Legend of Grimrock im Test - Comeback des Kerkers

Diese Dungeon-Master-Hommage ist eines der puristischsten und gleichzeitig intensivsten Rollenspiel-Erlebnisse der letzten Jahre - und zwar beileibe nicht nur für Retro-Fans.

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Moderne Rollenspieler sind ein verwöhntes Pack. Sie wollen ein gewaltiges Epos mit riesiger Oberwelt, kompletten Städten, Hunderten von Quests und NPCs und Bombast-Grafik, bei der an jeder Riesenratte 97 3D-Modeller gearbeitet haben. Was also macht ein insgesamt gerade mal vier Mann starkes, frisch gegründetes Indie-Studio, das sich ausgerechnet ans Thema Rollenspiel wagt?

Genau das Gegenteil! So lautet das Credo von Legend of Grimrock: düstere Steinmauer-Gänge statt prächtiger Postkarten-Idylle, schlichte Ausgangssuche statt dicker Quest-Bücher. Und genau das ist das Großartige daran.

Steam & Co.
Zwei - inhaltlich gleiche - Versionen von Legend of Grimrock stehen zum Verkauf, beide kosten 14 Euro: bei Steam oder bei Gog.com mit Standalone-Installer und ohne Online-Aktivierung. Wer das Spiel auf der offiziellen Webseite kauft, bekommt beide Versionen.

Promotion:Legend of Grimrock bei GOG.com kaufen und gleich runterladen.

Ich bin Retro!

Der Fachjargon nennt das Prinzip »Dungeon Crawler« - nicht selten von einem leicht hämischen Unterton begleitet. Denn das Spielprinzip ist simpel: Durchs Verlies wandern, Fieslinge vermöbeln, Schätze einsammeln, seine Party hegen und pflegen. Der Weg ist dabei das Ziel, denn eine Interaktion mit Dritten (von abgehobenen Dingen wie Fraktionen wollen wir erst gar nicht anfangen) samt zugehöriger Aufträge findet hier nicht statt.

Legend of Grimrock - Screenshots ansehen

Der Vorreiter dieser Spielart war das legendäre Dungeon Master. Grimrock versteht sich gleichzeitig als Hommage und Weiterentwicklung des Klassikers. Jeder Pixel schreit laut »Ich bin Retro!«, gleichzeitig wirkt alles frisch und unverbraucht wie bei kaum einem anderen Rollenspiel der letzten Zeit. Und das liegt beileibe nicht nur daran, dass der Dungeon Crawler als kommerzielles Spielegenre seit mindestens 15 Jahren tot ist.

Kompromissloser Design-Purismus

Das Intro besteht aus nur wenigen, hübsch gezeichneten Standbildern. Das Intro besteht aus nur wenigen, hübsch gezeichneten Standbildern.

Warum wir überhaupt unter Tage unterwegs sind, ist wie bei den meisten Dungeon Crawlern weitgehend belanglos. Vier Gefangene werden in den Krater des Mount Grimrock geschmissen, wo ein riesiges Verlies auf sie wartet. Wenn sie dessen 13 Ebenen unbeschadet überstehen, sind sie freie Leute - was vor ihnen natürlich noch niemand geschafft hat. Der Entwickler Almost Human erzählt die Geschichte mit ein paar dürren, wenngleich sehr stimmigen Standbildern.

Und sonst? Zwischensequenzen? Oder wenigstens bunte Bücher die mehr vom Mount Grimrock preisgeben? Alles Fehlanzeige. Immerhin entwickelt der Dungeon selbst nach und nach eine Art eigenständigen Charakter. Den Entwicklern kam die erzählerische Schlichtheit des Dungeon-Crawler-Genres sicherlich sehr entgegen. Wie sie überhaupt viele Aspekte lieber gleich ganz weggelassen haben, anstatt sie halbherzig umzusetzen - ein Design-Purismus, der ganz maßgeblich zum überwältigenden Spielerlebnis beiträgt.

Zeitloser Kachel-Dungeon

Wer so einen alten Rollenspiel-Schinken noch nie live gesehen, geschweige denn selbst gespielt hat: Das Szenario ist nicht der einzige grundlegende Unterschied zu modernen 3D-Blockbustern à la Skyrim. Die Fortbewegung geschieht »tile-based«, das heißt, alle Levels bestehen aus quadratischen Kacheln, auf denen unsere Party Rechteck für Rechteck voranspringt. Drehungen funktionieren nur in 90-Grad-Schritten, Firlefanz wie Springen oder Ducken gar nicht.

Grimrock arbeitet immer wieder mit kleinen Schockmomenten: Der riesige Krake war beim ersten Durchlaufen noch nicht da. Grimrock arbeitet immer wieder mit kleinen Schockmomenten: Der riesige Krake war beim ersten Durchlaufen noch nicht da.

Das nutzt Legend of Grimrock weidlich aus, auch wenn die dadurch entstehenden Situationen mitunter grotesk wirken. Fallgruben entpuppen sich als unüberwindbares Hindernis, obwohl sie gerade mal einen Meter messen und mindestens zwanzig Zentimeter breite Stege die einzelnen Löcher voneinander trennen. Gleichzeitig läuft das Geschehen in Echtzeit ab. Soll heißen: Sowohl Bewegung als auch Kämpfe der Helden kommen ohne Rundenmodus aus.

Die Zeit an sich spielt aber kaum eine Rolle - es gibt keinen Tagesablauf, keine Tageszeiten, das Verhalten der Feinde sowie der Ablauf von Puzzlen und Rätseln wird vornehmlich vom aktuellen Aufenthaltsort des eigenen Quartetts bestimmt. Man kann also nichts verpassen, weil der Heldentrupp zu lange rumtrödelt.

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