Making Games Report - Pläne eines Brettspiel-Giganten

Wir sprechen mit Thomas Bleyer, dem Geschäftsführer von Ravensburger Digital, über Synergieeffekte der Brett- und Computerspielbranche, die Chancen für Entwickler sowie die Zukunft der Brettspiel-Digitalisierung.

Making Games Wann haben Sie zuletzt ein klassisches Brettspiel gespielt?
Thomas Bleyer Das war letzte Woche, und zwar »Das verrückte Labyrinth«. Da arbeiten wir – wenig überraschend – übrigens gerade auch an einer digitalen Umsetzung. Aber natürlich spiele ich auch Konkurrenzprodukte wie Carcassonne zum Beispiel.

Making Games Können Sie kurz umreißen, wie sich der klassische Brettspielmarkt in den letzten Jahren entwickelt hat?
Thomas Bleyer Der klassische Brettspielmarkt ist im Gegensatz zur allgemeinen Wahrnehmung in einer sehr guten Verfassung. Das Kerngeschäft der Ravensburger-Gruppe entwickelt sich in den letzten Jahren sehr positiv. Es sind jetzt keine überbordenden Wachstumsraten, aber das Unternehmen wirtschaftet sehr profitabel. Unsere klassischen Brettspiel-Linien verkaufen sich stabil, werden zusätzlich aber auch immer wieder erweitert und variiert. So gibt es etwa eine Avatar-Version vom Labyrinth mit offizieller Filmlizenz. Aber es gibt auch viele Innovationen, die das Feld treiben. Wir haben in den letzten Jahren zum Beispiel den Bereich der so genannten Hybrid-Produkte stark ausgebaut, also Brettspiele mit Elektronikkomponenten. Von »Wer war’s«, das als Kinderspiel des Jahres ausgezeichnet wurde, haben wir etwa allein in Deutschland 250.000 Exemplare abgesetzt. Ein anderes Beispiel wäre TipToi, ein sprechender Stift mit USB-Schnittstelle und optischem Sensor. Damit fahren die Kinder über ein Spielbrett oder ein Bilderbuch, der Stift erkennt die Koordinatenstelle und gibt dann die entsprechenden akustischen Informationen aus.

Making Games Und mal abgesehen von Ravensburger: Ist der deutsche Brettspielmarkt gesund?
Thomas Bleyer Der Brettspielmarkt hat sicherlich keine riesigen Wachstumsraten mehr, ist aber nach wie vor stabil. Allerdings ist es auch ein sehr fragmentierter Markt, der von den digitalen Spielen natürlich inzwischen bei weitem überholt wurde. Ravensburger ist mit Abstand der größte deutsche Spieleverlag und macht weltweit ungefähr 230 Millionen Euro Umsatz. Und damit sind wir schon ein Schwergewicht.

Making Games Welche Rolle haben denn Computer- und Videospiele generell für die Brettspiel-Branche?
Thomas Bleyer Da gab es jahrelang sicherlich eine gewisse Sorge, dass sich das irgendwann gegenseitig kannibalisieren würde. Das sehen wir aber nicht, und es ist unserer Meinung nach auch in Zukunft nicht zu erwarten. Das Wachstum der digitalen Spiele in den letzten zehn bis 15 Jahren hat jedenfalls nicht zu einer Reduzierung des klassischen Bereichs geführt. Es ist also offensichtlich ein echtes Zusatzgeschäft, was durch die digitalen Spiele generiert wurde. Aber natürlich müssen sich die Brettspielhersteller damit auseinandersetzen, dass heute eine junge Zielgruppe heranwächst, die ganz anders mit digitalen Medien umgeht. Ich habe selbst drei kleine Kinder, und es ist atemberaubend zu sehen, wie gut die bereits im Alter von drei Jahren mit einem iPhone umgehen können. Deswegen müssen wir als Marke auf möglichst vielen Plattformen präsent sein und genau aus diesem Grund wurde auch Ravensburger Digital letzten Endes gegründet.

Thomas Bleyer von Ravensburger Digital beim Interview mit Making Games: "Der Brettspielmarkt hat sicherlich keine riesigen Wachstumsraten mehr, er ist aber nach wie vor stabil." Thomas Bleyer von Ravensburger Digital beim Interview mit Making Games: "Der Brettspielmarkt hat sicherlich keine riesigen Wachstumsraten mehr, er ist aber nach wie vor stabil."

Making Games Es gab ja schon zur Jahrtausendwende vermehrt Versuche, Brettspiele mit interaktiven oder elektronischen Elementen aufzuwerten – etwa bei Legende des Sagor, Atmosfear oder King Arthur von Ravensburger. Die sind aber größtenteils gescheitert. Woran lag das damals?
Thomas Bleyer King Arthur war durchaus ein tolles Spiel, aber tatsächlich kein kommerzieller Erfolg. Zugegeben: Das hing teilweise auch mit technischen Problemen zusammen, auch wenn das eigentlich keine Rocket Science ist. Aber man darf ja nicht vergessen: Die klassischen Spieleverlage sind es gewohnt, mit Pappe und Papier zu arbeiten. Und wenn man dann plötzlich ein Stück Elektronik in die Beschaffung, Logistik, Fertigung und Qualitätssicherung einführt, muss sich das gesamte Unternehmen erstmal darauf einstellen. Inzwischen haben wir das aber sehr erfolgreich getan – vor allem weil wir auch die richtigen Anwendungsszenarien gefunden haben. Gerade im Kinderbereich funktionieren interaktive und elektronische Elemente sehr gut, weil nun dank Sprachausgabe Spiele für Vier- oder Fünfjährige begreifbar sind, ohne dass sie dafür lesen können müssen.



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Dieser Artikel erschien in Ausgabe 02/2011 des Making Games Magazins.

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