Seite 2: Making of Stardew Valley - Das Einmann-Märchen

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Die richtige Plattform

Interessanterweise will Eric Barone Stardew Valley zunächst erst über den Indie-Store von Xbox Live verkaufen. Für den PC möchte er es erst veröffentlichen, wenn er eine passende Plattform gefunden hat. Zu diesem Zeitpunkt tummeln sich viele kleine Teams in der Indie-Abteilung der Xbox 360, einer wahren Brutstätte für Talente. Doch dann startet am 30. August 2012 das Greenlight-Programm von Steam.

Plötzlich können alle möglichen Spiele auf der Plattform vorgestellt und mit genügend Stimmen aus der Community direkt in den Produktkatalog gewählt werden. Eric sieht darin die perfekte Gelegenheit, Stardew Valley direkt an die Spieler und ein größeres Publikum zu bringen. Am ersten September 2012 wird Stardew Valley auf Steam registriert und verbucht bereits nach ein paar Tagen einen ersten Durchbruch: Die Kampagne ist erfolgreich.

Fleißige Spieler können in Stardew Valley solche Vorzeige-Bauernhöfe errichten. Fleißige Spieler können in Stardew Valley solche Vorzeige-Bauernhöfe errichten.

»Ein Großteil der Spieler nahm mein Projekt wirklich begeistert an, weswegen ich mich entschied, meine ganze Aufmerksamkeit auf den PC zu verlagern«, erzählt Eric Barone. »Die Resonanz der Community führte auch dazu, dass das Projekt noch ambitionierter wurde.« Der Designer entscheidet sich rasch, die Entwicklung des Spiels ganz allein in Angriff zu nehmen, eine Aufgabe, die sich als nicht immer ganz einfach herausstellen wird. Für ihn ist das jedoch der einzige Weg, um die komplette Entscheidungsfreiheit zu behalten.

Ohne fremde Einflüsse fällt es ihm zudem leichter, konsequent und bei der Sache zu bleiben. Denn er bleibt nicht auf einem Einzelaspekt wie etwa dem Design oder der Programmierung sitzen, sondern hat stets das große Ganze im Auge: Gameplay, Interface, Musikkomposition, Bugfixing und so weiter. Der Preis dieser Freiheit sind die ausufernden Arbeitszeiten, Barones Leben dreht sich nun komplett um Stardew Valley.

Besser als das Vorbild sein

»An einem normalen Tag arbeitete ich wahrscheinlich zehn Stunden, und das an jedem Tag der Woche«, seufzt Barone. »Im Launch-Zeitraum waren es selten weniger als 15 Stunden.« Doch diese Investition zahlt sich schon früh aus, bereits im Februar 2013 wurde der britische Indie-Publisher Chucklefish Games auf Stardew Valley aufmerksam und schlägt Barone einen Vertriebsdeal vor

Der Designer willigt ein, und Chucklefish fügte Stardew Valley seinem sehr übersichtlichen Portfolio hinzu. Übrigens, falls die Firma jemandem bekannt vorkommt, dann durchaus zu Recht: Die Briten entwickeln zugleich Starbound, jenes Raumfahrer-Terraria, das Anfang 2014 auf dem Nichts zum Steam-Hit emporschießt, sich über zwei Millionen Mal verkauft und bis heute im Early Access stetig ausgebaut wird.

Intergalaktische Handwerkerprüfung: Preview zu Starbound

Chucklefish erkennt folglich schon früh das Potenzial des Titels. Und auch Eric Barone wird immer mehr bewusst, dass daraus etwas Großes entstehen könnte. Obwohl ihn seine Liebe zu Harvest Moon überhaupt erst zur Entwicklung des Spiels inspiriert hatte, weiß er, dass er es noch besser machen kann und muss - und zwar, indem er die Formel verbessert, die der japanische Entwickler Amccus im Jahr 1996 ausgetüftelt hat.

