Alles ist möglich
Die entscheidende Motivation des US-Militärs, mit digitalen Trainingsumgebungen zu experimentieren, dürfte denn auch eine ganz profane sein: Geld. In zahlreichen Publikationen zum Thema wird stets darauf hingewiesen, wieviel günstiger es sei, Soldaten mit Software auszubilden statt mit teurem Realgerät. Computer und Simulationsprogramme sind im Vergleich zu echten Flugzeugen, Panzern und Munition spottbillig. Zudem sind sie wetterunabhängig, können relativ leicht verändert werden, und Misserfolge lassen sich viel genauer auswerten. Videospiele unterbieten den Preis nochmals.
Hinzukommt, dass die US-Armee in den letzten 50 Jahren keinen Versuch unterlassen hat, technologische Entwicklungen für ihre Zwecke zu verwenden. Einer der ersten grafikfähigen Computer (Project Wirlwind) wurde zusammen mit IBM nach dem Zweiten Weltkrieg für Bombersimulationen entwickelt. Das Internet und die Satellitenortung GPS entstanden aus Militärprojekten, und selbst Laserwaffen im Weltraum schienen den Amerikanern im Kalten Krieg nicht abwegig genug, um im Star- Wars-Programm unzählige Milliarden Dollar zu versenken. Kein Technik-Trend darf verschlafen werden, egal wie sinnvoll oder logisch er sein mag, scheint das Credo des Pentagons zu sein. Also mussten früher oder später auch die Videospiele eingespannt werden.
Mittlerweile sieht das Verteidigungsministerium die Lage etwas nüchterner: Ende 2007 wurde das Training and Doctrine Command Project Office of Gaming (kurz TPO-Gaming) gegründet. Dessen Chef, Colonel Jack Millar, stellte in einem Interview klar: »Ich habe bisher kein für die Unterhaltungsindustrie entwickeltes Spiel gesehen, das eine Trainingslücke [bei der Armee] schließen würde.« In die gleiche Richtung gehen andere Untersuchungen, die kritisieren, dass zwar viel ausprobiert und teilweise auch viel Geld investiert wurde, die Trainingsergebnisse aber bisher kaum bis gar nicht kontrolliert würden.
TPO-Gaming will die eher angestaubten Militärsimulationen grafisch aufhübschen und so realistischer aussehen lassen. Das amerikanische Marine Corps setzt bereits auf modernere Simulationstechnik und verwendet unter anderem Virtual Battlespace 2 von Bohemia Interactive, die mit ihrem tschechischen Studio als Entwickler von Operation Flashpoint und Armed Assault bekannt wurden.
Wie technikgläubig die Amerikaner sind, zeigen auch die jüngsten Bemühungen des Pentagons, quasi eine Art »Sim Irak« zu entwickeln. Mit virtuellen Städtesimulationen will das Militär nicht nur Soldaten im Einsatz ohne Waffe schulen, sondern gleichzeitig auch verstehen lernen, wie Kommunikation in der Bevölkerung funktioniert und wie Bewohner auf bestimmte äußere Einflussfaktoren reagieren.
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