Filmkritik zu Joker: Dieser Comic-Film verdient einen Oscar

Jack Nicholson, Heath Ledger, Mark Hamill – diese Namen assoziieren Fans auf ewig mit dem Batman-Bösewicht Joker. Schafft es Joaquin Phoenix, die Clownschuh-großen Fußstapfen auszufüllen?

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Joker mit Joaquin Phoenix steht als Film für sich alleine und ordnet sich nicht in das DCEU mit Filmen wie Batman v Superman und Wonder Woman ein. Joker mit Joaquin Phoenix steht als Film für sich alleine und ordnet sich nicht in das DCEU mit Filmen wie Batman v Superman und Wonder Woman ein.

Welcher Schauspieler hat den Joker am besten auf den Punkt gebracht: Jack Nicholson, Heath Ledger oder vielleicht doch Mark Hamill? Eine Frage, über deren Antwort sich DC-Fans bis heute die Köpfe einschlagen. Zumindest sind sie sich in Bezug auf eines einig: Jared Leto ist es definitiv nicht.

Am 10. Oktober 2019 erscheint mit Joker von Regisseur Todd Philips eine weitere Leinwand-Inkarnation von Batmans bestem Feind in den Kinos. Diesmal verkörpert Joaquin Phoenix den grünhaarigen Schurken. Und dieser Film um Gothams Citys Clown-Prinzen des Verbrechens macht die Suche nach dem »besten Joker« nicht einfacher. Ganz im Gegenteil.

Das Leben und Leiden des Arthur Fleck

Doch um was geht es in Joker überhaupt? Die Story dreht sich um Arthur Fleck (Joaquin Phoenix), einen erfolglosen Clown und Comedian, der wie so viele andere Bürger von Gotham City ums Überleben kämpft und sich mit undankbaren und unterbezahlten Jobs über Wasser hält.

Gleichzeitig versucht Fleck sich um seine kranke Mutter Penny (Frances Conroy) zu kümmern, während er selbst nicht die psychologische Betreuung erhält, die er so bitter nötig hätte. Die Handlung von Joker dreht sich ausschließlich um Arthur, wobei Nebenfiguren wie Nachbarin Sophie Dumond (Zazie Beetz) oder Talkshow-Moderator Murray Franklin (Robert De Niro) eine eher untergeordnete, aber nicht minder wichtige Rolle bei dessen Absturz in den Wahnsinn spielen. Joaquin Phoenix liefert dabei eine ebenso packende wie emotionale Performance ab, dass man vor dem Bildschirm nicht anders kann, als mit ihm mitzufiebern und mitzuleiden.

Das zeigt sich bereits in kleinen Nuancen, wenn das erzwungene Grinsen Arthur Fleck sichtbare Schmerzen bereitet oder er in manisches Gelächter ausbricht, um seine Depression zu übertünchen. Für die Rolle hat Joaquin Phoenix 23 Kilo abgenommen, was aus Arthur Fleck eine ungesund dürr wirkende Gestalt macht (wobei das Make-Up natürlich auch seinen Beitrag leistet). Das Leiden seines Charakters wird also nicht nur auf der psychischen Ebene sichtbar, sondern auch auf der physischen.

Arthur Fleck ist das Opfer seiner eigenen Gesellschaft. Eines kapitalistischen Systems, das jeden zurücklässt, der nicht mithalten kann. Er wird von denen alleine gelassen, die ihm helfen sollten oder zumindest in der Lage wären, dies zu tun. Uns so wird der tragische Held zum Schurken seiner eigenen Geschichte, als er immer weiter den Kaninchenbau hinabsteigt und der Abwärtsspirale seines eigenen Untergangs nicht länger entkommen kann.

Joaquin Phoenix verrät die reale Inspiration für sein Joker-Lachen

Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) basiert auf verschiedenen Versionen des Jokers, die bereits in den Comics existieren. Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) basiert auf verschiedenen Versionen des Jokers, die bereits in den Comics existieren.

Joaquin Phoenix als der Joker

Die große Kunst von Joker liegt darin, die Geschichte seines Hauptcharakters auf eine erschreckend intime, aber gleichzeitig subtile Art und Weise zu erzählen. So tut es uns im Kinositz beinahe selbst weh, wenn wir sehen, wie sich Arthur unter der physischen wie psychischen Unterdrückung seiner Mitmenschen windet und er unter Schmerzen seine »Happy Face«-Grimasse aufzusetzen versucht, um von der Gesellschaft nicht noch weiter verstoßen zu werden.

Natürlich heißen wir Flecks immer weiter eskalierende Gräueltaten gegen potentielle Vergewaltiger oder verräterische Kleinkriminelle nicht gut. Während er langsam aber sicher seine Identität als Joker annimmt und dabei kräftiger, lebendiger und gesünder wird, als es Arthur je hätte sein können, lässt es sich aber auch nicht verhindern, dass wir gewisse Sympathien oder zumindest Mitleid für den Verfechter seiner eigenen Gerechtigkeit entwickeln.

