Gefangen im Netz - Über die Gefahren der Internetsucht

Ob Onlinespiele, Shopping oder Kontaktbörsen, das Internet boomt und immer mehr Menschen verbringen ihre Freitzeit zunehmends in den virtuellen Weiten des weltweiten Netzes. Während wir in GameStar bisher vor allem die Spielesucht thematisiert haben, widmet sich dieser Artikel der Internetsucht in all ihren Facetten. Urpsrünglich sollte dieser Report nur im Clubblog des GSPB-Kummerkastens erscheinen. Die GameStar-Userin »Mallory« hatte ihn als Zusammenfassung und Hilfe für direkt- oder indirekt betroffene Community-Miglieder verfasst. Da das Thema nach unserer Ansicht für alle Leser interssant ist, haben wir das Angebot der Autorin gerne angenommen, den Artikel auf GameStar.de zu veröffentlichen.

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„China will als weltweit erstes Land die Internetsucht zu einer anerkannten Krankheit machen“, verkündet eine GameStar-News vom 12. November 2008. In Anbetracht der Tatsache, dass die definierte Internetsucht in Deutschland noch nicht existiert, ist es immer wieder interessant, wenn das Thema dann und wann dem Orkus der Massenmedien entsteigt und für hysterische Reaktionen auf Seiten des Partners, der Eltern oder anderer Personen des sozialen Umfeldes sorgt. Vor dem Hintergrund der Nachricht, dass ein Land die Krankheit als solche tatsächlich anerkennt, sollte sich jeder Nerd einmal selbst mit der Problematik befassen, um das Feld nicht ZEIT, Spiegel und Co zu überlassen, die wieder die Gunst der Stunde nutzen werden, um Vorurteile gegenüber unserem Lieblingshobby zu zementieren.

Was ist Internetsucht?

Bereits 1995 fiel das erste Mal der Ausdruck „Internetsucht“, allerdings in einem scherzhaften Kontext. Der amerikanische Psychiater Ivan Goldberg erwartete belustigte Reaktionen und erhielt stattdessen Feedback von Menschen, die sich von der Krankheit betroffen fühlten. Seitdem wurde die Thematik immer wieder von Wissenschaftlern untersucht und analysiert. Die erste Prominenz dieses Feldes war die ebenfalls amerikanische Psychologin Kimberly Young, die Goldbergs Grundgedanken folgend die Definitionsmerkmale des Pathologischen Glücksspiels auf den Bereich des Internets übertrug, da noch keine eigene Definition für das Phänomen existierte.Internetsucht gehört zu den nichtstofflichen Süchten und unterteilt sich in der Fachliteratur überwiegend in die Bereiche Kommunikation, Sex, Spiele und Onlineshopping.

Onlinesucht ist in Deutschland keine anerkannte Krankheit, Experten sprechen von einem „pathologischen Internetgebrauch“ oder von „Internet Addiction Disorder“, also „Internetabhängigkeit“. Auch der Begriff „Internetsucht“ ist nicht klar definiert, wird hier aber der Einfachheit halber benutzt. Zwei Faktoren kristallisieren sich heraus: die Befriedigung des Spieltriebes und Erfüllung des Zuwendungsbedürfnisses, sowie die Kombination aus Realitätsflucht mit der Möglichkeit, unbegrenzt mit der eigenen Identität zu experimentieren. Wissenschafter vermuten, dass der Internetsucht eine Störung der Impulskontrolle zugrunde liegt. Menschen mit solch einer Störung können Verhaltensweisen nicht widerstehen, die sich schädlich gegen sie selbst auswirken.

Nicht nur Männer betroffen

Im Rahmen einer Studie der Humboldt-Universität wurden über 8.000 User zur Thematik befragt. 3,2% erfüllten das formulierte normative Kriterium der Internetsucht, weitere 6,6% wurden als kritisch eingestuft. Bis zum Alter von 18 Jahren sind männliche User doppelt so häufig von Internetsucht betroffen wie Frauen; dieses Verhältnis kehrt sich nach dem 19. Lebensjahr allerdings um, und mit zunehmendem Alter sind proportional zur Gesamtzahl mehr Userinnen betroffen. Die Linie zwischen normalem Gebrauch und Sucht ist nicht einfach zu ziehen.

Bernad Batinic, Wissenschafter im Fachbereich Psychologie der Universität Gießen, sagt in „OnlineSucht – wenn Mailen und Chatten zum Zwang werden“ (Gabriele Farke, Kreuz-Verlag): „Um süchtig zu werden, müssen bestimmte psychische Schäden bereits vorhanden sein, etwa Depressionen oder eine narzisstische Persönlichkeitsstörung.“ Ebenso gibt es in Bezug auf die Internetsucht keinen Automatismus – es wird nicht jeder User automatisch zum exzessiven Nutzer. Bei entsprechender Veranlagung jedoch läuft man Gefahr, in die schöne, neue Welt abzudriften.

Alle soziale Schichten

So etwas wie eine „Suchtpersönlichkeit" gibt es allerdings nicht. Die Ergebnisse der bisherigen Suchtforschung geben Anlass zu der Vermutung, dass bei der Entstehung einer Sucht mehrere Faktoren zusammenwirken, beispielsweise Vererbung, Familiengeschichte, Ernährung, Stressniveau, allgemeine Gesundheit, psychische Faktoren und Stärke der Suchtquelle („Suchtfalle Internet“, David N. Greenfield, Walter-Verlag).

So sind labile Menschen generell suchtgefährdeter als Personen, die über ein stabiles Umfeld verfügen. „Je stabiler die soziale, berufliche und gesellschaftliche Einbindung eines Menschen ist, desto geringer ist die Gefahr, einer Sucht zu verfallen“, schreibt Farke („Onlinesucht“, Farke, Kreuz-Verlag). Internetsucht zieht sich durch sämtliche soziale Schichten, alle Altersgruppen, betrifft Männer wie Frauen und jegliche Berufsgruppen. Gerade Menschen mit Vorbildfunktion, die keine Schwächen zeigen sollen, empfinden das Internet als ausgleichenden Raum, weshalb sich laut Farke auch Mediziner, Richter und eine ähnlich vermeintlich erfolgreiche Klientel häufig unter den Betroffenen finden lassen. Im Internet darf jeder einfach nur Mensch sein und muss nicht mehr auf seine gesellschaftliche Stellung achten.

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