Seite 2: Interview mit Obsidians Chris Avellone und Adam Brennecke - Kickstarting Project Eternity

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PC-exklusives, isometrisches, party-basiertes, old-school RPG

Making Games: Dem ersten Screenshot nach zu urteilen sieht Project Eternity klasse aus, Rollenspiele verkaufen sich momentan wie geschnitten Brot, und ihr habt einen beeindruckenden Track Record. Warum habt ihr es trotzdem erst gar nicht versucht, mit Publishern zu reden?

Chris Avellone: Ein Spiel wie Project Eternity zu verkaufen ist enorm schwierig. Auch wenn wir es nicht probiert haben: Der Satz »Wir machen ein PC-exklusives, isometrisches, party-basiertes, old-school RPG« besitzt deutlich zu viele Adjektive, die bei einem Produkt-Pitch äquivalent zu einem Todesurteil sind. Solch ein Titel richtet sich ausschließlich an eine klar umrissene Zielgruppe, wohingegen es im natürlichen Interesse eines Publishers liegt, mit Hilfe von Marktforschung und Marketing-Tools die Attraktivität eines Produkts so breit wie möglich anzulegen. Das beißt sich.

Making Games: 4 Millionen Dollar sind eine Menge Geld, aber dennoch ein eher überschaubares Budget für solch ein großes und ambitioniertes Rollenspiel wie Project Eternity. Ist Kickstarter eure einzige Finanzierungsquelle?

Chris Avellone: Nein, es ist ganz sicher nicht viel Geld für solch einen Titel. Und ja, Kickstarter sowie Payplay sind unsere einzigen Geldquellen, bis das Spiel erscheint. In diesem Zusammenhang muss ich natürlich darauf hinweisen, dass man uns unter eternity.obsidian.net immer noch unterstützen kann.

Making Games :Die meisten Spiele können bereits einen Prototypen oder zumindest Screenshots präsentieren, wenn sie ihre Kickstarter-Kampagne starten. Bei euch gab's anfangs weder das eine, noch das andere. Warum seid ihr schon in solch einem frühen Entwicklungsstadium live gegangen?

Chris Avellone Je früher du rausgehst und kommunizierst, desto besser kannst du die Erwartungen erfüllen und - ja - auch steuern. Natürlich hilft auch der Stammbaum deines Teams. Wenn du zum Beispiel sagen kannst, dass Tim Cain (Anm. d. Red.: u.a. Fallout, Arcanum & Vampire: The Masquerade) an deinem Rollenspiel arbeitet, gibt dir das ein Siegel der Glaubwürdigkeit, das nur schwer zu toppen ist.

Making Games: Was ist denn aus deiner Sicht zwingend notwendig, um erfolgreich eine Kickstarter-Kampagne zu starten?

Chris Avellone: Ein paar Dinge:

1. Ein sehr gutes Pitch-Video. Das kann ich gar nicht genug betonen! Auch wenn ich's nicht statistisch belegen kann: Die Leute scheinen sich wesentlich intensiver mit dem Video als mit den Texten zu beschäftigen. Also solltet ihr da so viel Zeit und Aufwand wie möglich reinstecken, um auch das bestmögliche Video zu bekommen. Und hämmert keinen Sales-Pitch raus, sondern redet mehr über eure Passion und eure Ideen für das Projekt.

2. Ein Konzept mit irgendeiner Art von aufmerksamkeitswirksamem Aufhänger - merkwürdigerweise muss das nicht mal die Spielidee sein. Die Geschichte hinter dem entwickelnden Studio oder eine Art von Personenkult kann genauso gut funktionieren. Der Name »Tim Schafer« hat nun mal ein besonderes Gewicht, und das völlig zu Recht. Es kann aber auch etwas völlig anderes sein, das weit über das eigentliche Spiel hinausgeht. Der beste Rat, den ich bezüglich des Pitches bekommen habe, war, dass die Leute manchmal stärker interessiert sind an der Geschichte deines Kickstarters und den dahinterstehenden Designern als am Spiel selbst.

3. Ein Bewusstsein dafür, dass du den Kurs noch korrigieren kannst. Wenn deine Idee nicht funktioniert, dann denke daran, dass du die Sache abblasen und nochmal von vorn beginnen kannst - mit all dem im Gepäck, was du beim ersten Mal gelernt hast. Ich weiß von mindestens einem Fall - Steam Bandits von Iocaine - der genau diesen Ansatz gewählt hat und damit prima gefahren ist. Sie haben sogar ein großartiges Interview mit Kotaku bekommen, wo sie ihre Geschichte erzählen durften.

