Hass auf DLC - Kolumne zum Aufstieg der Download-Addons

»Download Content« heißt das neue Schreckgespenst der Spielewelt. Jedem neu angekündigten DLC spuckt die Community Gift und Galle entgegen. Die Publisher sehen die kostenpflichtigen Mini-Downloads hingegen als Hoffnungsträger in einem Markt, der durch Software-Piraterie und steigende Produktionskosten bedroht ist.

Das erste DLC für Oblivion und eines der ersten DLCs überhaupt war diese Pferderüstung. Kein guter Start. Das erste DLC für Oblivion und eines der ersten DLCs überhaupt war diese Pferderüstung. Kein guter Start.

Los ging’s 2006 mit einer Pferdedecke für The Elder Scrolls: Oblivion (Kostenpunkt: 1,60 Euro), es folgten Multiplayer-Karten für diverse Shooter, Quest-Addons bei Rollenspielen von Fallout 3 bis Mass Effect, und zuletzt brachte ein Bezahlinhalt für den Actiontitel Saboteur sogar nackte Tatsachen ins Spiel (nur auf Konsole). Die Rede ist von DLCs (Download Content), also von Download-Paketen, die das Originalspiel erweitern und in der Regel kostenpflichtig sind. Bei den Spielerschaft sind DLCs nicht sonderlich beliebt, zugegriffen wird trotzdem oft genug. Kein Wunder also, das immer mehr Publisher Bezahlinhalte zu ihren Spielen anbieten. Kein großer Titel erscheint dieser Tage ohne dazugehörige DLC-Ankündigung. Bei manchen Spielen stehen erste Download-Erweiterungen bereits zum Veröffentlichungstermin bereit. So geschehen beim Bioware-Rollenspiel Dragon Age: Origins, und auch bei Mass Effect 2 wird es so sein. Da fragen sich viele Spieler, warum sich diese »nachgereichten« Inhalte nicht von vornherein im Spiel befinden. An Zeitknappheit kann’s ja wohl nicht liegen, die Erstverkaufstag-DLCs müssen parallel entwickelt worden sein.

Für die Publisher sind die Vorteile von DLCs offensichtlich: Die Kosten liegen vergleichsweise niedrig, der Kunde hat keine Möglichkeit zum Weiterverkauf, und ein Spiel wird dank regelmäßiger Nachveröffentlichungen im besten Fall auch Monate nach der Veröffentlichung noch beachtet. Die neueste DLC-Strategie schmälert zudem den Wert von Gebrauchtspielen: Bei Dragon Age: Origins und bei der Konsolenversion von Saboteur liegt der Verpackung ein DLC-Code bei, der allerdings nur einmal verwendet werden kann. Gebrauchtkäufer erwerben zwar das Spiel, den Zusatzinhalt müssen Sie im Fall des Falles aber für mitunter viel Geld (The Stone Prisoner: ca. 15 Euro) neu kaufen. Die Strategie gilt übrigens auch für Raubkopierer. Das Hauptspiel kann man recht einfach herunterladen, die DLCs lassen sich bisher nicht so leicht kopieren und installieren, zumindest beim dominierenden und damit strategieangebenden Markt der Konsolenspiele.

Publicity-Risiko DLC

So offensichtlich die Vorteile der kostenpflichtigen Download-Inhalte für die Anbieter sind, es gibt auch Risiken. Da wäre zunächst die öffentliche Meinung, zumeist in zahlreichen Spiele-Foren formuliert. Dort ist man oft gar nicht gut auf DLCs zu sprechen.

Assassin's Creed 2-Hauptfigur Desmond Miles erinnert sich nur gegen Bares an zwei weitere Abenteuer seines Ahnen Ezio Auditore. Assassin's Creed 2-Hauptfigur Desmond Miles erinnert sich nur gegen Bares an zwei weitere Abenteuer seines Ahnen Ezio Auditore.

Ihre Ankündigung allein genügt, um dem Spiel einen schlechten Ruf zu verpassen. Noch schlimmer wird’s, wenn bekannt wird, dass die Zusatzinhalte eigentlich Teil des Hauptspiels waren und nur kurzerhand zum »Zusatz« gemacht wurden, wie zuletzt bei Assassin’s Creed 2. Allein die Kommentare auf GameStar.de sprechen Bände.

