Robocop - Action im Schneckentempo

Schon wieder ein Remake – und dann auch noch zu einem absoluten Genre-Klassiker. Ob Kinofans in Deckung gehen sollten oder Robocops Rückkehr ein Fest für Science-Fiction-Liebhaber ist, verrät die Filmkritik.

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Ich bin ein großer Fan des Originals, würde sogar so weit gehen, ihn als einen der besten Genre-Klassiker aller Zeiten zu bezeichnen. Dabei mag man ob des drollig-dümmlichen Titels eigentlich kaum vermuten, dass aus der ungelenken Wortkombination aus »Robo« und Appendix irgendetwas Sinnvolles hervorgehen könne. Allerdings hatte »Robocop« ein Ass im Ärmel: seinen visionären Regisseur.

Paul Verhoeven kam 1986 gerade frisch aus Holland in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und hatte eigentlich überhaupt keine Lust, sich den teils diktatorischen Hollywood-Strukturen anzupassen. Wie wir heute wissen, ist er dem Lockruf letztlich zwar erlegen, nicht aber ohne seinen frischen, noch nicht vom Mainstream aufgeweichten Stil in das Projekt einzugliedern. Obendrein betrat Verhoeven das Land mit der typisch europäischen Skepsis vor dem amerikanischen Traum.

Robocop strotzte entsprechend vor ätzender Gesellschaftskritik, die später zum Markenzeichen Verhoevens werden sollte. Er war gewalttätig bis zu einem Grad, an dem selbst die eigentlich recht lockeren Jugendschützer in den USA nicht mehr mitziehen wollten - die Kinofassung war daher selbst in den Staaten nur geschnitten zu sehen. Zudem verlieh Verhoeven seiner tragischen Kreatur Tiefe und filmte trotz der überzeichneten Brutalität mit einer bitteren Ernsthaftigkeit. Und die Action, die funktionierte obendrein - Fakt ist: Robocop rockt!

Nicht noch ein Remake…

Als die Nachricht eines Remakes über die Sendemasten dröhnte gab es Skeptiker, es gab Ungläubige. Und es gab mich, der das Projekt verteufelte, bevor es überhaupt richtig losging. Berichte von schwierigen Dreharbeiten, eine Verschiebung des Kinostarts und extensive Nachdrehs verhärteten diesen Eindruck. Dann kam der erste, furchtbar seelenlose Trailer mit all seinen CGI-Klonrobotern, cleanen Bildern und hohlen Phrasen. Ich war auf das Schlimmste gefasst.

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Die ersten Minuten mit Robocop (2014) waren also keine einfachen. Zwar schallt das Originalthema von Basil Poledouris durch den Raum, wird aber schnell gegen einen ansonsten ausgesprochen miesen Soundtrack ersetzt. Und dann - passiert erst einmal gar nichts. Samuel L. Jackson gibt hier einen Boulevard-Moderator, der eine Live-Übertragung aus dem Nahen Osten kommentiert. Dort helfen vollautomatisierte Androiden einen Krieg ohne menschliche Verluste auf der eigenen Seite zu gewinnen. Robotik sei die Zukunft, erklärt er.

Das soll scheinbar breit und ausufernd das »Robo«-Universum einführen, wäre aber auch locker in zwei Sätzen abzuhandeln gewesen. Zumal es die Handlung kaum vorantreibt. Eine schwächere Exposition hätte man sich kaum ausdenken können, so träge und spannungsbefreit ist sie. Und leider bleibt es bei diesem Tempo: Robocop schleppt sich weiter von Szene zu Szene, stellt uns nach 12 Minuten endlich Alex Murphy vor, kommt aber auch dann nicht zum Punkt.

Sci-Fi im Schneckentempo

Bis der Film endlich seinem Titel erstmals gerecht wird und den mechanischen Superpolizisten ins rechte Licht rückt, gehen rund 70 Minuten ins Land. Zu einem Zeitpunkt, wo in Verhoevens Klassiker längst die Körper in Säurebädern schmelzen, wird hier noch diskutiert, in welcher Farbe man Robocops Anzug denn nun eigentlich streichen wolle. Und nur weil Robocop dann endlich auch Robo und Cop sein darf, heißt das nicht, dass nun endlich die Schauwerte aufgefahren würden.

Denn das US-Debut von Tropa de Elite-Regisseur José Padilha hat keine Schauwerte. 90 Prozent der Action ist ohnehin am Computer entstanden und lässt daran auch nie einen Zweifel aufkommen, wenn der tonnenschwere »Robocop« mal wieder wie eine Gazelle durch die Lüfte hüpft und FlicFlacs schlägt. Der Rest beschränkt sich auf überwiegend Identitäts-befreite Designs aus dem Science-Fiction-Almanach.

Nun hatte das Original zwar auch kein revolutionäres Design, aber der dreckig-industrielle Look der Arbeiterstadt Detroit gab Verhoevens Klassiker Charakter und Wiedererkennungswert. Robocop ist einer der wenigen Achtzigerstreifen, die auch heute noch gut aussehen. Ob man dies über das Remake auch in 30 Jahren sagen kann, darf bezweifelt werden. Überhaupt fehlt es dem Remake an Ecken und Kanten. Der Verzicht auf einen echten Bösewicht fällt dabei besonders negativ auf.

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