Frozen Synapse im Test - Blau macht süchtig

Frozen Synapse ist ein Rundenstrategie-Spiel für all jene, die keine Rundenstrategie mögen. Und für den Rest sowieso.

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Rundenstrategie wird bisweilen nachgesagt, sie sei trocken wie ein Beduinenfurz, zugänglich wie ein Kolloquium in angewandter Quantenphysik und aufregend wie das WDR-Schulfernsehen. Frozen Synapseräumt auf mit diesen Vorurteilen: schnell gelernt, ruckzuck verinnerlicht und insbesondere im Multiplayer so spannend, dass man sich glatt das Fingernägelkauen angewöhnen könnte.

Dabei ist das Spielprinzip erstaunlich simpel. Zwei Parteien, fünf Truppentypen und eine zufällig generierte Karte im Tron-trifft-Schlumpfhausen-Look. Basisbau? Truppen-Upgrades? Erfahrungspunkte? Gibt’s nicht. Im Grunde funktioniert Frozen Synapse wie eine Runde Poker: Das Spiel – der Dealer – teilt uns eine Handvoll Einheiten aus, erstellt ein Schlachtfeld und überlässt es anschließend unserem taktischen Geschick, diese Ausgangslage cleverer zu nutzen als der Gegner.

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Das Spielprinzip: Wo laufe ich eigentlich hin?

Dass Frozen Synapse in erster Linie als Multiplayer-Strategiespiel konzipiert ist, merkt man an den Truppentypen. Dass lediglich fünf unterschiedliche Einheiten zur Verfügung stehen (MG-Schützen, Schrotflinten, Raketenwerfer, Scharfschützen, Granatenwerfer) stört in Mehrspieler-Partien kaum, weil das Balancing nahezu perfekt ausfällt. In der Kampagne hingegen wird’s mit den immer gleichen Truppentypen – und ohne Gimmicks wie Erfahrungspunkte oder Upgrades – irgendwann ein bisschen dröge.

Dafür ist das Spielprinzip angenehm ungewöhnlich: Statt genretypisch abwechselnd zu ziehen, führen beide Spieler ihre Züge in der Planungsphase parallel aus – und sind in der anschließenden Outcome-Phase zum stillen Zusehen verdammt, wenn die eben getroffenen Entscheidungen dann tatsächlich ausgeführt werden. Und zwar von beiden Seiten gleichzeitig.

Wo kaufen?
Frozen Synapse gibt’s ausschließlich als Download, entweder für 22,99 Euro über Steam oder zum gleichen Preis auf der offiziellen Website. Jeder Käufer bekommt eine zweite Version gratis dazu - als Geschenk für Freunde.

In der Praxis erweist sich dieses System als unerhört spannend für ein Genre, bei dem es sonst recht gemächlich und eher berechenbar zugeht. Der eingebaute »X-Faktor«, jenes »Ich denke, er denkt, dass ich denke« sorgt ähnlich wie beim Pokern dafür, dass wir ständig um drei Ecken taktieren.

Die hellblauen Objekte bieten Deckung und damit den besten Vorteil in einem Feuergefecht – allerdings nicht gegen anfliegende Raketen. Die hellblauen Objekte bieten Deckung und damit den besten Vorteil in einem Feuergefecht – allerdings nicht gegen anfliegende Raketen.

Wo wir in anderen Strategiespielen über Angriffswerte, Bewegungspunkte oder Panzerung brüten, erweist sich die taktische Aufgabenstellung bei Frozen Synapse als grundsätzlich viel banaler. Die Frage in jeder Runde lautet zunächst: Wo laufe ich mit meinen fünf Einheiten überhaupt hin, und in welche Richtung gucke ich dabei?

Wenn wir beispielsweise unsere MG-Schützen versehentlich in den Schuss- und Sichtbereich feindlicher Schrotflinten-Träger bewegen, dann sind sie weg. Das Blickfeld spielt also eine wesentliche Rolle. Mit Konzepten wie Lebenspunkte hält sich Frozen Synapse indes nicht auf, nach nur einem Treffer segnet jede Einheit das Zeitliche.

Das Kampfsystem: Falschgucker werden erschossen

Statt der Lebenspunkte kommt ein ebenso einfaches wie geniales System zum Einsatz. Wenn zwei verfeindete Einheiten in den gegenseitigen Sicht- und Schussbereich laufen, bestimmt Frozen Synapse anhand einiger Faktoren, wer das anschließende Feuergefecht gewinnt. In Deckung befindliche Truppen schlagen ungeschützte, Stillstand schlägt Bewegung. Und wer in die falsche Richtung guckt, schlägt bloß sich selbst, weil er den Feind nicht kommen sieht.

Im umfangreichen Editor ist Vorsicht geboten, denn aus dem feinen Balancing-Gefüge wird mit einigen unbedachten Handgriffen schnell eine einseitige Geschichte. Im umfangreichen Editor ist Vorsicht geboten, denn aus dem feinen Balancing-Gefüge wird mit einigen unbedachten Handgriffen schnell eine einseitige Geschichte.

So simpel dieses grundlegende Prinzip auch sein mag – alleine mit Hinlaufen und richtig Gucken lässt sich natürlich kein Blumentopf gewinnen. Über ein Kontextmenü können wir unseren Jungs deshalb gezielte Befehle erteilen. Spätestens hier offenbart sich die gesamte Komplexität von Frozen Synapse.

So ist es bisweilen sinnvoll, das automatische Feuern zu deaktivieren, damit die Einheit einfach drauflos stürmt. Das ermöglicht beispielsweise schnelle Vorstöße auf gut gesicherte Scharfschützen. Oder wir lassen unsere Infanterie kurzerhand ein paar Sekunden warten, weil wir vermuten, dass der Gegner seine Einheit um eine bestimmte Ecke ziehen wird - woraufhin wir sie ungefährdet von hinten erwischen könnten.

Und auch die Waffen selbst spielen eine Rolle, jede Einheit hat andere Talente. Grenadiere etwa können (dank Abprallern) um die Ecke schießen – vorausgesetzt, der Gegner ist noch da, wenn die Granate ankommt. Raketenwerfer wiederum können Wände zerbröseln und eignen sich daher bestens gegen verschanzte Gegner.

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