Interview mit Danny Ledonne - »Zensur von Spielen ist eine bedenkliche Entwicklung«

GameStar sprach mit Danny Ledonne, dem Macher des Dokumentarfilms »Playing Columbine«, über Gewalt in Spielen, Zensur und die Freiheit der Kunst.

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Der US-Amerikaner Danny Ledonne (29) veröffentlichte 2005 das provokante Freeware-Spiel Super Columbine Massacre RPG!, in dem man den Schul-Amoklauf im amerikanischen Littleton von 1999 nacherlebt. Die Kontroverse um das Spiel arbeitete der junge Filmemacher im Dokumentarfilm Playing Columbine auf, der 2008 erschien. GameStar sprach mit Danny Ledonne über Kritik am Spiel, über seinen Film und die Frage, was erlaubt ist und was nicht.

GameStar: In deinen Dokumentarfilm »Playing Columbine« sagst du, der Weg des geringsten Widerstandes wäre es gewesen, dein Spiel einfach wieder aus dem Netz zu nehmen. Würdest du rückblickend betrachtet irgendwelche Entscheidungen anders treffen?

Danny Ledonne: Ich würde das Spiel auf keinen Fall aus dem Internet löschen. Ich bin froh, dass es immer noch da ist, damit Menschen es begutachten und darüber diskutieren können. Es ist ein Teil der Spielegeschichte, wenn auch ein sehr umstrittener.

Wenn ich tatsächlich etwas anders machen könnte, dann würde ich das Spiel nicht mehr anonym veröffentlichen, wie ich es im ersten Jahr getan habe. Die Diskussion »Wer hat dieses Spiel gemacht?« ist die falsche. Die sinnvollere und produktivere Auseinandersetzung muss meines Erachtens über Columbine und die interaktiven Medien stattfinden.

Danny Ledonne - hier in einer Szene aus dem Film Playing Columbine - entwarf das kontroverse Super Columbine Massacre RPG. Danny Ledonne - hier in einer Szene aus dem Film Playing Columbine - entwarf das kontroverse Super Columbine Massacre RPG.

GameStar: Du vertrittst die Ansicht, dass Spieldesigner Künstler seien, und in der Kunst sei alles erlaubt. Sollte es nicht auch hier bestimmte Grenzen geben?

Danny Ledonne: Nein, in der Kunst muss tatsächlich alles erlaubt sein. Wenn es Künstlern verboten wird, zu entscheiden, wie sie sich ausdrücken wollen, wer soll es denn dann entscheiden? Opportunistische Politiker, die sich einen konservativen Anstrich verleihen wollen? Religiöse Eiferer, die nur ihren eigenen moralischen Standpunkt akzeptieren? Rezensenten, die für sich das Recht beanspruchen, über den Medienkonsum von anderen zu urteilen?

Natürlich übertreibe ich gerade ein bisschen. Aber anstatt uns zu fragen, ob sich Kunst eines bestimmten Themas überhaupt annehmen soll, sollten wir uns doch viel eher fragen, wie sie sich dieses Themas effektiv und angemessen annehmen kann.

Ich möchte für mich selbst entscheiden, welche Inhalte ich uninteressant oder unpassend finde. Ich will aber nicht andern meine Meinung aufdrängen, nur weil ich persönliche denke, es sollte irgendwelche Grenzen geben. Wenn man persönliche Freiheit will, muss man zuerst auch anderen die gleiche Freiheit zugestehen.

GameStar: Deine Kritiker werfen dir vor, Provokation als Werbung zu gebrauchen.

Danny Ledonne: Selbstverständlich kann Provokation ein wirksames Instrument für Aufmerksamkeit sein. Wenn sie aber Selbstzweck statt Mittel zum Ziel ist, dann ist sie unnötig. Natürlich gibt es keine schlechte Publicity, wenn man eine Diskussion über ein Tabuthema anregen möchte.

Dass mein Spiel soviel Kritik bekommt, zeigt mir nur, dass ich etwas richtig gemacht habe. Wenn alle es toll, aber banal fänden, dann hätte ich mein Ziel verfehlt. Ich möchte als Medienkünstler versuchen, kritisches Denken anzuregen. Ich glaube, meine Arbeit – besonders »Playing Columbine« – macht deutlich, dass es mir um die Sache geht und nicht um die berüchtigten 15 Minuten Ruhm.

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