Seite 2: Europa Universalis 4 im Test - Vom Kriege

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Schlechte Chancen für Pechvögel

Eine Fülle von Ereignissen bringt zusätzlich Würze ins Spiel. Teils sind sie historisch verbrieft: In England steht uns beispielsweise der Rosenkrieg bevor, im (noch zersplitterten) Deutschland entzweit die Reformation die katholische Kirche, in Frankreich lehnt sich das Volk gegen die adeligen Unterdrücker auf. Kleinere Geschehnisse werden ausgewürfelt: Da wollen sich Siedler in unseren Grenzen niederlassen, die allerdings einem anderen Glauben als der Staatsreligion anhängen, da erkrankt der Thronerbe oder die Nationalbank gerät in Finanznot.

Meistens stehen uns in solchen Fällen mehrere Handlungsoptionen offen. So können wir die besagten Kolonisten willkommen heißen und uns über zusätzliche Steuereinnahmen freuen oder aber vertreiben, um keine Unruhen zu riskieren. Über die direkten Folgen unserer Entscheidungen informiert uns Europa Universalis vorab, langfristige Effekte sind aber nicht immer absehbar. Wenn wir beispielsweise die Staatsbank die nicht unterstützen, sparen wir zwar kurzfristig Geld, steigern aber auf lange Sicht vielleicht die Inflation.

Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu: Zufallsereignisse können die schönsten Pläne durchkreuzen. Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu: Zufallsereignisse können die schönsten Pläne durchkreuzen.

Zwar sorgen die Schicksalsereignisse für Abwechslung, machen das Spiel allerdings auch unberechenbar und können einem mit etwas Pech gehörig den Spaß vermiesen. Wenn sich etwa trotz allgemeiner Zufriedenheit aus heiterem Himmel zehn Bauernregimenter erheben und auf die Hauptstadt marschieren, mögen mächtige Herrscher nur müde lächeln und den Pöbel mit der königlichen Garde zurück auf die Felder jagen. Für geringere Fürsten kann so ein Aufstand aber schnell das Aus bedeuten.

Obendrein verstärken sich die Zufallsbegebenheiten oft gegenseitig. Beispiel: Vor der Küste Koreas tauchen in einer unserer Partien Piraten auf (Zufall). Siegesgewiss schicken wir unsere Flotte ins Gefecht, die allerdings dummerweise den Kürzeren zieht, obwohl wir sechs Karacken haben und die nur zwei (Pech). Noch dümmererweise kapern die Freibeuter zwei unserer Kähne (Unglück). Wir ziehen uns zähneknirschend zurück und geben Verstärkung in Auftrag. Bis die allerdings fertig ist, haben sich die Korsaren fünf weitere Schiffe der Japaner unter den Nagel gerissen und wir kein Geld mehr, um der Lage irgendwie Herr zu werden, denn die vermaledeiten Piraten blockieren unsere Handelsrouten. Von den Fähigkeiten unserer Minister über die Thronfolge bis hin zum Erfolg unserer Siedler wird allzu viel vom Würfelglück bestimmt.

Mit den Maya haben wir den Conquistadoren erfolgreich Widerstand geleistet. Als wir unser Reich aber verwestlichen wollen, um den Technologierückstand aufzuholen, kommt es zur Revolte. Mit den Maya haben wir den Conquistadoren erfolgreich Widerstand geleistet. Als wir unser Reich aber verwestlichen wollen, um den Technologierückstand aufzuholen, kommt es zur Revolte.

Hochwohlgeboren belieben zu scherzen?

Auch bei kriegerischen Auseinandersetzungen spielt der Zufall eine Rolle, wie oben angedeutet. Im Prinzip funktioniert das kinderleicht: Wir fassen mehrere Regimenter aus Infanterie, Kavallerie und Artillerie zu einer Einheit zusammen, die wir ganz Echtzeit-typisch per Rechtsklick über die Karte marschieren lassen. Trifft sie auf einen Feindtrupp, kommt es zur Schlacht, die in einem Statistikbildschirm ohne weiteres Zutun ausgefochten wird.

