Kolumne zur Dreamhack - LAN-Party statt Ballermann

Drei Tage und Nächte Zocken! Warum tut man sich das an und was macht die Faszination einer LAN-Party aus? Hardware-Redakteur Jan Purrucker erinnert sich, beim Dreamhack-Besuch in Leipzig.

Wie ein Leuchtturm zeigt der große Turm mit den beiden »M«s den Weg zum Leipziger-Messegelände. Seit 2007 war ich nicht mehr hier. Damals bin ich am Morgen zur Games Convention gepilgert, nachmittags über die nahegelegene Wiese zum ebenfalls mit einem großen »M« ausgestatteten Burgerladen und wieder zurück. Unterwegs mit denselben Freunden, mit denen ich zuhause LAN-Partys veranstaltet und online unsere Lieblings Counter-Strike-Teams und Warcraft-Spieler angefeuert habe. Das ist mittlerweile fast neun Jahre her.

Nachdem die Games Convention umbenannt und nach Köln verlegt wurde, war uns der Weg zu weit und nachdem jeder schnelles Internet hatte, brauchten wir keine LAN-Partys mehr, um zusammen zu spielen.

»Genau deswegen kommen wir aber hierher!« erklärt mir ein Mittdreißiger, der in der LAN-Area der Dreamhack gerade seinen Rechner aufbaut, während sich seine Freunde beratschlagen, wo sie am besten das Bier lagern. Seit knapp 20 Jahren zockt die Gruppe zusammen. Mittlerweile findet sich bedingt durch den Alltag aber kaum noch Zeit dafür. Eigene LAN-Partys sind zu aufwändig und bei Online-Verabredungen kommt dann doch immer noch etwas dazwischen. Aber nicht diesmal. Jeder der sieben Freunde hat sich den Termin rot angestrichen und freigehalten. »Ist im Endeffekt wie drei Tage Urlaub mit Freunden. Ohne Schlaf, anstrengend, aber witzig.« fügt einer der sieben hinzu und verschwindet auf der Suche nach einem Kabelbinder mit dem Kopf wieder in der mitgebrachten Zubehörkiste.

Was ist die Dreamhack?
Die DreamHack Leipzig ist die offizielle deutsche Plattform der schwedischen DreamHack, dem weltgrößten eSports-Festival. Sie vereint Deutschlands größte LAN-Party mit mehr als 1.000 Plätzen, hochkarätige eSports-Turniere und den Ausstellungsbereich DreamExpo mit DreamStore. Abgerundet wird der Festivalcharakter durch ein umfangreiches Eventprogramm an allen drei Veranstaltungstagen.

Der Getränkenachschub muss auf einer LAN immer gewährleistet sein. Der Getränkenachschub muss auf einer LAN immer gewährleistet sein.

Männerurlaub auf der Dreamhack. Leipzig statt Mallorca, LAN-Party statt Ballermann. Vielleicht sollte ich das meinen Kumpels auch mal vorschlagen. Denn wer erinnert sich nicht gerne an die Zeiten zurück, in denen man in Vereinsheimen und Hobbykellern Tage und Nächte damit verbracht hat, seine Freunde über den digitalen Jordan zu schicken? Warum also die Gelegenheit auf einen Zocker-Kurz-Urlaub nicht nutzen? Schließlich findet die Dreamhack auch im kommenden Jahr wieder in Leipzig statt.

Aber selbst wenn man ohne eigenen Rechner als reiner Besucher (so wie ich) teilnimmt, ist die Dreamhack eine Reise wert. Das jüngere Publikum kommt überwiegend, um Profi-Teams in CS: GO und League of Legends zu sehen und anzufeuern. Auch wenn mich persönlich der E-Sport kaum mehr interessiert, wird man von der Stimmung im großen Tournier-Bereich mitgerissen. Da gelingt es einem Spieler, als letzter Überlebender das gesamte Gegnerteam auszuschalten (»Das nennt sich Clutch«, klärt mich ein 15-jähriger Luminosity-Fan auf), und die Menge vor der Bühne und auf den Rängen johlt so laut, dass sie selbst die Moderatoren aus den Lautsprechern übertönt.

