Mit zwei neuen Urteilen hat der Bundesgerichtshof erstmals bestätigt, dass Internetprovider unter bestimmten Bedingungen Websperren für Webseiten mit Urheberrechtsverletzenden Inhalten einrichten müssen. In einem Verfahren hatte die GEMA die Deutsche Telekom dazu zwingen wollen, den Zugang auf eine Webseite zu sperren, auf der Links zu urheberrechtlich geschützten Inhalten bei Filehostern zu finden sind. Die Klage wurde zwar abgewiesen, doch das Urteil ist trotzdem ein Erfolg für die GEMA.
Der Bundesgerichtshof erklärte, dass die Provider erst dann in die Pflicht genommen werden können, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Die GEMA hatte aber nur darauf hingewiesen, dass der Webseitenbetreiber und die Hoster falsche Adressen angegeben hatten. Im zweiten Prozess wollten Rechteinhaber erreichen, dass der Zugang zu einer anderen Plattform gesperrt wird, aber auch hier sah der BGH keinen Beleg dafür, dass die Rechteinhaber Maßnahmen ergriffen hätten, die Identität der Betreiber herauszufinden.
Websperren sind laut den beiden Urteilen nur dann denkbar, wenn die Rechteinhaber beispielsweise auch eine Detektei oder die staatlichen Ermittlungsbehörden einschalten, damit auf diese Weise gegen Hoster oder Betreiber vorgegangen werden kann. »Nur wenn die Inanspruchnahme dieser Beteiligten scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde, ist die Inanspruchnahme des Access-Providers als Störer zumutbar«, so die Pressemitteilung. Obwohl die Klagen also in beiden Fällen abgewiesen wurden, haben die Kläger ihr Ziel im Grunde wohl erreicht, auch wenn nicht klar ist, wie die vom BGH genannten Bedingungen nachgewiesen werden sollen.
In einem Interview mit Netzpolitik.org hält Jurist und Rechtsanwalt Dr. Ansgar Koreng, der zum Thema "Zensur im Internet" promoviert wurde, das Urteil für problematisch. »Welche Technologien soll eigentlich der Access Provider einsetzen, um zu blockieren? Wir wissen, dass es da unterschiedliche Möglichkeiten gibt und diese äußerst intensiv in die Privatsphäre der Nutzer eingreifen können, wenn wir an so etwas wie Deep Packet Inspection denken. Ansonsten unterhält man sich vielleicht über einfache Methoden wie DNS-Sperren, aber das ist am Ende natürlich ein technischer Witz. Ich weiß nicht, wie das funktionieren soll. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob der BGH das weiß.« Allerdings steht die genaue Urteilsbegründung in beiden Fällen noch aus.
Quelle: Bundesgerichtshof, Netzpolitik
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