Vier Millionen Exemplare verkauft und trotzdem pleite gegangen. Dieses Kunststück gelang im Spätsommer den Machern von L.A. Noire. Eine achtjährige Entwicklungsdauer und die immensen Kosten der aufwändigen Gesichtsanimationen brachen Team Bondi trotz der anständigen Verkaufszahlen das Genick.
Um die PC-Umsetzung (die zusätzlich alle bislang veröffentlichten Konsolen-DLCs enthält) kümmerte sich unterdessen Rockstar Leeds, das bislang vornehmlich im Handheld-Bereich aktiv war. Schlechte Omen für Noir-hungrige PC-Spieler? Keineswegs, denn das spielerische Erbe von Team Bondi erweist sich nach wie vor als ganz große Erzählkunst - auch wenn es sein Konsolenerbe nicht wirklich verleugnen kann.
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Der Tatort: Sittengemälde einer Epoche
L.A. Noire ist die Geschichte von Cole Phelps. Cole ist jung, idealistisch, ein bisschen naiv und sehr, sehr ehrgeizig. Außerdem ist Cole ein Cop, und als er beim Streifegehen zufällig über einen Mord stolpert, wartet er natürlich nicht erst auf die »großen Jungs«. Nein, er wittert Ruhm, Ehre und eine Beförderung, löst den Fall auf eigene Faust und wird so zum Darling des Polizeichefs.
Ein junger, gut aussehender, tatkräftiger Cop, das passt zum Image des Los Angeles der 40er Jahre, die goldene Ära, Pionier-Stimmung und Hollywood-Glamour. So beginnt L.A. Noire, der Aufstieg des Cole Phelps, dem wie in einer griechischen Tragödie unweigerlich der tiefe Fall folgen muss.
Denn L.A. Noire inszeniert kein Heldenepos, sondern das Sittengemälde einer Epoche, demaskiert die hässliche Fratze hinter der Glitzer-Fassade. Und mittendrin die Charakterstudie eines Mannes, der sich selbst verliert in diesem Moloch aus Gewalt, Drogen und Korruption. Das ist harter Erzähltobak im Stile eines James Ellroy (L.A. Confidential), oft perfekt in Szene gesetzt, aber eben so oft auch knapp an der Grenze zum interaktiven Film, denn unsere Interaktion beschränkt sich -- ähnlich wie etwa bei Heavy Rain -- gerade in den wirklich mitreißenden Momenten aufs reine Zuschauen.
Die Spurensuche: Hat es schon Pling gemacht?
Der spielerische Ablauf folgt dabei einem strengen Muster. Wir bekommen einen Fall zugeteilt, rasen im Auto zum Tatort (vorzugsweise brettern wir dabei keine Fußgänger über den Haufen) und suchen nach Indizien. Das hört sich spannend an -- ist es aber nur bedingt. Denn in der Praxis erweist sich der Adventure-Aspekt als stures Abklappern von Hotspots. Auf Rätsel im klassischen Sinne stoßen wir so gut wie nie; und wenn doch, dann sind die bestenfalls für blutige Genre-Anfänger eine echte Herausforderung. Und auch die (meist ereignislose) Fahrerei zum Tatort erweist sich nach spätestens einer Spielstunde als dermaßen dröge, dass wir das Lenkrad lieber unserem Begleiter überlassen, um uns zum Ziel zu »beamen«.
Bei der Spurensuche kommen wir zudem einer ganz anderen Sache auf die Schliche: der Konsolenherkunft von L.A. Noire. Anstatt PC-Adventure-typisch mit dem Mauszeiger nach Hinweisen zu fahnden, müssen wir Cole umständlich per WASD über den Tatort latschen lassen und mit Adleraugen mitunter winzige Objekte wie Kippen erspähen. Dass wir es mit einem Hotspot zu tun haben, sagt uns L.A. Noire erst, wenn wir beinahe draufstehen -- dann macht’s dezent »Pling« und in der unteren Bildschirmecke taucht eine optional zuschaltbare Lupe auf.
Das ist gleich doppelt doof, weil sich das »Pling« verflixt leicht überhören lässt und die Lupe so ungünstig positioniert wurde, dass wir ständig vom Geschehen wegschielen müssen. Die beste Lösung: ein Xbox-360-Gamepad. Damit stiefeln wir nicht nur präziser und flüssiger über die Tatorte, sondern erhalten auch ein optimales Vibrations-Feedback bei der Hotspot-Suche.
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