Seite 2: Hearts of Iron 4 im Test - Zwischen den Fronten

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Der automatische Krieg

Die KI-Fraktionen machen im Grunde eine passable Figur und sind wesentlich klüger als in der Ursprungfassung von Hearts of Iron 3. Beispielsweise schaffen sie's diesmal von Anfang an, Seeinvasionen zu starten - im Vorgänger funktionierte das erst nach einigen Patches richtig. Fehlerfrei ist die KI allerdings immer noch nicht, sie offenbart teils Aussetzer.

Großbritannien etwa lässt sich gemütlich seine komplette Flotte von unseren Bombern zerlegen, Frankreich zieht wegen eines kleinen Aufstands alle Truppen von der befestigten Maginot-Linie ab, und Verbündete helfen nur sporadisch an Grenzen aus, die nicht direkt die ihren sind. Zusätzlich bekommt die eigene Einheiten-KI regelmäßig mit zerstückelten Frontabschnitten Probleme und rückt nicht mehr richtig vor. Da muss man dann häufig selbst Hand anlegen und die Truppen mühsam durch die kleinteiligen Provinzen beordern.

Eher befremdlich ist, dass uns unsere KI-Verbündeten gerne mal einen Großteil ihrer eigenen Armee überlassen - als »Expeditionstruppen«, die wir dann selbst befehligen. So schenkte Italien unseren Deutschen im Test fast all seine Truppen in Nordafrika. Okay, wenn wir die selbst kommandieren, können wir zumindest sichergehen, dass die KI einen Unfug baut.

Italien ist unser treuer Verbündeter und kämpft ebenfalls gegen Frankreich. Hin und wieder wollen sie uns allerdings ihre halbe Armee als »Expeditionstruppen« leihen, was zu mehr Problemen führt, als es wert wäre... Italien ist unser treuer Verbündeter und kämpft ebenfalls gegen Frankreich. Hin und wieder wollen sie uns allerdings ihre halbe Armee als »Expeditionstruppen« leihen, was zu mehr Problemen führt, als es wert wäre...


Blöd nur, dass sich Italien zu diesem Zeitpunkt mit (dem kommunistischen) Spanien im Krieg befand, unser deutsches Reich aber nicht. Was wiederum dazu führte, dass spanische Truppen die italienischen Ländereien besetzen, wir uns mit den Expeditionstruppen aber nicht wehren konnten, weil die nun als Deutsche zählen - was für ein Kuddelmuddel!

Natürlich hätten wir den Spaniern nun ebenfalls den Krieg erklären können, aber sie waren mit den Sowjets verbündet, und die wollten wir nicht verärgern. Noch nicht. Außerdem laden unsere eigenen Kameraden gerne mal andere Nationen in unser Bündnis ein, selbst ohne unsere Zustimmung als Anführer jenes Bündnisses. Das kann ganze Partien ins Chaos stürzen - etwa wenn Italien Bulgarien zu den Achsenmächten einlädt, woraufhin dort sofort das alliierte Griechenland einfällt und unsere Südflanke bedroht.

Es lebe der Blob

Umgekehrt könnte auch die Zusammenarbeit unserer Gegner deutlich besser funktionieren. In lichten Momenten starten sie zwar etwa eine gemeinsame Seeinavsion und setzen immer wieder Überraschungs-Nadelstiche, meistens kann man aber einen Feind nach dem anderen von der Karte tilgen, ohne großen Widerstand dessen Verbündeter. Wenn man dann mit ein wenig Glück und Umsicht einen Mehrfronten-Krieg vermeiden kann, spielt sich Hearts of Iron 4 - zumindest für einen erfahrenen Paradox-Jünger - mit einer Großmacht wie Deutschland tatsächlich zu einfach.

Und am Ende war da die Landung in Nordamerika. Oder war es die Normandie? Egal. Mit Fallschirmspringern und Seeinvasionen setzen wir den Amerikanern zu. Dumm nur, dass unsere Truppen wegen mangelnder Versorgung reihenweise aus den Latschen kippen. Und am Ende war da die Landung in Nordamerika. Oder war es die Normandie? Egal. Mit Fallschirmspringern und Seeinvasionen setzen wir den Amerikanern zu. Dumm nur, dass unsere Truppen wegen mangelnder Versorgung reihenweise aus den Latschen kippen.

Die ganzen Feinheiten wie Einheitenzusammensetzung, Ausrüstung und Geländemali spielen dann kaum noch eine Rolle, man fährt einfach wie eine unaufhaltbare Planierraupe über die Kontinente, weil Kontrollmechanismen eines Europa Universalis 4 nahezu völlig fehlen. In besetzten Provinzen gibt es nicht mal mehr Aufstände, nur unsere Fabriken werden sabotiert. Das nervt, klar, weil die Reparatur wertvolle Fabrikleistung von anderen Projekten abzieht. Uns wäre es aber lieber gewesen, wenn tatsächlich Rebellenheere entstehen würden.

