Far Cry: Der Film - Filmumsetzung zum Ego-Shooter

Der Ausdruck »a far cry from« bedeutet »weit entfernt von«. Wie passend: Der Kinofilm zum Shooter Far Cry startet zwar am 2. Oktober, ist aber trotzdem weit entfernt – nämlich von Qualität.

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Das erste gesprochene Wort lautet »Shit«. In den folgenden 90 Minuten gibt sich der Kinofilm Far Cry alle Mühe, diesem Auftakt gerecht zu werden – Grund genug für uns, Sie vor der Leinwand-Version des Shooters zu warnen, die am 2. Oktober ins Kino kommt. Großes erwarten wir eh nicht, als wir während der Games Convention die englische Fassung sehen. Eigentlich hatten wir nicht mal Mittelmäßiges erwartet, als im Februar 2004 (einen Monat vor dem Verkaufsstart des Spiels!) der Name des Produzenten und Regisseurs aus dem Magazin »Hollywood Reporter« sickerte: Uwe Boll, jene laut dem Transformers-Drehleiter Michael Bay »traurige Gestalt«, die seit ihrem Debüt House of the Dead von 2003 Spiel um Spiel ins Kino knüppelte – und dabei den Begriff »Qualität « mied wie Gothic 3 den Begriff »bugfrei«.

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Klar, dank ihrer plumpen Dialoge und billigen Effekte kann man Bolls Werken einen gewissen »trashy« Müllcharme zusprechen, zumal es dem Produzenten regelmäßig gelingt, prominente Darsteller zu verpflichten. Für die Heldenrolle in Far Cry angelte er den deutschen Hollywood-Beau Til Schweiger. Doch heben bekannte Gesichter auch die Filmqualität? Haha! Hahaha! Wir denken nicht im Traum daran, diese Frage mit einer Antwort zu würdigen.

Vereinfachtes Simpelspiel

Dass literarischer Tiefgang nicht gerade zu den herausragenden Stärken des Shooters Far Cry zählte, dürfte bekannt sein. Das Handlungstelegramm: Bootskapitän Jack schippert Journalistin Valerie zu Tropeninsel STOP Valerie wird entführt STOP Jack ballert auf Söldner und Mutanten STOP Jack rettet Valerie STOP Jack besiegt Mutantenschöpfer Dr. Krieger. Doch die Drehbuchautoren schaffen es, diese Simpelstory noch zu vereinfachen. Denn dem Leinwand-Abklatsch fehlt das Überraschungselement des Spiels: Doyle, der Jack als Helfer anfunkt, sich aber später als Verräter entpuppt.

Til Schweiger übernimmt natürlich die Rolle des Kapitäns und Ex-Soldaten Jack Carver, der mehrfach als Deutscher bezeichnet wird. Als Deutscher! Namens Jack Carver! Ist klar. Jack befördert die Journalistin Valerie (Emmanuelle Vaugier, Spielern bekannt aus Need for Speed: Carbon), auf eine Tropeninsel, wo ... halt! Keine Tropeninsel, sondern ein Eiland vor der kanadischen Küste. Wir verstehen schon, dort waren die Dreharbeiten billiger. Ergo liegt das Genlabor des Mutantenforschers Dr. Krieger (verkörpert vom Trash-Star Udo Kier) nicht unter einem Vulkan, sondern in einer Holzfabrik. Einer Holzfabrik! Warum forscht der Mutantenpapa nicht gleich im Frittierstübchen der örtlichen Pommesbude? Paradiesstrände und Dschungel entfallen eh, Uwe Bolls Far Cry bietet Wald, Flüsse, Dreck und noch mehr Wald.

Mutanten und Nervkröten

Und die Schauspieler! Während Til Schweiger als Exsoldatenbootskapitän noch halbwegs gut rüberkommt, unterbietet sich der Rest der Riege eifrig gegenseitig. Als Dr. Kriegers Söldnerchefin Tchernov versprüht Natalia Avelon (Das wilde Leben) weniger Charisma als das Gipsmodell eines russischen Flakpanzers; Emmanuelle Vaugier alias Valerie spult zwei Gesichtsausdrücke ab: entsetzt und nichts.

