IL-2 Sturmovik: Cliffs of Dover im Test - Die Fluch-Simulation

Diese Flugsimulation will wie ein Ferrari sein: schön, schnell, edel. Aber dummerweise ist IL-2 Sturmovik: Cliffs of Dover ein Montagsauto geworden, wie wir im Test feststellen mussten.

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Stellen Sie sich vor, Sie kaufen einen Ferrari. Steigen ein. Und stellen fest, dass das Lenkrad nicht reagiert. Dass die Pedale streiken. Dass Sie zwar ganz viele Instrumente und Schalter sehen, aber keine Ahnung haben, was genau Sie eigentlich drücken müssen, um richtig zu fahren. Ach ja: Eine Bedienungsanleitung gibt’s selbstverständlich auch nicht.

So ging es uns bei Cliffs of Dover, der Flugsimulation von Maddox Games und Ubisoft. Die trägt stolz das IL-2 Sturmovikim Namen, auch wenn der namensgebende Flieger gar nicht vorkommt. Der Serienvater Sturmovikwar schon 2001 ein Simulationsbrett und hat sich seit damals eine Fangemeinde aufgebaut, die treu Missionen, Kampagnen und Mods bastelt.

Online-Aktivierung
Um Cliffs of Dover spielen zu können, müssen Sie es an ein Steam-Konto binden, brauchen also einen Internet-Zugang. Eine permanente Verbindung wie bei Ubisofts umstrittenen Game Launcher ist beim Solospielen allerdings nicht nötig. Wegen der Steam-Bindung dürfen Sie das Spiel nicht weiterverkaufen.

Normalsterbliche werden von Cliffs of Dover erst mal erschlagen. Gar nicht mal wegen des Schwierigkeitsgrades – wer alle der vielen Realismuseinstellung abschaltet, kann sogar sehr schnell Erfolge feiern. Nein, der Knackpunkt ist die unglaublich dösig dokumentierte Tastenbelegung, die man sich aus zig Menüs fischen oder gar erst selbst belegen muss. Selbst wer weiß, dass man mit »i« (Ignition) seinen Motor anwirft, mit »b« die Bremsen löst, dann Schub gibt und nach dem Abheben tunlichst das Fahrwerk mit »g« (Gear) einfahren sollte, wird bei komplexeren Manövern verzweifeln.

Joystick? Wer braucht denn sowas?

Bekanntermaßen fliegen Simulationsprofis nicht mit Maus oder Gamepad, sondern mit einem Flightstick. Maddox Games ficht das nicht weiter an, hier wird nichts automatisch erkannt, wir müssen alles umständlich selbst konfigurieren, obwohl wir mit gängiger Peripherie fliegen wollen, die bisher jedes Wald-und-Wiesen-Actionspiel ohne zu murren akzeptiert hat. Darunter auch andere fliegende Ubisoft-Spiele wie H.A.W.X.und Blazing Angels. Schaut sich bei Ubi vor der Veröffentlichung eigentlich niemand an, was Simulations-Veteran Oleg Maddox da liefert? Oder wollte man in Paris nur noch raus mit dem Spiel?

IL-2 Sturmovik: Cliffs of Dover - Screenshots ansehen

Doch das Gepatze geht noch weiter: Als Cliffs of Dover Ende März erschien, war es schlicht unspielbar ruckelig. Ein erster Patch lindert das Problem ein wenig, ein zweiter hilft schon deutlicher. Doch noch immer kämpfen wir mit Rucklern, vor allem dann, wenn wir dicht an einer Feindmaschine dran sind und in niedriger Höhe fliegen. Also genau dann, wenn man plötzliche Grafik-Lags so gar nicht gebrauchen kann. Dass wir vorher minutenlang ruckelfrei über tollen Landschaften geflogen sind, stimmt uns da nur bedingt fröhlicher.

Genre-Referenz mit Lustlöchern

Selten haben wir ein Spiel erlebt, bei dem Freud und Leid so dicht beieinander liegen. Trotz all dem Frust, den wir uns oben von der Seele geschrieben haben: Wenn mal alles konfiguriert, eingestellt und abgestimmt ist, fährt Cliffs of Dover seine Stärken auf. Die über 20 Flugzeugmodelle, mit denen wir 1940 Luftkämpfe über Englands Süden, dem Kanal und dem küstennahen Festland ausfechten, sind schlicht atemberaubend detailliert. Außen stimmen Bemalung, Abnutzungserscheinungen und Ruß, doch spätestens innen geht jedem Flugzeugfan das Herz auf.

Bomber-Angriff #1 Unsere Junkers 88 hat ihre Bombenlast abgeworfen und einen Tanker erwischt – siehe roter Kreis.

Bomber-Angriff #2 Der getroffene Tanker in der Nahansicht: Auch Bodenfahrzeuge sind detailliert dargestellt.

Denn hier stimmt einfach alles: Die Cockpits sind nicht nur detailliert, sondern wir können frei umherblicken, Licht und Schatten lassen die Instrumente plastisch wirken, die Kanzeln sehen zum Greifen echt aus. An den Seitenscheiben der Ju 87 sind die steilen Winkel aufgemalt, mit denen die Stuka sich fast senkrecht aufs Ziel stürzt. In Bombern hat sich der Schütze eine Liste der Ziele neben das Visier gepappt, Schilder warnen vor Bedienfehlern.

Die Angriffswinkel unserer Stuka sind an die Seitenscheibe gepinselt. Die Angriffswinkel unserer Stuka sind an die Seitenscheibe gepinselt.

Dass die Historientreue sauber ausgefallen ist, zeigt sich auch daran, dass selbst die Community im offiziellen Forum nur pingeligste Details zu bekritteln hat: »Der Schalter für den Propeller-Einstellwinkel der BF109 ist falsch animiert. Bei dem fraglichen Bauteil dürfte es sich um den sogenannten Luftschrauben-Handverstellschalter Fl 18502 handeln. Hervorzuheben ist, dass der Hebel nach Betätigung automatisch in die Neutralstellung/Mittelstellung zurückkehren soll. Im CloD 1.00.14214 passiert genau das nicht.«

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