Kolumne zu XCOM 2 - Alte Liebe, neu entflammt

Für Martin Deppe ist die gelungene Wiederbelebung der XCOM-Reihe ein bisschen wie ein Klassentreffen, bei dem wir die coole Ballkönigin wiedersehen – nachdem sie zwischendurch mal 60 Kilo schwerer und total langweilig war.

XCOM 2, endlich! Das erinnert mich an meine allererste Begegnung mit voll fiesen Aliens irgendwann Ende der Siebziger. Da lief in einem der drei Fernsehprogramme (mehr hatten wir ja nicht!) »Kampf der Welten«, ein US-Spielfilm, der H.G. Wells Klassiker »Krieg der Welten« in die Fuffzigerjahre verlegt. Statt der dreibeinigen Maschinen gab's da so schwebende Dinger mit einer Art Staubsaugerrüssel obendrauf, doch das Ergebnis war dasselbe: Menschheit am Abgrund, erst kurz vorm Exitus retten uns winzige Wesen - keine Midi-Chlorianer, sondern stinknormale Bakterien. Und wie gefährlich die sind, weiß jedes Männerschnupfenopfer!

In diesem »Kampf der Welten« gibt's eine Szene, in der ein Soldat von einem Todesstrahl getroffen wird, man sieht ihn aufleuchten, und SEIN SKELETT FLIMMERT DURCH! Damals war ich circa zehn und so entsetzt, dass ich mich heute noch daran erinnere. Was das alles mit XCOM zu tun hat? Ganz einfach: Fast 20 Jahre nach meinem Skelett-Erlebnis kann ich es 1994 mit UFO: Enemy Unknown verarbeiten, indem ich in Alien-Hintern trete.

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Der Autor

Unser fester freier Journalist Martin Deppe war von der allerersten GameStar-Ausgabe bis Februar 2002 bei uns an Bord, zuletzt im Rang des Ersten Offiziers (aka Stellvertretender Chefredakteur). Spätestens seitdem weiß er, wie man mit außerirdischen Lebensformen umgehen muss. Trotzdem dockt er regelmäßig bei uns an, um überirdische Artikel abzuliefern. Am liebsten über Rundenstrategiespiele - denn die sind für den Westfalen nicht so furchtbar hektisch.

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Die drei tschechischen UFO-Spiele (hier: Aftershock, 2005) sind grundsätzlich nicht schlecht. Braucht aber kein Mensch. Die drei tschechischen UFO-Spiele (hier: Aftershock, 2005) sind grundsätzlich nicht schlecht. Braucht aber kein Mensch.

Natürlich ist Ufo: Enemy Unknown nicht mein erstes Alienhintern-Tretspiel, ich bin mit Space Invaders groß geworden. Doch UFO Defense verbindet meine fünf Lieblingsgenres perfekt miteinander: Aufbauspiel, Wirtschaftssimulation, Rollenspiel, Rundentaktik und Rundentaktik. Und Rundentaktik ist auch mit drin! Das Ganze schön bunt verpackt in isometrische Kampfgebiete, die mich an Jagged Alliance erinnern, das ebenfalls 1994 erscheint. Und bei Gefechten in Wohngebieten sieht's fast aus wie in Die Sims. Obwohl ich das damals noch nicht wissen kann, schließlich erscheint das Hausfrauen-Epos erst sechs Jahre später.

Da hat Microprose mit Terror from the Deep und Apocalypse schon zwei Nachfolger geliefert plus XCOM Interceptor, das 1998 die rundenbasierten Kämpfe durch Wing-Commander-artige Actioneinlagen ersetzt, nur in schlecht. Und Hasbro ist mit Em@il Games: XCOM auf dieses neumodische Internet aufgesprungen, das sich eh nicht durchsetzen wird. Doch warum vergucke ich mich 1994 in diesen Genremix, warum baue ich stundenlang Basen auf, die von oben aussehen wie eine umgekippte Puppenstube?

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1994 schrieb sich X-COM: UFO Defense noch mit Bindestrich, in Deutschland hieß es Ufo: Enemy Unknown - oder laut Startbildschirm »UFO – Der unbekannte Feind«. 1994 schrieb sich X-COM: UFO Defense noch mit Bindestrich, in Deutschland hieß es Ufo: Enemy Unknown - oder laut Startbildschirm »UFO – Der unbekannte Feind«.

Ganz einfach: Weil XCOM glaubwürdig ist. Ich bin kein Aluhut-Träger, aber wenn Aliens wirklich so doof sind, uns zu überfallen, statt einfach noch ein bisschen abzuwarten, bis wir uns sowieso gegenseitig in die Luft jagen - dann kann unsere Gegenwehr genau so ablaufen: Weil Arnold, Bruce, der Duke und ihre Kumpels mittlerweile im Rentenalter sind, schicken wir keine Actionhelden los, sondern kleine Taktikteams aus Spezialisten, während die Basisbesatzungen fieberhaft nach besseren Technologien forschen.

Genau das ist das Hochspannende am XCOM-Spielprinzip: Mit immer besserer Ausrüstung und immer stärkeren Teams treffe ich auf immer stärkere Gegner. Ständig schwebt eine Mohrrübe vor mir, die das Blatt wenden kann. Aus Pistolen werden Strahlengewehre, statt Abfangjägern schicke ich selber kleine UFOs gegen die anfliegenden großen. Und irgendwann wendet sich das Blatt, ich zahle es den Aliens heim, gehe in den Gegenangriff über. Dabei ist XCOM schon fast philosophisch, zeigt es doch, wie unterschiedliche Menschen und Nationen gemeinsam Großartiges leisten können: Amerikaner und Russen, Araber und Israelis, Rheinländer und Westfalen, ja sogar Männer und Frauen.

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Firaxis hingegen zeigt 2012 mit XCOM: Enemy Unknown, wie es richtig geht: gleiche Story, aber modern erzählt. Die Fans jubeln. Firaxis hingegen zeigt 2012 mit XCOM: Enemy Unknown, wie es richtig geht: gleiche Story, aber modern erzählt. Die Fans jubeln.

Doch irgendwann wird es mir zu viel XCOM, spätestens 2001 mit dem 08/15-Shooter XCOM Enforcer finde ich das Szenario zu ausgelutscht. Das geht wohl nicht nur mir so, denn nach Enforcer gibt es kein neues XCOM-Spiel. Zumindest nicht mehr von Microprose, das Studio geht mit dem Verkauf von Hasbro an Infogrames unter. Nein, stattdessen veröffentlicht ein tschechisches Studio namens Altar Games munter weiter und veröffentlicht im Zweijahrestakt drei UFO-Spiele namens Aftermath, Aftershock und Afterlight, die zwar nicht schlecht, aber so ähnlich sind, dass ich mir nur Matheschocklicht merken kann.

Aber dann, nach über zehn Jahren Abstinenz, kommt 2012 wieder ein richtiges XCOM - und ich bin neu verliebt. Mit Firaxis steckt ein erfahrener Rundenstrategie-Entwickler dahinter, der die Mechanik zeitgemäß modernisiert, mit flotten Kamerafahrten, taktisch nutzbarer Umgebung, clevereren, unterschiedlichen Gegnern und ausgefeilteren Missionen. Und schon zittere ich mich erneut Zug um Zug durch alienverseuchte Gebiete. Und wieder lauern sie grundsätzlich hinter der einen Häuserecke, die ich nicht im Visier habe, und hüpfen genau dann raus, wenn meine Aktionspunkte alle sind ...

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