Free2Play-Irrsinn in Hearthstone - Wenn Gier den Spaß zerstört

Blizzard verlangt von Vorbestellern 45 Euro für ein Hearthstone-Addon. Kolumnist und Hearthstone-Fan Heiko Klinge erklärt, warum ihm solch eine Preispolitik sein Lieblingsspiel verdirbt.

Wenn man mich fragen würde, mit welchem Spiel ich in den vergangenen eineinhalb Jahren die meiste Freude hatte, dann würde Hearthstone ziemlich weit oben auf der Liste stehen. Seit dem 29. Juli hat sich aber ein schwarzer Schatten auf diese Freude gelegt. Denn mit dem seit diesem Tag angebotenen Vorbestellerpaket zum nächsten Addon »Das große Turnier«fühle ich mich nicht mehr als Hearthstone-Fan, den Blizzard bestmöglich betreuen möchte. Sondern überspitzt ausgedrückt als ein Süchtiger, der von seinem Dealer nach allen Regeln der Free2Play-Kunst ausgenommen werden soll. Was ist passiert?

Zunächst einmal hat Blizzard mit seinem Sammelkartenspiel zielgenau meinen Nerv getroffen. Ich kann noch so geschafft nach einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause kommen, auf ein paar entspannte Runden Kartenkloppen habe ich immer Lust. Ich spiele nahezu täglich, besitze fast alle Karten und schaffe es damit eigentlich immer unter die besten 5 bis 10 % der monatlichen Hearthstone-Saison.

Diesen täglichen Spaß lass ich mir auch gern etwas kosten. Bis dato habe ich locker 70 Euro in Hearthstone investiert. Blizzards Kunst war es bislang, mir ein gutes Gefühl dabei zu geben. Man kann sicher darüber streiten, ob 2,69 Euro für zwei Kartenpackungen, 8,99 Euro für alternative Helden oder 17,99 Euro für ein komplettes Soloabenteuer fair sind. Für mich hat das Preis-Leistungsverhältnis aber stets gepasst. Blizzard liefert Qualität und lässt sich dafür angemessen bezahlen.

Zumal ich mir von den irrelevanten Helden einmal abgesehen auch alles erspielen kann. Als jemand, der täglich seine Quests und fünf bis zehn Partien absolviert, hatte ich eigentlich immer genug Spielwährung, um einen konstanten Kartennachschub gewährleisten zu können. Wenn ich Geld ausgeben wollte, dann war das immer eine bewusste Entscheidung meinerseits, die ich nie bereut habe. Blizzard hatte mich zwar an der Angel, aber ich war ein glücklicher Fisch.

Bis zum 29. Juli, als Blizzard den Vorverkauf für das neue große Kartenpaket »Das große Turnier« eröffnete. Das so genannte »Sonderangebot«: 50 Kartenpackungen und einen exklusiven Kartenrücken für 44,99 Euro. 44,99 Euro! Auf einen Schlag! Für ein kleines Zwischendurch-Kartenspielchen!

Wer ist denn bitte so irre und fällt darauf rein? Nun ja, ich zum Beispiel, wenn auch nur beinahe - glücklicherweise hat sich mein Verstand gerade noch rechtzeitig eingeschaltet und mich in letzter Sekunde vom Kaufklick abgehalten.

Der Autor
Heiko Klinge hat in Hearthstone bis dato 1.141 Siege gesammelt, Niederlagen werden glücklicherweise nicht gezählt. Aktuell duelliert er sich bevorzugt mit Magier- und Jäger-Decks. An Hearthstone fasziniert ihn vor allem dessen Kurzweiligkeit.
Sammelkartenspiele begeistern ihn schon seit Mitte der 90er, als er Magic für sich entdeckte. Gemeinsam mit Freunden organisierte er damals sogar eine tägliche Tauschbörse während der Schulpausen.
Er hat grundsätzlich nichts gegen Free2Play-Spiele, so lange die Entwickler mit einem gesunden Augenmaß vorgehen und vor allem auf Spielmechanismen verzichten, die User gezielt in eine Sucht- und Kaufspirale befördern. Sein derzeitiges Lieblingsbeispiel für ein vorbildliches Free2Play-System ist Path of Exile.

Wenn der Entwickler zum Dealer wird

Das Bezeichnende ist: Ich war danach richtig sauer. Zum einen und in erster Linie auf mich. 44,99 Euro für ein paar Sammelkarten, bin ich denn von allen guten Geistern verlassen? Zum anderen aber auch auf Blizzard, weil sie mit diesem Angebot eben genau darauf spekuliert haben. Für mich war das in diesem Moment kein gesundes Kunden-Entwickler-Verhältnis mehr, sondern eines zwischen einem Süchtigen und seinem Dealer. »Hey, du willst das neue coole Zeug? Gezahlt wird im Voraus, und für große Abnahmemengen. Probieren ist nicht!«

Sicher, das ist überspitzt und auch ein wenig unfair. Denn rein auf Zahlen runtergebrochen und im Hearthstone-Verhältnis ist das Angebot gar nicht mal so schlecht. Ich kann auch für Klassik- und Goblins-gegen-Gnome-Kartenpakte 44,99 Euro ausgeben, bekomme dann sogar nur 40 Packungen.

Mein Problem ist aber: Die Vorbesteller-Aktion für »Das Große Turnier« lässt mir keine Wahl. Warum kann ich nicht kleinere Pakete kaufen, gern mit einem ungünstigeren Rabatt. Bei den Soloabenteuern ging's doch auch, hier konnte ich einzelne Abschnitte für 6 Euro kaufen oder eben das Gesamtpaket für 17,99 Euro. Dieses Mal heißt es, zumindest in der Vorbestell-Phase: Entweder 44,99 Euro oder gar nichts. Direkt ins Gesicht, sobald ich den Ingame-Shop öffne. Das ist eiskalt kalkuliert und zielt einzig darauf ab, Vielspieler wie mich zum teuren Impulskauf zu verleiten. Und es wird funktionieren.

Jeder, der in Hearthstone dieser Tage den Shop öffnet, bekommt als Allererstes das Sonderangebot für 44,99 Euro vor die Nase gesetzt. Jeder, der in Hearthstone dieser Tage den Shop öffnet, bekommt als Allererstes das Sonderangebot für 44,99 Euro vor die Nase gesetzt.

Ich bin nicht naiv. Natürlich will Blizzard nicht nur tolle, langfristig motivierende Spiele entwickeln sondern auch und vor allem Geld verdienen. Dennoch habe ich sie bislang eigentlich immer zu den Guten gezählt. Zu denjenigen, die beweisen, dass Free2Play eben auch mit Augenmaß und Verantwortung funktioniert. Als Gegenentwurf für Markus »Notch« Perssons jüngst geäußerte Free2Play-Kritik, in der er dieses Geschäftsmodell mit Glückspiel und Heroin verglich.

Mit dem 44,99 Euro teuren Vorbestellerpaket hat Blizzard zumindest für mich nun aber jedes Augenmaß verloren. Und mir damit auch ein Stückweit den Spaß an meinem aktuellen Lieblingsspiel verdorben. Oder meine Sucht kuriert, je nach Perspektive.

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