Wer gewinnt, hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Am wichtigsten ist die Moral. Eine entmutigte Truppe nimmt sofort Reißaus, egal wie überlegen sie sonst auch sein mag. Die Mannstärke spielt natürlich eine Rolle, genau wie die Ausrüstung. Aztekische Speerkämpfer können gegen spanische Musketenschützen nun mal wenig ausrichten. Genauso wichtig wie die Militärtechnik ist die richtige Taktik, die ebenfalls erst erforscht werden will. Von den wilden Haufen des ausgehenden Mittelalters hin zu den ausgeklügelten Kampfformationen des 19. Jahrhunderts war es ein weiter Weg.

Schließlich beeinflussen auch noch das Terrain, die Führungsqualitäten der zugewiesenen Offiziere und das leidige Glück den Kampfausgang. Alle Faktoren werden im Gefechtsbildschirm säuberlich aufgelistet, trotzdem braucht es eine Weile, um aus allen Zahlen schlau zu werden.

Wir dürfen allerdings nicht einfach so ein anderes Land überfallen. Als zivilisierter Staatenlenker benötigen wir dazu erst einen Kriegsgrund. Den können wir auch provozieren, indem wir beispielsweise anderen Herrschern via Diplomatenpost deftige Beleidigungen vor den Latz knallen oder einfach Anspruch auf fremdes Gebiet erheben. Eroberungsfeldzüge wollen allerdings gut überlegt sein. Sie strapazieren die Staatsfinanzen, die Geduld der eigenen Bevölkerung und unser Image bei den Nachbarn, die Kriegstreiber gar nicht gerne sehen. Und haben wir endlich Territorium dazu gewonnen, fängt die Arbeit erst an.

Innerhalb Europas können wir jede historische Nation übernehmen, auch in Asien stehen uns viele Optionen offen. Afrika und Amerika sind unterrepräsentiert. Innerhalb Europas können wir jede historische Nation übernehmen, auch in Asien stehen uns viele Optionen offen. Afrika und Amerika sind unterrepräsentiert.

Zunächst müssen wir unsere Grenzen erweitern, dann unsere Kultur verbreiten und, wenn die einheimische Bevölkerung einer anderen Religion folgt, sie auch noch konvertieren. Das alles dauert viele Spieljahre, frisst Unmengen an Ressourcen und mit etwas Pech rotten sich die frisch Unterjochten zu Aufständischenarmeen zusammen. Etwas einfacher ist es, unbesiedeltes Land zu erschließen. Die Technologie dafür müssen wir zwar erst erforschen, dann dürfen wir unsere Kolonisten aber in frisch entdeckte Regionen schicken und Außenposten gründen. Dort haben wir nur Eingeborene zu fürchten, mit denen wir wesentlich leichter fertig werden als mit gegnerischen Truppenverbänden.

Historische Technik

Es gäbe noch unzählige weitere Spielbestandteile zu beleuchten und Eigenheiten zu diskutieren - in Europa Universalis steckt locker Spaß für 100 Stunden oder mehr. Damit dieser Test nicht zum Handbuch ausartet, kommen wir langsam lieber zum Schluss und begnügen uns mit zwei finalen Feststellungen. Erstens: Der Mehrspielerpartien sind nach wie vor nur was für Masochisten. Nicht dass sie keine Laune machen würden. Zu zweit oder zu dritt mit kleinen Ländern gegen ein kompetent geführtes KI-Imperium anzutreten, kann durchaus fordernd sein. Allerdings dauern die Multiplayer-Matches entweder ermüdend lange oder arten bei höherer Zeitbeschleunigung in Hektik aus.

Zweiter und abschließender Punkt: die Technik. Die ist kaum der Rede wert. Während die klassische Musikuntermalung durchaus gefällt, lässt sich die in Regionen unterteilte dreidimensionale Weltkarte bestenfalls als übersichtlich beschreiben, aber als schön sicher nicht. Immerhin fallen die Systemanforderungen moderat aus, nur genügend Hauptspeicher (8 Gigabyte) sollte vorhanden sein. Aber mal ehrlich: Paradox-Spiele genießt man traditionell nicht wegen, sondern trotz der Technik!

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