Gravel im Test - Verzichtbar-unterhaltsamer Offroad-Racer

Milestone ist bekannt für seine Rennspiele mit realistischem Ansatz. In ihrem neuesten Werk setzen die Italiener auf ein wesentlich arcadigeres Spielkonzept.

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Konkurrenz für Dirt 4 und Forza Motorsport? Gravel im Test. Konkurrenz für Dirt 4 und Forza Motorsport? Gravel im Test.

Mit rund 150 Mitarbeitern ist das Mailänder Studio Milestone nicht gerade ein kleiner Fisch. Das Portfolio der Italiener umfasst vor allem Rennspiele - lange waren sie der Entwickler der Rally-Serie WRC, alljährlich kommen Freunde des Motorrad-Rennsports in MotoGP auf ihre Kosten. Nun bringt Milestone mit Gravel ein reines Offroad-Rennspiel auf Basis der Unreal Engine 4.

Auf Buckelpiste und querfeldein

In Gravel schlüpft ihr die Rolle eines neuen Sterns am Offroad-Himmel. Mit einem von 45 Rallyautos, vom Lancia Delta S4 bis zu Trophy Trucks wie dem Ford F-150 Raptor, tretet ihr in vier Rennkategorien an.

In Cross Country jagt ihr so ähnlich wie in den Querfeldein-Rennen von Forza Horizon 3 durch Landschaften in Alaska, Namibia oder den französischen Alpen. In Stadium Circuits fahrt ihr auf kurzen Buckelpisten um den Sieg, hinter Wild Rush stecken spezielle Kurse wie ein Steinbruch in Australien.

Gravel - Trailer ziegt den Karriere-Modus + Renn-Gameplay Video starten 1:31 Gravel - Trailer ziegt den Karriere-Modus & Renn-Gameplay

Während die Pisten der genannten Disziplinen der Fantasie des Entwicklers entspringen, fahrt ihr in Speed Cross auf authentisch nachgebildeten Rallycross-Strecken. Das Angebot umfasst neun der 16 Kurse der FIA World Rallycross Championship 2017, darunter Lånkebanen in Norwegen oder der Circuit Trois-Rivières in Kanada. Die gefühlte Vielfalt bleibt trotz der insgesamt 51 Strecken respektive Streckenvarianten überschaubar. Die Unterschiede bei Verlauf und Länge etwa der zehn Layouts in Alaska fallen wegen der sehr ähnlichen Umgebung kaum ins Gewicht.

Gravel bietet aber mehr als nur die vier allgemeinen Rennkategorien. Zu den Disziplinen zählen neben normalen Rundkurs- und Checkpoint-Rennen auch Eliminierungs-Wettbewerbe, bei denen in festen Zeitabständen der Letztplatzierte rausfliegt.

In Smash-Up hingegen müsst ihr auf dem Weg zum Ziel Tafeln mit grünen Pfeilen überfahren, und die mit einem roten X heil lassen. Anders als sonst dürft ihr hier die Rückspulfunktion nicht verwenden, schwer ist die Aufgabe trotzdem nicht. So ähnlich wie in den Zeitrennen seid ihr zudem ohne Gegner unterwegs. Dummerweise habt ihr bis ins Ziel keinen verlässlichen Indikator, ob ihr gerade gut oder schlecht in der Zeit liegt. In Anbetracht der meist nur drei bis sechs Minuten kurzen Rennen ist das aber nicht dramatisch. Gewinnen müsst ihr in der Karriere aber ohnehin nicht jedes einzelne Event.

In Sonderevents wie Smash-Up seid ihr ohne direkten Gegner unterwegs. Ob ihr gut in der Zeit liegt oder nicht, erfahrt ihr erst beim Überfahren der Ziellinie. In Sonderevents wie Smash-Up seid ihr ohne direkten Gegner unterwegs. Ob ihr gut in der Zeit liegt oder nicht, erfahrt ihr erst beim Überfahren der Ziellinie.

Lahme Pflichtkarriere

Die Karriere in Gravel heißt Off-Road-Masters. Karriere ist allerdings nur ein begrenzt zutreffender Begriff. Tatsächlich spult ihr eine Reihe von Einzelevents in einer der vier Kerndisziplinen ab und sammelt Sterne zur Freischaltung der nächsten Eventstufe. Alle paar Stufen wartet dann der Meister einer der Disziplinen, den ihr im Duell schlagen müsst. Ganz am Ende trefft ihr schließlich noch auf den Herrscher aller Klassen.

Milestone bemüht sich durch kurze Einspieler, diesen Begegnungen mehr Dramatik zu verleihen. Der deutsche Sprecher, der auch jedes andere Event mit einem Kommentar einleitet, macht seine Sache sogar besser als seine Pendants in vielen anderen Rennspielen. Spannender wird der Ablauf der grob acht Stunden langen Karriere dadurch allerdings nicht.

Die fünf Meisterfahrer müsst ihr in Duellrennen besiegen. Hier treten wir gegen den »Stadium Circuits«-Champ auf einer matschigen Buckelpiste an. Die fünf Meisterfahrer müsst ihr in Duellrennen besiegen. Hier treten wir gegen den »Stadium Circuits«-Champ auf einer matschigen Buckelpiste an.

Der lineare Spielaufbau schlägt sich auch in anderen Bereichen negativ auf die Motivation durch, denn auch Fahrzeuge schaltet ihr in Gravel in festgelegter Reihenfolge frei. Es ist also nicht möglich, gezielt auf eure Lieblingskarre hinzuspielen. Tuning-Optionen gibt es keine, später erhaltet ihr lediglich zusätzliche Lackierungen.

