Fotorealismus in Spielen: Hellblade-Entwickler zeigt, wie beeindruckend Spiele der Zukunft aussehen könnten

In einem aktuellen Video demonstriert Ninja Theory die beeindruckende Technik hinter dem teils ultra-realistisch aussehenden Project: Mara.

Wo ist hier das Original und wo die Nachbildung im Spiel zu sehen? Wo ist hier das Original und wo die Nachbildung im Spiel zu sehen?

Anfang Januar 2020 machte das britische Entwicklerstudio Ninja Theory, das unter anderem hinter Hellblade: Senua's Sacrifice steckt, mit dem Project Dreadnought auf sich aufmerksam. Genauer gesagt geht es um eine markige Aussage von Mitbegründer und Creative Director Tameem Antoniades dazu:

"Es wird neu definieren, was Unterhaltung, oder sogar Realität ist. Es wird ein neues Medium sein, wahrscheinlich das letzte neue Medium, denn näher an die Realität kommt man nicht mehr heran. Das [Projekt] werde ich noch machen, danach höre ich wahrscheinlich auf."

Seither hat Ninja Theory einige Videos auf Youtube hochgeladen, die das Project Dreadnought Interessierten näherbringen sollen.

Kürzlich wurde das neueste von bisher insgesamt vier Videos online gestellt. Und das beeindruckt tatsächlich durch einen enorm hohen Realitätsgrad. Aber seht selbst:

Project: Mara - Entwicklervideo zeigt, wie die Umgebung gebaut wird Video starten 4:32 Project: Mara - Entwicklervideo zeigt, wie die Umgebung gebaut wird

Was ist Project Dreadnought?

Bei Dreadnought handelt es sich um eine Entwicklerplattform, bestehend aus einer Engine und allen dazugehörigen Techniken wie etwa einem Scanner zum Erstellen komplexer Texturen, die es selbst allerkleinsten Studios ermöglichen soll, Spiele in AAA-Qualität zu produzieren.

Mehr noch soll Dreadnought »Technologie und Grafik-Design in eine neue Ära führen«, erklärt Antoniades in der ersten Episode der sogenannten The Dreadnought Diaries.

Das kommt auch nicht von ungefähr, schließlich hat Ninja Theorie mit Hellblade: Senua's Sacrifice bereits eindrucksvoll sein Talent für ungewöhnliche Herangehensweisen unter Beweis gestellt. Erfahrt mehr dazu im GameStar-Test:

Was sehen wir im aktuellen Video?

Im neuesten Video geht es in erster Linie um das Project Mara (oben eingebettetes Video), das als experimentelles Spiel Teil von Dreadnought ist und mit dem neue Wege des Storytellings ergründet werden sollen.

Project Mara findet dabei in einer einzigen Szenerie, einem real existierenden Appartement statt. Das wird mit einem sogenannten LiDAR-Scanner vermessen und abgelichtet und dann versucht, so detailgenau und realistisch wie irgend möglich im virtuellen Raum zu rekonstruieren.

Die technische Basis ist nicht neu: Das seit vielen Jahren bekannte Verfahren nennt sich Photogrammetrie. Wie es funktioniert, haben wir uns unter anderem am Beispiel von The Vanishing of Ethan Carter schon in der Vergangenheit genauer angesehen:

Für Project Mara wurde unter anderem in Eigenregie ein spezieller Scanner entwickelt, der die verschiedenen Materialien wie zum Beispiel Holz oder Leder unter verschiedenen Lichtverhältnissen abfotografiert.

Vereinfacht gesagt, werden damit die Texturen für das virtuelle Appartement erstellt. Doch genau das ist der Punkt, denn so einfach macht es sich Ninja Theory eigener Aussage nach eben nicht.

Hardware-Guides auf GameStar-Plus: Ihr könnt es euch sicher denken, es wird komplex. Und komplexe Grafik braucht selbst trotz bester Optimierung und allerfeinstem Code potente Grafik-Hardware, beispielsweise in Form der Geforce RTX 3080. Die wiederum muss auch ordentlich eingebettet sein, um das volle Potenzial abzurufen - erfahrt mehr dazu in unserem Plus-Guide:

Es geht ums Detail: Materialen sind in Wirklichkeit meist nicht einfach nur flach, sondern haben Erhebungen und Vertiefungen - und genau deshalb versucht das Entwickler-Team die Feinstruktur von Oberflächen mit Shadern und Polygonen nachzubauen. Das Ergebnis könnt ihr im Enwickler-Video ab Minute 1:45 sehen.

