Gamescom-Fazit - Konnte überzeugen, aber nicht begeistern

203.000 Besucher waren 2008 auf der Games Convention in Leipzig. 245.000 Besucher sollen auf der Gamescom in Köln gewesen sein. Diese Zahl, 245.000, sagt: die Gamescom war ein Erfolg. Transplantation geglückt, Deutschland hat weiterhin eine bedeutende Spielemesse, die aus dem Stand die bestbesuchte der Welt ist. Das beeindruckt und beruhigt.

Der Nordeingang des Kölner Messegeländes Der Nordeingang des Kölner Messegeländes

Nur: Zu einer bedeutenden Spielmesse gehört weit mehr als ein Besucherrekord, der im riesigen Einzuggebiet des Ruhrpotts nicht nur zu erwarten, sondern eine Selbstverständlichkeit war; alles unter 200.000 Besuchern wäre für Köln eine Demütigung gewesen. Die gamescom in Köln hat einen gelungenen Auftakt ohne offensichtliche Pannen hingelegt, und sie hat Leipzig numerisch locker geschlagen. In vielen anderen Feldern blieb die neue Messe aber hinter der Games Convention zurück. Die gamescom konnte überzeugen, aber nicht begeistern.

Es mag da nur eine kleine Rolle spielen, dass die Kölner Messehallen mit ihrem kühlweißen Hauptgang - wie fast jeder Messeveteran anmerkte - wesentlich steriler wirken als das architektonisch interessante Leipziger Messezentrum. Details, Details. Aber solche Beobachtungen sind symptomatisch dafür, dass der Kölner Messe bislang der Charme abgeht. Leipzig war auch deshalb beliebt, weil für eine Woche die ganze Stadt als Spielerherz zu pulsieren begann. In Köln spielte sich die Games-Begeisterung im Wesentlichen innerhalb des Messegeländes ab. Drinnen Spiele, draußen Köln. Dabei fehlte es der Stadt und den Organisatoren nicht am Willen, nur wohl an der Tradition: Leipzig ist über sechs Jahre mit der Messe gewachsen. Die Kölner müssen sich erst mal mit ihr anfreunden.

Am Bizzard-Stand sorgten lange Schlangen für entsprechende Wartezeit. Am Bizzard-Stand sorgten lange Schlangen für entsprechende Wartezeit.

Wesentlich schwerer wiegt, dass die großen Aussteller offensichtlich nicht auf den Publikumsandrang vorbereitet waren. Seit einigen Jahren fahren die großen Publisher ihren Aufwand bei Messeständen zurück; Wirtschaftskrise und generelle Vorsicht wegen des Messe-Neuanfangs in Köln mögen zusätzlich dazu beigetragen haben, dass die Angebote trotz großer Standflächen konservativ geplant waren. Vor allem Microsoft hielt sich stark zurück, die vergleichsweise kleine Ausstellungsfläche stand in keinem Verhältnis zur Bedeutung des Xbox-Herstellers. Entsprechend wurden die Stände vor allem am Wochenende von Besuchern regelrecht überflutet. Bis zu vier Stunden mussten Geduldige warten, um bei BlizzardDiablo 3 anspielen zu können; auch bei praktisch allen anderen großen Herstellern waren stundenlange Wartezeiten notwendig. Am Samstag mussten die Hallen teilweise wegen Überfüllung geschlossen werden. Das kannte man zwar auch von der Games Convention. Aber dort verteilten sich die Besucher besser auf die Attraktionen.

Die Wartezeiten drückten auf die Stimmung vieler Besucher: Zu viele Menschen, zu wenig zu sehen und zu tun. Das muss sich nächstes Jahr ändern.

Dass die gamescom im Schatten der neu erstarkten E3 steht, die im Juni in Los Angeles stattfand, zeigte sich vor allem bei dem Spielen. Für Fachbesucher war das Programm ernüchternd. Außer Fable 3 für die Konsolen und Guild Wars 2 für den PC gab es auf der gamescom keine Neuankündigung von Weltrang. Hinter den Kulissen wurden oft Versionen gezeigt, die man bereits von der E3 kannte. Weil neue Informationen und neues Material vergleichsweise dünn gesät waren, blieb die Berichterstattung der Fachmedien deutlich hinter der E3 zurück. Das Medienecho der gamescom im Fernsehen, im Radio und in Tageszeitungen war groß, von der Tagesschau bis zum Regionalsender berichtete fast jeder aus Köln, was die Spiele für ein paar Tage prominent ins Licht der Öffentlichkeit rückte. Nur war das bei der Games Convention in Leipzig ganz genauso.

Was hinter den Kulissen an starken Spielen fehlte, machte dafür das Angebot an den Ständen wett. Die große Stärke der deutschen Spielemesse ist seit jeher, dass sie für jedermann offen ist, nicht nur (wie die E3) für Fachleute. Entsprechend konnten die Besucher viele kommende Blockbuster selbst anspielen, von Need for Speed: Shift über Risen und Starcraft 2 bis hin zu Operation Flashpoint: Dragon Rising. Wer die Wartezeiten verschmerzen konnte oder bereits am wesentlich ruhigeren Donnerstag da war, bekam auf diese Weise einen einzigartigen Überblick über die Hits des Herbsts. Daneben sorgten zahlreiche Bühnenprogramme (allen voran das von Sony am Playstation-Stand), Show-Aktionen und kreativ gekleidete Hostessen für ein Unterhaltungs-Grundrauschen in den Hallen, das dem von Leipzig ebenbürtig war.

Am GamePro und GameStar-Stand moderierten Alexandra Polzin und Fabian Siegismund. Am GamePro und GameStar-Stand moderierten Alexandra Polzin und Fabian Siegismund.

Besonders erfolgreich war die Messe – soviel Eigenlob darf sein – für GamePro und GameStar. Am großen Stand in Halle 6 sammelte sich durchgehend eine Traube von Menschen vor der Bühne und verstopfte den Weg zum Bethesda-Stand; auf der Bühne gaben sich Prominente wie der Hip-Hopper Afrob, Spieledesigner wie das Risen-Team und Redakteure die Klinke in die Hand, unterhaltsam präsentiert von der Profi-Moderatorin Alexandra Polzin und unserem hauseigenen Naturtalent Fabian Siegismund. Am Freitagabend gab’s als Krönung die Abo-Party in der Nachtschicht, die beinahe aus den Nähten platzte. Wir sind uns ziemlich sicher, dass die Gäste dort genauso viel Spaß hatten wie wir; jedenfalls legen die zahlreichen Beweisfotos das nahe.

Die nächste gamescom ist schon angekündigt: vom 18. bis 22. August 2010. Dann sind in Nordrhein-Westfalen, anders als dieses Jahr, noch Schulferien. Die Messe und die Aussteller dürfen sich schon mal darauf einstellen, was das für die Besucherzahlen bedeutet.

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