Entwicklertagebuch #2: DSA: Demonicon - Die Story im Blickpunkt

Nachdem wir im ersten Teil des Entwicklertagebuchs auf die grafische Stilfindung eingegangen sind, nähern wir uns diesmal einem völlig anderen, aber ebenso spannenden Thema, nämlich der Story. Natürlich werden wir hier nicht ausplaudern, wie die Geschichte ausgeht. Thema ist vielmehr, wie so eine Geschichte überhaupt entsteht und was wir unternommen haben, damit unser Hauptcharakter in Aventurien eine anständige Heldenqueste geboten bekommt.

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» ersten Teil des Entwicklertagebuchs zu DSA: Demonicon lesen

Eric Jannot ist als Game Designer zuständig für die Ausarbeitung der Story von DSA: Demonicon. Er ist DSA-Spieler quasi der ersten Stunde, aber auch mit anderen Pen&Paper-Systemen sehr vertraut. Er hat außerdem eine große Passion für Live-Rollenspiele aller Art und ist auf ziemlich vielen Veranstaltungen dieser Art anzutreffen (dort nach Autogrammen immer erst fragen, wenn er das Schwert weggelegt hat). Heute wird er also darüber berichten, wie der steinige Weg von der ersten Idee zur fertigen Story verlief.

Alles beginnt mit einer Vision

Der erste Schritt bei einer jeden Story-Entwicklung ist die Ideensammlung per Brainstorming, in dem man die Grundelemente für die Geschichte zusammenträgt. Bei Demonicon war rasch klar, dass wir keine „Held läuft unmotiviert los und rettet die Welt“-Story machen wollten, sondern wir setzten uns zum Ziel, eine bewegende, mitreißende Geschichte zu erzählen, in der der Spielercharakter mit seinen schicksalhaften Entscheidungen im Mittelpunkt steht. Die Story von Demonicon ist sicherlich – der Titel deutet es ja schon an - für DSA eher düster. So wird der Held moralisch wiederholt geprüft und mit der Frage konfrontiert, ob der Zweck die Mittel rechtfertigt.

Aber es geht in der Hauptgeschichte auch um andere Themen, beispielsweise das Festhalten an Liebe und Freundschaft in einem Land, in dem nichts so ist, wie es zu sein scheint, und in dem Grausamkeit und Verrat an der Tagesordnung sind. Da war es nur noch ein kleiner Schritt dahin, dass wir uns entschlossen haben, die Schwarzen Landen zum Hauptort der Handlung zu küren.

Auf dieser Grundlage wurde eine erste grobe Skizze der Story gefertigt. Der Spannungsbogen und die wichtigsten Ereignisse wurden beschrieben, Notizen zu den Hauptfiguren der Story und den Hauptquests erstellt. In dieser Phase hatte das Material noch einen recht geringen Umfang und konnte dadurch leicht verändert werden.

Der Spielercharakter als Mittelpunkt der Geschichte

Nach dieser Phase rückte wieder der Spielercharakter in den Fokus der Arbeit. Der Spieler soll sich mit ihm und seinen Handlungen identifizieren können, seine Hintergrundgeschichte und die Beziehung zur Spielwelt müssen Neugierde wecken. Hier wurden auch grundsätzliche Entscheidungen zum Gameplay getroffen – ist der Hauptcharakter vordefiniert oder kann man Profession, Rasse, Geschlecht frei aussuchen? (Wir haben uns für ein klares Sowohl-als-auch entschieden.)

Die freie Charakterauswahl hat für den Story-Verlauf nicht unwesentliche Konsequenzen: Ein geselliger Ambosszwerg wird bei Bürgern des Mittelreiches andere Reaktionen hervorrufen als eine menschenscheue Waldelfe. Die möglichen Vorgeschichten des Charakters und seine Verankerung in Aventurien wurden nun auch festgelegt. Natürlich bedeutet das eine ganze Reihe von Story- und Dialogvariationen, die als reine Textlösung schon einiges an Arbeit mit sich bringen. Aber selbstverständlich besitzen wir bei TGC auch gehobene Ansprüche an die Sprachvertonung (siehe beispielsweise unsere Adventures Everlight, Goin‘ Downtown oder das aktuelle Simon the Sorcerer: Wer will schon Kontakt?). Diesen Aufwand hatten wir also bereits in dieser Phase des Story Designs im Hinterkopf.

Eine Computerspielstory ist interaktiv

Bei der Story eines Computerspiels muss auch berücksichtigt werden, dass es keinen rein linearen Ablauf der Handlung wie bei Filmen und Romanen gibt. Schließlich trifft der Spieler Entscheidungen und erwartet, dass diese in der Spielwelt auch eine Bedeutung und sichtbare Konsequenzen haben, ob gute oder auch schlechte. Die Handlungsfreiheit muss sich also auch in möglichen alternativen Handlungen, wenn nicht sogar verschiedenen Spielenden widerspiegeln.

In dieser Phase der Plot-Entwicklung hatte die Story bereits einen bedeutend größeren Umfang. Der Grundplot stand, der Spielercharakter und seine Entwicklungsoptionen wurden ausgearbeitet, die verschiedenen Plotstränge und Entscheidungswege wurden ausdefiniert.

Nun musste aber auch den zentralen Nichtspieler-Charakteren (NSC) über ihre simple Funktion (als Gegner, Verbündeter, Mentor) hinaus Leben eingehaucht werden. Gutes Storytelling lebt von der Interaktion zwischen den Protagonisten, entsprechend wenig Platz gibt’s in einer guten Geschichte für langweilige 08/15-Charaktere.

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