Grundsätzlich ist die Herausforderung maßgeblich von der Länderwahl zum Partiebeginn und einigen Umständen abhängig. Schafft man es, dass die Sowjetunion nicht in den Krieg eingreift, gibt es kaum ein Halten für Nazi-Deutschland. Gelingt das aber nicht und die Sowjetunion oder USA greifen zu einem ungünstigen Zeitpunkt ein, kann es schnell mit der Situation bergab gehen, vor allem, wenn die eigene Mannstärke langsam aber sicher dahinschwindet. Wenn man verzweifelt versucht, das Unmögliche möglich zu machen und man um jede Provinz verbittert kämpft, spielt Hearts of Iron 4 seine großen Stärken aus.

Schwerpunkt: Ideologie und Expansion

Die beschriebenen diplomatischen Umstände ergeben sich insbesondere aus der Schwerpunktwahl. In den neuen Schwertpunktbäumen wählen wir die generelle Strategie und Ausrichtung unseres Landes. Kleinere Nationen haben hier nur generische Optionen à la »zusätzlichen Forschungsslot freischalten«- Die Großmächte Deutschland, Frankreich, Großbritannien, USA, Sowjetunion, Japan und Italien (sowie Polen per Gratis-DLC »Poland - United and Ready«) haben neben eigenen Truppenbezeichnungen vor allem individuelle Schwerpunktbäume.

So kann sich Japan im Verlauf des Spiels entscheiden, eher gegen Russland zu marschieren oder in China einzufallen, Frankreich kann recht einfach kommunistisch werden, und Deutschland hat beispielsweise die Wahl, sich der Sowjetunion diplomatisch anzunähern oder ein antikommunistisches Bündnis zu schmieden.

Auch die früher automatisch ablaufenden historischen Ereignisse wie die deutsche Annexion Österreichs finden sich im nun Schwerpunktbaum - ebenfalls wie fiktive »Was wäre, wenn«-Varianten. Was wäre etwa, wenn das Deutsche Reich nicht einfach Danzig von Polen fordern, sondern gegen die Slowakei tauschen würde? Was wäre, wenn Jugoslawien zustimmt, Slowenien an das Deutsche Reich abzutreten - kampflos?

Im Schwerpunkt-Baum des Deutschen Reichs können wir uns bspw. entscheiden, ob wir uns der Sowjetunion annähern oder lieber einen Krieg vom Zaun brechen wollen. Im Schwerpunkt-Baum des Deutschen Reichs können wir uns bspw. entscheiden, ob wir uns der Sowjetunion annähern oder lieber einen Krieg vom Zaun brechen wollen.

Der Spieler kann diese Vorgaben zwar auch ignorieren, die Schwerpunkte bringen aber deutliche Vorteile mit sich. Schade nur, dass spätestens mit dem Ausbruch eines großen Krieges die meisten Schwerpunkte überflüssig werden, weil sich die betreffenden Parteien sowieso schon in den Schützengräben gegenüberliegen. Ab der Hälfte der Partie konnten wir den Schwerpunktbaum daher getrost ignorieren.

Nicht ignorieren sollten wir indes das Diplomatiemenü. Darin lassen sich Beziehungen verbessern, Nichtangriffspakte schnüren und Bündnisse schmieden. Man kann politische Strömungen in anderen Staaten fördern und mit etwas Glück und Geduld aus einem demokratischen Großbritannien einen faschistischen Vorzeigestaat machen oder gar einen Bürgerkrieg vom Zaun brechen, in den man dann - ganz uneigennützig - selbst intervenieren kann.

Die meisten diplomatischen Aktionen kosten politische Macht, ein Wert, der sich nur langsam ansammelt. Mittels dieser Punkte lassen sich überdies Berater anstellen, die für alle Bereiche des Spiels Boni anbieten, etwa für die Forschung. Außerdem können wir damit bestehende Gesetze ändern. Man entscheidet etwa, wie umfangreich die Bevölkerung zum Wehrdienst eingezogen wird. Blöd nur: Je mehr Bürger zu den Waffen greifen, desto langsamer arbeiten die Fabriken.

Forschungs-Mammutbaum

Zu guter Letzt ist da noch das Forschungsmenü. Im Gegensatz zu Hearts of Iron 3, in dem wir theoretisch beliebig viele Forschungsprojekte gleichzeitig anstoßen konnten, sind jetzt nur noch vier erlaubt (mit entsprechendem Schwerpunkt fünf). Eigene Forschungsbäume für Infanterie, Artillerie, Panzer, Flugzeuge, Schiffe, Technik und Industrie gibt's aber immer noch, sie ermöglichen eine Vielzahl an Forschungsmöglichkeiten.

Natürlich kann man auch die Atombombe erforschen. Das dauert allerdings lange und der Effekt ist überschaubar. Natürlich kann man auch die Atombombe erforschen. Das dauert allerdings lange und der Effekt ist überschaubar.

Der konkrete Effekt, der tatsächliche Vorteil des einen Modells gegenüber einem anderen bleibt aber häufig nebulös: Sind Düsenjets wirklich besser als klassische Propellermaschinen oder brauche ich sie gar nicht - zumindest nicht in meiner aktuellen Situation? Zusätzlich gibt es dann noch die Doktrin-Forschungsbäume, mit denen wir für Land, Luft und See spezielle Strategien entwickeln, die an die historischen Herangehensweisen angelehnt sind. So startet etwa die Sowjetunion mit einem auf Massenangriffe spezialisierten Doktrin-Baum, den man aber nach Bedarf auch ändern kann.

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