Rund 1.000 Spieler schlossen auf der Dreamhack ihre Rechner zusammen und veranstalteten Deutschlands bislang größte LAN-Party. Rund 1.000 Spieler schlossen auf der Dreamhack ihre Rechner zusammen und veranstalteten Deutschlands bislang größte LAN-Party.

Der Autor
Neben dem Basteln und Übertakten seines Rechners hat Hardware-Redakteur Jan Purrucker auch viel Zeit mit Zocken auf LAN-Partys verbracht. Gespielt wurde hauptsächlich Quake III, Counterstrike und das geliebte Warcraft III. Sein persönlicher LAN-Rekord liegt bei drei Tagen und drei Nächten ohne Schlaf dafür mit vielen Energydrinks. Mittlerweile findet er kaum noch Zeit für LAN-Partys und hat den Besuch auf der Dreamhack umso mehr genossen.

Hardware für die Massen

Bei so vielen begeisterten Zockern wundert es nicht, dass gut die Hälfte von Halle 5 mit Ständen von Hardware-Herstellern bestückt war. Allen voran Asus, die mit einer ohrenbetäubenden Show das 10-jährige Jubiläum ihrer »Republic of Gamers«-Sparte feierten und mit dem größten Stand auf der Dreamhack vertreten waren. Hier konnte man Hearthstone-Turniere verfolgen, selbst spielen und sich über kommende Produkte informieren. Razer fuhr mit einem schicken Bus vor, Gigabyte hatte die meisten Cosplayer(innen), und Crucial warb mit einer eigenen Bühnenshow für den Ballistix-Arbeitsspeicher. Bei Zotac konnte man die kleine ZBOX ausprobieren und gewinnen.

Die Profi-Teams saßen auf der Hauptbühne in schallgedämmten Kabinen. Die Anfeuerungsrufe der Fans dürften sie dennoch gehört haben. Besonders laut wurde es bei den Spielen des deutschen CS-Teams »Mousesports«. Die Profi-Teams saßen auf der Hauptbühne in schallgedämmten Kabinen. Die Anfeuerungsrufe der Fans dürften sie dennoch gehört haben. Besonders laut wurde es bei den Spielen des deutschen CS-Teams »Mousesports«.

Roccat zeigte mit der Sova eine äußerst bequeme Möglichkeit, von der Couch aus zu spielen, und der Logitech-Stand war stets von einer Menschenmenge umringt. Das lag aber wohl hauptsächlich an den Jungs von Rocketbeans, die direkt nebenan live twitchten. Generell war also viel geboten, und jeder Hersteller hatte sich etwas mehr oder weniger besonderes einfallen lassen, um die Besucher für sich zu begeistern. Laut Asus gehört die Dreamhack nach der GamesCom künftig zu den wichtigsten Events, um die Hardware dem Kunden näher zu bringen. Sicher kein schlechter Ansatz, mit den Besuchermassen der alten Games-Convention-Tage kann die Dreamhack zwar noch nicht mithalten, allerdings wird die LAN-Party in den nächsten Jahren sicher noch wachsen.

Platz genug wäre da. Schließlich bietet die Leipziger-Messe noch einige Hallen zusätzlich, und das ganze Gelände hat für mich nichts an Atmosphäre verloren. Die Booth-Babes sind etwas hochgeschlossener, die Hot-Dogs liegen noch genauso schwer im Magen, und für kostenlose T-Shirts schreien sich die Besucher noch genauso die Seele aus dem Leib wie zu GC-Zeiten. Entsprechend werde auch ich die Dreamhack gerne wieder besuchen. Das nächste Mal aber inklusive Rechner, Energydrinks und einer gehörigen Portion nostalgischer Zocker-Energie - wenn nichts dazwischenkommt.

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