4. Einen hauptamtlichen Artist, der sich um die Illustration der Stretch Goals und aller anderen grafischen Elemente deines Pitches kümmert. Diese Personen muss 24 Stunden am Tag auf Abruf sein, um neue Artworks zu designen, wenn deine Kickstarter-Summe ein neues Level erreicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich unser Art Director Rob Nesler ein paar Extrahände gewünscht hätte, in Anbetracht, wie viele Stunden er mit dem Zeichnen von Updates verbracht hat.

5. Einen hauptamtlichen Vollzeit-Community-Manger. Wenn möglich, mehr als einen. Und stell sicher, dass bei Facebook, Twitter und in deinem eigenen Website-Forum alles funktioniert und bereitsteht.

6. Erzeuge bereits vor der Kampagne einen Hype. Nimm dir Brian Fargo als Vorbild, der vor allem in diesem Punkt bei Wasteland 2 einen großartigen Job gemacht hat. Und sei darauf vorbereitet, auch während der Kampagne den Hype weiter zu befeuern. Kickstarter-Projekte erlösen normalerweise am Anfang und am Ende am meisten, also tu alles dafür, dein Momentum zu halten.

7. Schaffe eine Infrastruktur für Datenbanken, Rewards und Erwartungen VOR der Kampagne. Baue ein Forum und eine Website, wo du die Leute schon im Vorfeld befragst, an welchen Rewards sie interessiert sind und aus welchen Gründen. Dann passe deine Kampagnenplanung entsprechend an. Auch hier ist Wasteland 2 ein super Vorbild.

Making Games: Wie viele Personen haben an Project Eternity gearbeitet, als die Kickstarter-Kampagne startete? Wie viele sind es jetzt? Und wie viele werden es in der Vollproduktion sein?

Adam Brennecke arbeitet seit 2004 bei Obsidian Entertainment, zunächst als Programmierer für zahlreiche Rollenspiele wie Knights of the Old Republic 2, Alpha Protocol und zuletzt Dungeon Siege 3. Danach wechselte er ins Producer-Fach und verantwortet dabei auch die Entwicklung von Project Eternity. Adam Brennecke arbeitet seit 2004 bei Obsidian Entertainment, zunächst als Programmierer für zahlreiche Rollenspiele wie Knights of the Old Republic 2, Alpha Protocol und zuletzt Dungeon Siege 3. Danach wechselte er ins Producer-Fach und verantwortet dabei auch die Entwicklung von Project Eternity.

Adam Brennecke: Als wir mit den Planungen für Kickstarter begannen, war ich das einzige Teammitglied, weil alle anderen noch in anderen Projekten involviert waren. Zunächst hatte ich ein paar Brainstorming-Meetings mit Chris, Tim, Feargus Josh und anderen, um so genau wie möglich die Art von Spiel, Setting und Welt zu definieren, die wir pitchen wollten. Zur gleichen Zeit habe ich mit den Vorbereitungen für das Pitch-Video begonnen sowie die Rewards und Texte für unsere Kickstarter-Seite zusammengestellt. Aber auch wenn ich das einzige hauptamtliche Project-Eternity-Mitglied war, hat natürlich die komplette Firma mitgeholfen. Es gab tonnenweise Zeug zu erledigen, viele Überstunden und lange Nächte - vor allem bei unseren Artists und unserem Sound-Magier Justin Bell.

Mittlerweile ist das Team ein bisschen angewachsen, und wir befinden und sind immer noch in der Pre-Production. Anfang nächstes Jahr starten wir mit der Vollproduktion und werden das Team auf circa 20 Personen aufstocken.

Making Games: Wie viel Zeit, Personen und Ressourcen habt ihr in eure Kampagne investiert?

Adam Brennecke: Für den Pitch haben wir von der Vorbereitung bis zum Finalisieren ungefähr zwei Monate benötigt. Anfangs habe ich unabhängig gearbeitet, einige Wochen vor Launch sind dann einige Artists und Designer hinzugestoßen, um den Pitch fertigzustellen. Das komplette Video haben wir in-house mit unserem eigenen Equipment produziert, inklusive Musik und Schnitt. Das meiste, wenn nicht sogar alles, was wir investiert haben, waren also nur Mannstunden.

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