Eigentlich wollte Nvidia seine kommende DirectX-11-Grafikkarte bis Ende 2009 in den Handel stellen - rund drei Monate nach Dauerrivale AMD. Bis heute ist die voraussichtlich 500 Euro teure High-End-Platine Geforce GTX 480 noch immer nicht auf dem Markt. Erst Anfang Januar hat Nvidia den GF100-Grafikchip im Zusammenhang mit Spielen präsentiert, bisher stand der professionelle Einsatz in Supercomputern im Vordergrund. Wie bei der Geforce-GTX-200-Generation baut Nvidia erneut ein schnelles, aber teures und extrem Strom hungriges Design, dass nur schwer leise zu kühlen sein wird. AMD geht seit der Radeon HD 3800 einen anderen Weg und setzt auf effiziente, leise Grafikkarten mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis.
Über die technische Seite der neuen Grafikkarte haben wir in den letzten Tagen bereits ausführlich berichtet, nun fassen wir die Ereignisse der letzten zwölf Monate zusammen und untersuchen, warum sich Nvidias DirectX-11-Debut so sehr verzögert hat. Eine beinahe unendliche Geschichte.
Windows 7 und DirectX 11
Auf der Cebit 2009 werfen Windows 7 und DirectX 11 ihre Schatten voraus. Neugierige Journalisten, darunter die Redakteure von GameStar, recherchieren auf allen Kanälen (Grafikkarten-Hersteller, Gerüchteküche, allabendliche Messe-Parties, befreundete Techniker, Entwicklungsleiter großer Spielestudios) nach der kommenden 3D-Generation. Nach und nach stellt sich heraus, dass AMD pünktlich zum Windows-7-Start am 23. Oktober 2009 seine DirectX-11-Grafikkarten Radeon HD 5870 und Radeon HD 5850 verkaufen können wird.
Letztlich kommen die Karten sogar einen Monat früher, allerdings in anfangs winzigen Stückzahlen. Nvidia posaunt auf der Cebit: Bis zum Erscheinungstermin von Windows 7 ist auch die DirectX-11-Geforce fertig. Die besser Informierten haben Zweifel, besonders die Techniker der Grafikkarten-Hersteller signalisieren Skepsis. Stand der Akte DirectX 11 Ende März 2009: AMD ist zuerst dran, aber Nvidia kontert spätestens bis Weihnachten.
Für eine handvoll Fermi-Chips
Anfang Juni 2009 zeigt AMD auf der Computex-Messe in Taiwan stolz einen Wafer - eine große Siliziumscheibe, aus der Computerchips gefertigt werden. In diesem Fall nicht irgendeinen, sondern mit den mit Spannung erwarteten DirectX-11-Chips. Die ersten Prozessoren sind also gefertigt, der sogenannte Tape-Out somit passiert. Auf Basis dieser Chips wird die Radeon HD 5000 zur Marktreife weiterentwickelt und schließlich am 23. September offiziell vorgestellt.
Von Nvidia gibt es auf der Computex keine neue Wasserstandsmeldung. Fast zwei Monate später, am 29. Juli 2009 berichtet die oft richtig, aber auch manchmal falsch liegende Internet-Gerüchteküche SemiAccurate.com als erste über einen Tape-Out von Nvidias kommendem Fermi-Grafikprozessor mit DirectX-11-Unterstützung. SemiAccurate-Redakteur Charlie Demerjian rechnet vor, wie lange es von der Fertigung der ersten Charge bis zum verkaufsfertigem Produkt dauern wird und prophezeit: Frühestens Anfang 2010, eventuell erst Mitte 2010 wird Nvidia zurück schlagen können, mit dem auf der Cebit angekündigten Angriff zu Weihnachten sei es Essig.
Am 15. September, kurz vor der Markteinführung der ersten DirectX-11-Karten durch AMD, legt SemiAccurate neue Informationen nach: Der Anteil der funktionierenden Fermi-Chips auf einem Wafer läge unterhalb von 2 Prozent. Üblich für so einen komplexen Grafikprozessor, der in einem neuen Fertigungsprozess entsteht, seien wenigstens 30 Prozent. Davon unbeeindruckt dementiert Nvidia etwaige Probleme mit der DirectX-11-Geforce.
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