Ärgerlich ist, dass Milestone die Off-Road-Masters praktisch zu einer Pflichtübung macht. Ihr dürft zwar auch einzelne Events über das Hauptmenü wählen, verfügbar sind allerdings bloß die Strecken, die ihr bereits in der Karriere gefahren seid. Die Fahrerstufe selbst könnt ihr dort immerhin ebenfalls erhöhen. Die Punkausbeute hängt vor allem vom Rennergebnis ab. Ihr sammelt durch Drifts, Sprünge und ähnliche Aktionen aber zusätzlich sogenannte Show-Points, die den Fortschritt beschleunigen.

Onlinerennen dürft ihr ebenfalls fahren. Zudem wartet wöchentlich eine Herausforderung darauf, von euch bezwungen zu werden. Die sind tatsächlich kniffliger als die meisten Rennen der Karriere.

Auf dem Schnee ist es spürbar glatter. Aber nur, wer es mit dem Gasgeben maßlos übertreibt, kommt häufiger von der Piste ab. Auf dem Schnee ist es spürbar glatter. Aber nur, wer es mit dem Gasgeben maßlos übertreibt, kommt häufiger von der Piste ab.

Arcadiges Fahrmodell, tolles Geschwindigkeitsgefühl

Siege sind aber bereits auf dem zweiten der drei Schwierigkeitsgrade nicht immer ein Selbstläufer. Das liegt zum einen am mittelstark ausgeprägten Gummiband, gerade auf den engeren Kursen, aber auch an der sturen Fahrweise.

Die KI passt ihre Fahrlinie nämlich allenfalls minimal an die Rennsituation an. Obwohl sie nicht aggressiv agiert, kommt es deshalb immer wieder zu Berührungen, die euch zur Seite drücken oder gar zu einem Dreher führen. Korrigieren könnt ihr solche Ablenkungen oder auch eigene Fahrfehler aber recht leicht.

Die KI agiert sehr zahm. Da sie jedoch ziemlich stur ihrer Linie folgt, kommt es dennoch ab und an zu Berührungen. Die KI agiert sehr zahm. Da sie jedoch ziemlich stur ihrer Linie folgt, kommt es dennoch ab und an zu Berührungen.

Das Physikmodell in Gravel ist klar auf Arcade-Racer getrimmt. Wie nichts fliegt ihr hier also über Wüstendünen oder unsteten Waldgrund, als wenn Gott höchstpersönlich die ultimativen Einstellungen für Bodenhaftung, Federung und Co. eingebaut hätte. Das ändert der Verzicht auf Stabilitätskontrolle und andere Fahrhilfen etwas. Zur Rennsimulation wird Gravel dadurch aber nie.

Obwohl ihr nicht oft den Fuß vom Gas nehmen müsst, sind kleinere Simulationsanteile vorhanden. Auf den Schneestrecken ist der teils spiegelglatte Untergrund genauso fühlbar wie das lockere Geröll in Australien. Auf Asphalt rutscht ihr merklich schneller, wenn ihr auf derselben Strecke bei Regen fahrt. Gravierende Unterschiede ergeben sich daraus für die Fahrweise aber nicht.

Auch die Unterschiede zwischen einem kleinen Subaru Impreza oder einem dicken Hummer E3 sind nicht allzu groß. Spaß macht das Fahrmodell aber dennoch. Das verdankt Gravel in erster Linie dem starken Geschwindigkeitsgefühl. Das kommt am besten mit Front- oder Motorhaubenkamera zur Geltung, aber auch in Außen- oder Cockpitansicht können wir nicht klagen.

Das Geschwindigkeitsgefühl ist generell sehr gut, kommt am besten jedoch mit der Frontkamera oder (wie hier) in der Motorhaubenperspektive zur Geltung. Das Geschwindigkeitsgefühl ist generell sehr gut, kommt am besten jedoch mit der Frontkamera oder (wie hier) in der Motorhaubenperspektive zur Geltung.

Kaum Matsch auf der Matschpiste

Gravel ist ein hübsches Spiel. Gerade die Wälder in den Tropen oder Kanada sowie der Detailgrad der Fahrzeuge können sich sehen lassen. Um die Strecken herum ist zudem vergleichsweise viel los, auch wenn das Publikum auf den Tribünen statisch bleibt.

Milestone spart bei der Grafik allerdings teils an den falschen Stellen. Fahren wir durch vom Vordermann aufgespritztes Wasser, bleibt unsere Windschutzscheibe trocken. Wenn es regnet, bildet sich ein seltsamer Schleier, der nicht wirklich nach Wasser aussieht. Und obwohl wir oft durch Matsch oder im Wald durchs Unterholz brechen, sieht man am Wagen relativ wenig - auch das Schadensmodell ist eher rudimentär.

In diesem Bereich tut Codemasters etwa in Dirt 4 deutlich mehr zur Verbesserung von Atmosphäre und Authentizität. Dank der wechselnden Tageszeiten ergeben sich in Gravel immerhin meist schöne Lichtstimmungen, wenn wir im Scheinwerferlicht über die Piste brettern oder am frühen Morgen die Sonne zwischen den Baumwipfeln auftaucht. Aber auch die können über die gelegentlichen Framedrops und auffällige Texturnachlader nicht hinwegtäuschen.

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