Kolumne: Episodenspiele sind doof - Geschnitten oder am Stück?

Ann-Kathrin Kuhls sieht dunkle Wolken am Horizont: Neben vielen Indie-Entwicklern interessieren sich jetzt auch größere Publisher für Spiele im Episodenformat. Werden zukünftig auch Großproduktionen in Einzelteilen abgeliefert?

Ich mag Spiele im Episodenformat nicht. Ich habe nichts gegen episodisches Erzählen, sonst könnte ich ja keine einzige Fernsehsendung mehr schauen.

Aber wenn Entwickler Telltale seinen nächsten Titel im gewohnten Format ankündigt, rolle ich schon reflexartig mit den Augen. Nicht, dass mich die Geschichten nicht mitreißen würden. Aber ich will einfach nicht so lange zwischen den Episoden warten.

Womit ich mich in meiner Ungeduld gerade noch anfreunden kann, ist ein kurzer Release-Zeitraum. Wenn ich weiß, dass die nächsten Teile bald kommen, nehme ich die Warterei eventuell in Kauf. Dafür müssen sie aber wirklich regelmäßig (!) über einen relativ kurzen (!) Zeitraum erscheinen, um mich bei der Stange zu halten.

Konsequent durchgezogen wird das jedoch kaum. Wie lange lag noch mal gleich zwischen der ersten und zweiten Episode von Tales from the Borderlands? Vier Monate? Lächerlich!

Auch gute Cliffhanger verlieren durch zu viel Wartezeit ihre Wirkung. Auch gute Cliffhanger verlieren durch zu viel Wartezeit ihre Wirkung.

Elende Zuspätkommer

Auf das Erscheinen zu einem vorher festgelegten Termin kann ich mich selten verlassen, Spiele wie Wolf Among Us zeigen das sehr deutlich. Da kann der Cliffhanger noch so gut gestaltet sein: Wenn die Fortsetzung immer und immer wieder verschoben wird, vergesse ich sie entweder, oder ich verbanne sie aus Trotz aus meinem Kopf, weil ich keine Lust mehr habe, ewig auf einen weiteren Teil von Wolfssheriff Bigbys Mörderjagd zu warten. Die kurze Spielzeit sollte eigentlich garantieren, dass die Spielehäppchen wegen des überschaubaren Arbeitsaufwands termingerecht erscheinen können. Aber Pustekuchen!

Zu lange Pausen kratzen auch am Spielspaß: Als der zweite Teil von Broken Age auf den Markt kam, hatte ich den ersten mitsamt seinen Hinweisen bereits wieder vergessen, und musste noch einmal von vorne anfangen. Da hätte es auch gleich am Stück erscheinen können.

Die Autorin
Ann-Kathrin Kuhls hat keine Geduld. Serien schaut sie so lange am Stück, bis ihr die Augen viereckig werden, und neue Folgen hätte sie am liebsten gestern. Trotzdem ist sie nicht grundsätzlich gegen Episodenspiele. Wohl aber dagegen, wie sie momentan umgesetzt werden.

Aus Groß mach Klein(teile)

Außerdem: Nachtigall, ick hör dir trapsen! Denn langsam bekommen neben den Indie-Entwicklern offenbar auch die großen Publisher Wind vom Episodentrend. Siehe Capcom, die ihr letztes Resident Evil: Revelations 2 in Kleinteilen rausgebracht haben. Das mag jetzt pessimistisch klingen, aber ein Konzept kann mit noch so guten Absichten entwickelt worden sein, irgendjemand wird es zwangsläufig aus fragwürdigen Absichten auf links drehen.

Okay, Revelations 2 erschien zwar regelmäßig, die Cliffhanger am Ende der Episoden wirkten jedoch sehr gezwungen, so als müssten in eine eigentlich fertige Handlung auf Teufel komm raus noch drei spannende Schnittmarken gedrückt werden. So fühlte sich Revelations 2 mehr wie ein Vollpreisspiel an, das aus Marketinggründen zerstückelt wurde.

Reveleations 2 wirkt, als hätte man das Spiel nur zu Marketingzwecken aufgeteilt. Reveleations 2 wirkt, als hätte man das Spiel nur zu Marketingzwecken aufgeteilt.

Denn mehrere Teile bedeuten mehrere Releasetermine, und mehrere Releasetermine bedeuten mehr Aufmerksamkeit. Das Interesse am Spiel wird so künstlich in die Länge gezogen. Statt nur einmal bringt Capcom sein Resident Evil gleich viermal ins Gespräch und in die Berichterstattung. Zwanzig Kekse über einen Tisch verteilt nehmen schließlich mehr Platz ein als eine Prinzenrolle.

Bei Episodenformaten könnte ein auf Gewinnmaximierung gebürsteter Publisher (und welcher ist das nicht?) außerdem viel besser einschätzen, ob es sich lohnt, in Zukunft mehr oder weniger Geld für das Projekt locker zu machen. »Ach, läuft eh nicht so gut? Dann schrauben wir den Aufwand für die nächsten Kapitel halt zurück. Liefern müssen wir nämlich, einige haben ja schon den Season Pass bezahlt.«

Na gut, ich male den Teufel an die Wand, aber allein die Vorstellung, dass Episodenformate auch abseits der Indies Fuß fassen, treibt mir einen Schauer über den Rücken. Von einem zukünftigen Assassin’s Creed erst mal nur der Prolog und dann die einzelnen Stadtteile in Häppchen? Nein danke, lieber nicht.

Die Gegen-Kolumne: Episodenspiele sind gut!

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