Seite 4: Experimentelle Spiele - Alles außer gewöhnlich

GameStar Plus Logo
Weiter mit GameStar Plus

Wenn dir gute Spiele wichtig sind.

Besondere Reportagen, Analysen und Hintergründe für Rollenspiel-Helden, Hobbygeneräle und Singleplayer-Fans – von Experten, die wissen, was gespielt wird. Deine Vorteile:

Alle Artikel, Videos & Podcasts von GameStar
Frei von Banner- und Video-Werbung
Einfach online kündbar

The Novelist

Entwickler: Orthogonal Games Preis: 14 Euro (Steam) Worum geht's: Als unsichtbarer Beobachter verfolgen wir die Lebenskrise eines Schrifstellers.

André Peschke: Wer als Indie-Entwickler viel gute Presse einsacken will, sollte ein Spiel machen, mit dem er frenetische »Spiele sind Kunst!«-Schlagzeilen bedienen kann. The Novelist macht das ganz hervorragend. Das Experiment des Designers Kent Hudson (Bioshock 2) inszeniert ein interaktives Familiendrama, in dem Roman-Autor Dan binnen weniger Wochen seine Ehekrise und seine Schreibblockade überwinden muss. Zu diesem Zweck zieht er mit Frau Linda und Sohn Tommy in ein einsames Strandhaus mit mysteriöser Vorgeschichte.

Klingt wie die Blaupause aus der obersten Schublade von Stephen Kings Schreibtisch, doch der Mystery-Unterton des Spiels dient nur dazu, die Rolle des Spielers zu legitimieren. Der schwebt als fast unsichtbares Dings durch das Haus, liest Tagebücher, Notizen und sogar Gedanken, um die Sorgen und Wünsche der Bewohner zu erfahren. Nur direkt vor ihrer Nase herumzutanzen darf er nicht. Anschließend entscheiden wir, an welcher Front Dan in den kommenden Tagen kämpft: Job, Frau oder Kind. Kompromisse sind nur zwischen zwei von dreien möglich. Am Ende kommt also immer irgendwas oder irgendwer zu kurz. Zu sehen, wie Dan vom Leben in drei Richtungen gleichzeitig gezerrt wird, ist durchaus bewegend. Gerade junge Väter mögen sich in seinem Schicksal wiederfinden.

The Novelist - Screenshots ansehen

Aber die Geschichte von The Novelist ist nicht clever genug, um das Konzept zu tragen. Viele Konflikte wirken geradezu konstruiert. Warum müssen beispielsweise die Schwiegereltern zu Besuch kommen? Hat das nicht Zeit, bis Dans Buch fertig ist? Auch ist mir das Spiel zu plakativ. Die Tagebucheinträge winken derart mit dem Zaunpfahl, dass der Luftraum über ihnen gesperrt werden müsste. Das spielerisch anspruchslose Herumsausen im Haus verliert derweil schon nach wenigen Minuten seinen voyeuristischen Charme und wird zum Abklappern von Story-Fragmenten.

Das Spiel ist letztlich ein ambitioniertes Experiment, dessen große Stärke mehr darin liegt, zu zeigen, was ein Spiel sein kann, als darin, was The Novelist tatsächlich ist. Es ist einzigartig und für einen ersten Versuch gut gelungen. Eine harmonische Verbindung aus Spiel und Erzählung gelingt aber kaum.

Wer soll's spielen: Familienväter; Spieler, denen Originalität über alles geht.

Wer soll's lassen: Wer spielerischen Anspruch oder echten Tiefgang erwartet.

4 von 7

nächste Seite


zu den Kommentaren (26)

Kommentare(24)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.