Jack stellt den Bösewicht Dr. Krieger; einen echten Endkampf zwischen den beiden bleibt der Far-Cry-Film allerdings schuldig. Jack stellt den Bösewicht Dr. Krieger; einen echten Endkampf zwischen den beiden bleibt der Far-Cry-Film allerdings schuldig.

Udo Kier schöpft immerhin aus seinem vollen Mimikfundus, glotzt also stets eindringlich böse. Überdies intoniert er wunderbare Nazi-Wissenschaftler- Sätze wie »Hie känn fait harda änd longa senn änni jumen souldscha«. Auch der deutsche Mucki-Golem Ralf Moeller (Gladiator) reizt sein schauspielerisches Talent aus: Als Obermutant Max muss er glotzen, schweigen und prügeln, manchmal alles gleichzeitig.

Die übrigen Darsteller krebsen auf Laienniveau herum, also springen wir gleich zur unerträglichsten Rolle: Chris Coppola, der auch in Bolls Postal-Film auftrat, mimt den molligen Essenslieferanten Emilio, der gemeinsam mit Jack in die Fänge Kriegers gerät. Und dessen Aufgabe sich darauf beschränkt, in den schrillsten Tonlagen über Rückenweh zu klagen. So bläht sich Emilio zur Premium-Nervkröte auf, vergleichbar mit Jar Jar Bings aus Star Wars: Episode 1: Wenn man eine einzige Figur von der Leinwand radieren dürfte, würde man ohne Denkpause diesen Quengelkasper tilgen.

Action wie bei RTL

Okay, wir wollen nicht übertreiben: Far Cry ist ein Actionfilm, und wenn’s darin ordentlich kracht, sind lahme Schauplätze und Jammerclowns verziehen. Tatsächlich entfaltet der Boll-Streifen in dieser Hinsicht einen gewissen Unterhaltungswert. So gibt’s zwei nette Verfolgungsjagden per Jeep und per Boot. Computereffekte fehlen, doch immerhin erreichen die Detonationen das erträgliche Niveau von Alarm für Cobra 11 – jener RTL-Serie, in der pausenlos russische Autoschieber samt ihrer Sattelschlepper quer über die A4 explodieren.

Oho, Pyrotechnik! Jack und Emilio hechten in Deckung. Gleich wird der »witzige« Begleiter wieder über Rückenschmerzen klagen Oho, Pyrotechnik! Jack und Emilio hechten in Deckung. Gleich wird der »witzige« Begleiter wieder über Rückenschmerzen klagen

Eines verbindet Far Cry allerdings mit aufwändiger produziertem Hollywood-Kino à la Stirb langsam 4: Auf Kinderkram wie Logik darf man das Knallgeschehen nicht abklopfen. Zum Finale der Jeep-Hatz etwa feuert Valerie ein Greifseil durchs Autodach – und den verdächtig dünnen Boden des Hubschraubers, der darüber kreist. Wobei der Heli nicht wie ein Militärvehikel aussieht, sondern wie die Elch-Beobachtungs- Flugschüssel des Naturparks von nebenan. Egal, der Hubschrauber trägt den entflammten (!) Jeep am Seil über eine Klippe. Dabei sieht man abwechselnd, wie Jack und Valerie im Fahrzeuginneren kreischen, und wie ein leerer Jeep in der Außenansicht ausbrennt. Okay, kleiner Anschlussfehler, kann passieren. Schließlich plumpst die Karre ins Meer, die Helden tauchen heraus. Zugleich zerkracht über ihnen der Heli auf der Wasseroberfläche. Und löst sich in Staub auf: Keine Trümmer stürzen herab, lediglich der Rotor gluckert an Jack und Valerie vorbei. Logisch ist die Szene nicht, aber der Höhepunkt des Films – leider schon zur Hälfte der gesamten Laufzeit.

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