Risiko Nr. 2 ist bisher noch Theorie: Wichtige und gute Inhalte, die ein Spiel spürbar besser machen würden, werden als Bezahl-DLCs ausgelagert. Das Spiel floppt, die DLCs verstauben auf den Servern. Ganz so weit ist es bisher noch nicht gekommen. Dagegen sorgten einige Erweiterungen bereits für Irritation, gerade weil sie so offensichtlich aus dem Hauptspiel gerissen wurden. Das Fehlen der vorletzten und vorvorletzten Mission bei Assassin’s Creed 2 wird mit einem Systemfehler erklärt, und bei Dragon Age will sich eine Figur partout erst dann helfen lassen, wenn Sie vorher mit echtem Geld für die Zusatzquest bezahlen.

Ruhe bewahren, Kaufkraft nutzen

Man kann sich nun lang und breit über DLCs auslassen: Wie unfair und raffgierig die Publisher sind und wie die armen Kunden ausgebeutet werden. Doch wer glaubt, dass Spiele aus reiner Nächstenliebe entwickelt werden und dass die Macher von Luft und Liebe leben können, muss schon mit der Naivitätskeule geprügelt worden sein.

Bei Dragon Age: Origins liefert ein DLC einen neuen Wegbegleiter. Der Download-Code liegt der Spielverpackung bei. Bei Dragon Age: Origins liefert ein DLC einen neuen Wegbegleiter. Der Download-Code liegt der Spielverpackung bei.

Spiele zu produzieren kostet heute mehr als vor zehn Jahren, und irgendwie muss das Geld auch wieder reinkommen. Dass die Anbieter mit neuen Finanzierungsmöglichkeiten experimentieren, ist nur logisch.

Zudem ist bei allem Community-Unmut nicht zu leugnen, dass DLCs richtig gut laufen. Einen Monat nach dem Verkaufsstart von Dragon Age hatten sich die bis dato verfügbaren zwei Mini-Addons »The Stone Prisoner« und »The Warden’s Keep« laut Electronic Arts bereits mehr als eine Million Mal verkauft. Das liegt auch daran, dass sie die Möglichkeit bieten, mehr Zeit in einer lieb gewonnenen Welt zu verbringen. Nicht umsonst erscheinen die meisten DLCs für Rollenspiele, in denen man besonders leicht eine Bindung zu seinem Helden entwickelt. Jeder Spieler kennt den Wunsch, neue Herausforderungen in seinem Lieblingsspiel zu entdecken und zu meistern. Genau diese emotionale Achillesferse kitzeln DLCs. Nicht zu vergessen: regelmäßig gestreute Addon-Häppchen sind eine gute Möglichkeit, um die Wartezeit auf das vollwertige Nachfolgespiel zu überbrücken.

Das Problem der DLCs ist also nicht zwangsläufig ihr bloßes Dasein, sondern ihr Preis-Leistungs-Verhältnis. Dazu mischt sich der seit langem schwelende Frust der Spielerschaft über immer kürzere (Solo-)Kampagnen. Nachgereichte Missionen gießen Öl in dieses Feuer.

Das Fallout 3-DLC The Pitt gehört zu den Vorzeigeerweiterungen. Das Fallout 3-DLC The Pitt gehört zu den Vorzeigeerweiterungen.

Wer sich als Kunde über die DLC-Politik der Hersteller ärgert, muss mit dem Geldbeutel abstimmen. Es ist Ihre Entscheidung und Verantwortung, ob und für welche Download-Inhalte Sie sich entscheiden, denn es gibt auch viele gute Angebote. Einige der Fallout 3-Erweiterungen zählen dazu, auf der Xbox 360 beeindruckten die GTA 4-Addons. Auch die Publisher müssen den Umgang mit der jungen Vertriebsform erst noch lernen.

Also nutzen Sie Ihr stärkstes Druckmittel: Ihre Kaufkraft. Informieren Sie sich über die Inhalte der Download-Angebote (zum Beispiel hier auf GameStar.de), lassen Sie Mogelpackungen links liegen und warten Sie auf eventuelle Preissenkungen.

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