In Stardew Valley gibt es auch Mysterien, immer wieder kommen wir an düstere Orte, an denen es nicht mit rechten Dingen zuzugehen scheint. Auf die Frage, ob es im Spiel noch Geheimnisse zu entdecken gäbe, antwortet Eric Barone zwei Wochen nach Release einfach: »Ja.« In Stardew Valley gibt es auch Mysterien, immer wieder kommen wir an düstere Orte, an denen es nicht mit rechten Dingen zuzugehen scheint. Auf die Frage, ob es im Spiel noch Geheimnisse zu entdecken gäbe, antwortet Eric Barone zwei Wochen nach Release einfach: »Ja.«

So hat es bislang keines der Harvest Moons geschafft, eine Welt zu erschaffen, die von alleine reichhaltig genug war, um langfristig zu motivieren. Havest Moon lebt mehr von seinen engagierten Fans als von seiner Komplexität. Das will Barone besser machen und fügt weitere Spielsysteme hinzu - etwa das Sammeln von Geld oder ein anständiges Crafting-System.

Unter Tage erinnert Stardew Valley eher an ein Rollenspiel wie Zelda. Unter Tage erinnert Stardew Valley eher an ein Rollenspiel wie Zelda.

So führt eines zum anderen, und das Projekt wird um die neuen Elemente bereichert, von denen Eric glaubt, dass sie für den Spaß an Stardew Valley sorgen: das Angeln, das Schmieden, die Suche nach Steinen, um sie ins Museum zu tragen, und vor allem die Dungeons.

Diese unterirdischen Gebiete kann der Spieler nach Lust und Laune zwischen zwei Rübenernten erforschen. Im Grunde ähnelt Stardew Valley einer Mischung aus Erics zahllosen Harvest-Moon-Erlebnissen und anderen, prägenden Spielen seiner Kindheit, beispielsweise The Legend of Zelda. »Auf gewisse Weise stecke ich in der Vergangenheit fest«, bestätigt er. »Aber es ist eine Vergangenheit, in der die Welt der Videospiele kreativ und magisch war … eine Wertschätzung dieses besonderen und unwiderstehlichen Gefühls des Staunens, das wir alle aus unserer Kindheit kennen.«

Der planvolle Träumer

Eric Barone ist also ein Träumer, aber keineswegs planlos. Als Gegenentwurf zur inzwischen verbreiteten Early-Access-Praxis entscheidet er sich, Stardew Valley nicht anzubieten, bevor es komplett fertig ist. Er akzeptiert keine einzige Spende und lässt niemanden im Vorfeld bezahlen. Das bedeutet nicht, dass Eric eine gewisse Distanz zu seiner Community wahren möchte, ganz im Gegenteil.

Während der gesamten Entwicklung zeigt er sich sehr offen, sowohl in den sozialen Netzwerken als auch in Forendiskussionen, die mit Stardew Valley zu tun haben. Er ist Teil dieser seltenen Spezies von Entwickler, die sich regelmäßig die Zeit nehmen, im eigenen Reddit-Thread auf die vielfältigen Fragen der Community zu antworten. Und das, während er gleichzeitig versucht, weiterhin sein Projekt vorwärts zu treiben.

Grafik, Musik, Design: Eric Barone entwickelt das komplette Spiel im Alleingang. Grafik, Musik, Design: Eric Barone entwickelt das komplette Spiel im Alleingang.

Darauf angesprochen zuckt er mit den Schultern: »Meine Community-Strategie ist simpel: Ich habe keine. Ich denke, als Indie-Entwickler sollte man vor allem man selbst sein und sich wie ein echtes menschliches Wesen verhalten. Ich benehme mich online genauso wie im echten Leben, behandle jeden mit Respekt und zeige mich so ehrlich und aufrichtig wie möglich.«

Das klingt einfach, Eric Barone hat sich sein Pseudonym »ConcernedApe« jedoch nicht umsonst ausgesucht. »Concerned«, also besorgt und nachdenklich, ist er nämlich wirklich. Er durchdenkt jeden Aspekt seines Spiels, vom Gameplay bis zur Kommunikation mit den Spielern. Für die Zeit, die er jeden Tag opfert, um seiner Community zu antworten, werden Eric und Stardew Valley im Gegenzug mit unglaublicher Sympathie belohnt, wie man beispielsweise an den positiven Steam-Kommentaren sieht. Es lohnt sich, mit den Spielern zu sprechen.

Weiter, immer weiter

Nach vier Jahren erbitterter Arbeit erscheint Stardew Valley endlich am 26 Februar 2016 auf dem PC. Von Millionen ungeduldiger Spieler verfolgt, die es kaum erwarten können, endlich Hand anlegen zu dürfen, wird Stardew Valley binnen weniger Stunden zum Phänomen. Es häufen sich die positiven Kommentare und verkauften Exemplare.

Und Eric Barone? