Icefrog. Darin erkläre Icefrog selbst:

"»Danke, dass du die Gastgeberrolle übernimmst!«"

"»Du solltest absolut einfach du selbst sein beim Moderieren, die Leute mögen dich für das, was du bist.«"

"»Was auch immer du machst, es ist okay«"

Ob Harding zusätzlich auch von PR- und Marketing-Leuten ein Briefing zum Event erhielt, ist nicht bekannt. Harding gibt als Quelle ausschließlich das Gespräch mit Valve an. Ob die Firma Weisungsrecht bei E-Sport-Events hat, ist nicht bekannt. Von Valve gab es bisher kein weiteres Statement bis auf den Kommentar von Gabe Newell.

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Ein interessanter Aspekt, den Harding in seiner Erklärung herausarbeitet, ist der Konflikt zwischen Sport und E-Sport. Er würde sich selber als Teil des E-Sports sehen, während Valve die Veranstaltung eher als Sport-Event betrachten würde. Daraus resultierten angeblich viele Probleme zum TI4, Hardings Betrachtung dazu:

"»Ich bin wütend, dass wir so tun als wären wir Sport, obwohl wir das nicht sind.«"

Laut Harding ist sein Hauptproblem an der momentanen Situation, dass Valve ihn trotz der Probleme in der Vergangenheit zurückgeholt hatte und man ihn anwies, seiner üblichen Art freien Lauf zu lassen. Genau dafür sei er aber gefeuert worden – das Unrecht sei also, dass seine Kündigung wegen der Arbeit ausgesprochen wurde, für die er bekannt und beliebt war und die er angeblich auch ausüben sollte.

"»Also wenn ich falsch liege, Gabe, und du mich gerade gefeuert hast, weil ich nicht deinem Geschmack als Show-Moderator entspreche. Dann ist das scheiße, dann hast du Mist gebaut. Und jetzt scheine ich irgendwie dafür bezahlen zu müssen. Ich weiß nicht. Es ist eine komische Situation.«"

Harding ist tatsächlich sehr beliebt, auf Reddit hat sich ein regelrechter Shitstorm zwischen Fans und Kritikern aufgebaut. Viele Dota-2-Zuschauer wünschen sich den Moderator des TI2, TI3 und TI4 zurück, der viel für Dota 2 und das E-Sport-Wachstum geleistet hat, trotz oder gerade wegen seiner Art.

Beim TI5-Sieg der Evil Geniuses war Harding nicht als Kommentator dabei, zum Ärger seiner Fans. Beim TI5-Sieg der Evil Geniuses war Harding nicht als Kommentator dabei, zum Ärger seiner Fans.

Noch mehr Probleme mit Verträgen

Weiteren Zündstoff legte Harding bei der Bezahlung von Moderatoren offen. So habe man beim TI2 nur ihm eine Gage versprochen, alle anderen Moderatoren hätten zunächst kein Geld sehen sollen. Nachdem er Gespräche initiiert hätte, sollen am Ende des Turniers 2012 alle Moderatoren ein Gehalt gesehen haben.

2013 soll es keine Probleme bei der Bezahlung gegeben haben, 2014 zum von Harding bereits kritisierten TI4 wurde aber die Finanzierung geändert: Die Moderatoren vor der Kamera sollten keine Bezahlung erhalten, sondern ähnlich wie CS:GO-Profis ihre Unterschriften an Dota-2-Fans als Ingame-Sticker verkaufen. Pro verkaufter Einheit würde man 50 Prozent des Umsatzes erhalten. Er selbst habe das System kritisiert und gibt an, eine Vertragsänderung erwirkt zu haben. So würde man ein Grundgehalt erhalten. Würde man mit den Unterschriften über das Grundgehalt kommen, bekäme man stattdessen diese Summe ausgezahlt.

Kommentator Kevin »Purge« Godec gab an, dass er zwar die Bezahlung von Valve zum TI2, TI 3 und TI4 nicht immer gut fand, sie aber am Ende der Turniere immer fair aussah. Laut Godecs Unterlagen sahen die Verträge bereits in der ersten Version ein festes Gehalt mit einem Bonus vor. Allerdings nur für US-Moderatoren – andere englischsprachige und nicht-englischsprachige Moderatoren und Kommentatoren könnten andere Verträge gesehen haben. Dies würde auch Harding betreffen, der britischer Staatsbürger ist.

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Der russische Moderator Vitalii Volochai gab auf Twitter an, dass er und sein Team überhaupt erst nach der Bezahlung (die stattfand) wussten, ob und was sie erhalten würden. Via Reddit erklärte das Community-Mitglied Tharuler, dass die Bezahlart einen bestimmten Grund hatte. So haben Valve-Mitarbeiter ihm gegenüber erklärt, dass diese Form der Bezahlung bestimmte Probleme aushebeln würden. Viele ausländische Kommentatoren hätten nämlich kein US-Arbeitsvisum und könnten deswegen nicht eine klassische Bezahlung erhalten, weil es sonst Probleme mit den US-Behörden für Steuern und Immigration gäbe. Die Bezahlung über Ingame-Gegenstände würde dieses Problem lösen, weil es nicht als »Arbeiten in den USA« deklariert werden müsse. Diesen Teil der Geschichte deckt Hardings Statement nicht ab.

Ganz offensichtlich gab es hinter den Kulissen also noch viele weitere Probleme, die jetzt erst ans Tageslicht kommen.

Das Problem ist größer als 2GD

Ob sich die Kündigung wegen Hardings Ausdrucksweise vor der Kamera und abseits der Rampenlichts rechtfertigen lässt, steht und fällt wohl letzten Endes mit der Frage, in welcher Form sich E-Sport im Allgemeinen und Dota 2 im Speziellen zukünftig präsentieren wollen: mit der alten, sehr lässig-legeren Art eines Harding, oder frei von Kontroversen und familienfreundlich im Stile von klassischen TV-Sportübertragungen.

Deutsche TV-Zuschauer dürften sich etwa noch an dem Fauxpas zur WM 2010 erinnern, als sich Moderatorin Katrin Müller Hohenstein mit dem Begriff des Inneren Reichsparteitags blamierte und viel Kritik via Social Media erhielt. Auch wenn der damalige Fall mit Hardings derzeitiger Situation nur bedingt vergleichbar ist, dürfte klar sein, dass die Ausdrucksweise eines Moderators von Großveranstaltungen nicht erst seit dem Harding-Skandal auf die Goldwaage gelegt wird.

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