Denn eine andere sympathische Figur oder einen gesunden Gegenpol zu Arthur Fleck gibt es im Film nicht. Gotham City ist in Joker wie in den Comics ein erbarmungsloser und hässlicher Ort, der an das wahre New York der 1980er erinnert und wo sich scheinbar keine einzige gute Seele hin verirrt hat.

Arthur wird also auch das Opfer arroganter Söhne reicher Väter, die in einer Szene seine Krankheit zum Anlass dazu nehmen, ihn grün und blau zu schlagen, kurz nachdem sie eine Frau in der U-Bahn belästigten. In einer anderen Szene wird er schon am helllichten Tage von Jugendlichen bestohlen und verprügelt, die mit aller Härte nachtreten, während Arthur bereits am Boden liegt.

Mit 55 Millionen Dollar Budget war Joker von Regisseur Todd Philipps eine verhältnismäßig günstige Kinoproduktion. Mit 55 Millionen Dollar Budget war Joker von Regisseur Todd Philipps eine verhältnismäßig günstige Kinoproduktion.

Es gibt kein »gutes« Pendant zu Arthur - keinen Batman zu seinem Joker. Selbst Thomas Wayne entspricht mehr der korrupten, arroganten und herzlosen Version aus den Comics, als der väterlichen aus Christopher Nolans Batman Begins, die sich einen Brunnen hinab seilt, um seinen verlorenen Sohn zu retten.

Obwohl Arthur Fleck Gegenspieler wie die Detectives Burke (Shea Whigham) und Garrity (Bill Camp) hat, fehlt dem Film ein finaler Endboss, den es wie in klassischen Superhelden-Filmen zu besiegen gilt. Der ist letztendlich sein eigener größter Feind.

Entsprechend darf man Todd Philips vorwerfen, es sich etwas zu einfach zu machen. Denn anstelle einer Schwarz/Weiß-Zeichnung gibt es in Joker nur Schwarz und Schwarz. Vergleichbar vage und sporadisch erklärt bleibt Arthurs psychische Krankheit, die bis auf ein paar Bemerkungen in Nebensätzen nicht weiter vertieft oder konkretisiert wird. Bei einem Film, der sich so stark um mentale Verrohung dreht wie Joker, hätte man sich dann doch mehr von diesem komplexen Thema erhofft als das provisorische Kratzen an der Oberfläche.

Während Martin Scorsese Joker produziert, tritt Robert De Niro in der Rolle des Talkshow-Moderators Murray Franklin auf - Taxi Driver und King of Comedy dienten als Inspiration für den DC-Film. Während Martin Scorsese Joker produziert, tritt Robert De Niro in der Rolle des Talkshow-Moderators Murray Franklin auf - Taxi Driver und King of Comedy dienten als Inspiration für den DC-Film.

Die Faszination des Jokers

Doch was macht den Joker überhaupt so faszinierend? Für viele DC-Fans und Comic-Leser handelt es sich bei dem wahnsinnigen Clown um den besten Bösewicht in Gotham City - Two-Face, Bane, Poison Ivy oder der Riddler reihen sich hinter ihm ein. Das mag unter anderem daran liegen, dass der Joker eine Art Antithese von Batman darstellt. Denn der Joker ist alles, was Batman nicht ist.

Diese Idee verfolgte bereits Christopher Nolan in The Dark Knight: Während Batman sich für Recht und Ordnung einsetzt, ist der Joker das personifizierte Chaos. Im Gegensatz zu anderen Bösewichten geht es dem Schurken weder um Macht, Geld oder Rache. Der Joker will - um es in den Worten von Michael Caine auszudrücken - »die Welt einfach nur brennen sehen«. Einen vergleichbaren, aber dennoch nicht identischen Ansatz verfolgt nun die von Joaquin Phoenix verkörperte Version des Bösewichts.

So spielte sich Heath Ledger 2008 in die Herzen der Zuschauer. Für viele Fans gilt Ledger bis heute als »der Joker schlechthin« und er wurde nach seinem Tod posthum mit dem Oscar als Bester Nebendarsteller ausgezeichnet. Während die Version aus The Dark Knight sich jeglicher Vorgeschichte entzieht und bis zum bitteren Ende ein Mysterium bleibt, geht Todd Philipps einen anderen Weg.

Bekommt der Joker-Film mit Joaquin Phoenix eine Fortsetzung?

Joker - Erster Trailer zum DC-Film mit Joaquin Phoenix Video starten 2:24 Joker - Erster Trailer zum DC-Film mit Joaquin Phoenix

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