Später im Video seht ihr auch wie einzelne Objekte des Appartements, wie das ganz oben im Artikel zu sehende Waschbecken, nachgebaut und auf die realen Vorlagen abgestimmt werden. Allerdings sind diese Arbeitsabläufe hochgerechnet auf ein ganzes Spiel in der Praxis zeitlich viel zu aufwändig, egal ob von großen oder kleinen Teams.

Die Herdplatte rechts ist kaum als virtueller Nachbau des Originals links zu erkennen. Die Herdplatte rechts ist kaum als virtueller Nachbau des Originals links zu erkennen.

Deshalb werden die Materialien beziehungsweise Oberflächen auf Basis des Erlernten später prozedural erzeugt und können so auf große Flächen skaliert werden. Dabei bedient sich Ninja Theory zwar erprobter Software wie dem 3D-Modelling-Tool Houdini, entwickelt aber auch eigene Systeme.

Wie revolutionär ist das Verfahren?

Der beinahe mikroskopische Detailgrad den Ninja Theory mit Dreadnought hier vorlegt, ist tatsächlich beeindruckend und zumindest uns von anderen Engines her in der Form nicht bekannt.

Dennoch machen Spiele-Engines im Allgemeinen große Fortschritte. So etwa die Unreal Engine in der noch nicht veröffentlichten, aber bereits vorgestellten Version 5, auf der auch das neue Senua's Saga: Hellblade 2 basieren soll.

Die berühmte Demo zu der Unreal-Engine 5 setzt übrigens auf Megascans von realen Objekten der Firma Quixel, mit der Ninja Theory auch für den virtuellen Nachbau des Appartements in Project Mara zusammengearbeitet hat.

Wann werden wir Spiele mit dieser Technik in Aktion erleben? Vielleicht gibt es Teile davon einmal in einer spielbaren Demo zum Project Mara zu sehen. Grundlegende Technologien werden wir in Form von Plugins etwa für die Unreal Engine 5 vermutlich auch in neuen Titeln wie dem oben bereits genannten Senua's Saga: Hellblade 2 sehen.

Ein Release-Termin ist hierfür allerdings noch nicht genannt worden. Wir wissen nur, dass es für PC und Xbox Series X/S erscheinen soll.

Was braucht es für Hardware?

Die Frage ist nicht ganz leicht zu beantworten, schließlich hat uns Epic Games vor wenigen Monaten mit der Unreal Engine 5 und der oben verlinkten, beeindruckenden Demo, die auf der PlayStation 5 in Echtzeit berechnet wurde, überrascht.

Das verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig kreative Entwickler und Programmierer für die Performance am Ende sind. Hardware ist relevant, aber eben auch nicht alles.

Neue Speichertechnologien: Besonders wichtig könnte in dem Zusammenhang auch die Implementierung neuer Speichertechnologien wie Nvidia RTX IO sein.

Derart hoch aufgelöste Objekte respektive Texturen, wie sie im Video oben zu sehen sind, benötigen ohne Zweifel enorme Speichermengen, womit aktuelle Grafikkarten überfordert sein dürften. Die neuen Technologien sollen jedoch das direkte Streamen von Texturen von einer schnellen NVMe-SSD ermöglichen und den Videospeicher somit deutlich entlasten.

GameStar-Talk: Nicht nur Nvidia bietet eine Möglichkeit, via Microsofts DirectStorage-Schnittstelle Inhalte direkt von der NVMe-Platte in die GPU zu streamen, sondern bald auch AMD. Überhaupt befinden sich die beiden Konkurrenten auch im High-End-Segment wieder auf Augenhöhe:

AMD gegen Nvidia - So stark ist die Radeon RX 6800 XT im Vergleich mit der RTX 3080 Video starten 12:40 AMD gegen Nvidia - So stark ist die Radeon RX 6800 XT im Vergleich mit der RTX 3080

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