Lootboxen: Warum ist das kein Glücksspiel? - Das sagt der Anwalt

Lootboxen gelten aktuell nicht als Glücksspiel - noch nicht. Warum das so ist - und unter welchen Umständen es sich ändern könnte - bringen wir bei einem Experten in Erfahrung.

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Wie sieht die Rechtslage zu Lootboxen und Glücksspiel in Deutschland aus? Wir fragen einen Anwalt. Wie sieht die Rechtslage zu Lootboxen und Glücksspiel in Deutschland aus? Wir fragen einen Anwalt.

Kaum ein Thema wird in der Gaming-Szene gerade so kontrovers diskutiert wie Lootboxen. Und mit der Kontroverse um die käuflichen Zufallskisten kam auch eine Rechtsfrage immer häufiger auf: Ist das nicht Glücksspiel? Sollte es nicht entsprechend reguliert sein?

Nein, sagen unter anderem die Jugendschutzbehörden USK und PEGI: Lootboxen sind für sie kein Glücksspiel. Aber wieso eigentlich nicht? Wie sieht die aktuelle Rechtslage aus und welche Voraussetzungen müssten Lootboxen erfüllen, um als Glücksspiel eingestuft zu werden? Und welche Konsequenzen hätte das?

Um Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir einen Experten befragt: Rechtsanwalt Sebastian Schwiddessen erklärt, wie die Gesetzeslage zu Lootboxen aktuell in Deutschland aussieht und welche Fragen noch ungeklärt sind.


Unser Ansprechpartner

Sebastian Schwiddessen, LL.M. ist Rechtsanwalt im Bereich IT- und Medienrecht bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Baker & McKenzie. Dort berät er nationale und internationale Mandaten aus der Entertainment- und IT-Branche.

Die Definition von Glücksspiel in Deutschland

Ist es richtig, dass Lootboxen juristisch gesehen nicht als Glücksspiel gelten?

So eindeutig ist der Fall nicht. Zunächst einmal gibt es zu Lootboxen und vergleichbaren Systemen noch keinerlei Rechtsprechung. Auch in der juristischen Literatur ist das Phänomen bislang fast überhaupt nicht untersucht worden. Es kann daher nur auf die allgemeinen Erkenntnisse und Gerichtsentscheidungen zum Glücksspielrecht zurückgegriffen werden.

Gerade das Glücksspielrecht ist in Deutschland jedoch ein äußerst umstrittenes und fragmentiertes Rechtsgebiet, das in den letzten Jahren zudem erheblichen Umwälzungen unterworfen war. Unter Juristen ist das Thema umstritten, sofern es überhaupt schon diskutiert wurde.

Abwerten oder nicht:So stehen wir zu Lootboxen

Dementsprechend gibt es aber auch einzelne Stimmen, die davon ausgehen, dass Lootboxen per se als Glücksspiel einzustufen sind. Ich persönlich bin da vorsichtiger. Meines Erachtens muss genau differenziert werden. Eine Pauschaleinordnung von Lootboxen als Glücksspiel lässt sich mit der aktuellen Gesetzeslage jedenfalls nicht vereinbaren.

Wie ist Glücksspiel in Deutschland denn rechtlich definiert?

Schon hier sind Juristen und die Rechtsprechung nicht ganz einig. Eine Definition des Glücksspiels findet sich jedenfalls im Glückspielstaatsvertrag. Danach liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt.

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Wie kann sich die Rechtsprechung nicht einig sein, wenn der Begriff doch im Gesetz definiert ist?

Das liegt daran, dass das Glücksspiel nicht nur über den Glücksspielstaatsvertrag, sondern zum Teil auch über das Strafgesetzbuch reguliert wird. § 284 StGB etwa verbietet die unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels.

Im Strafrecht wird seit jeher aber eine etwas andere Glücksspieldefinition herangezogen. Danach ist Glücksspiel ein auf Erzielung eines geldwerten Gewinns gerichtetes Spiel, bei dem die Entscheidung über Gewinn und Verlust allein oder hauptsächlich vom Zufall und nicht von den Kenntnissen und Fähigkeiten der Spieler bestimmt wird, und der Spieler, um an den Gewinnchancen teilzuhaben, einen nicht unerheblichen Einsatz erbringen muss.

Und wo liegen jetzt genau die Unterschiede?

Ob die beiden Definitionen nun letztendlich dasselbe meinen oder etwas anderes, wird kontrovers diskutiert. Der erste große Unterschied liegt darin, dass im Glückspielstaatsvertrag ein "Entgelt" gefordert wird, im Strafgesetzbuch hingegen ein "Einsatz". Zumindest dieser Aspekt wurde aber mittlerweile durch das Bundesverwaltungsgericht geklärt. Danach soll diesbezüglich kein Unterschied bestehen.

Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass das Entgelt nach der strafrechtlichen Definition "erheblich" sein muss, also eine bestimmte Wertgrenze überschreiten muss. Die mittlerweile überwiegende Meinung nimmt jedoch an, dass nach beiden Gesetzen ein "erheblicher" Einsatz vorliegen muss, auch wenn dies dort nicht explizit erwähnt wird.

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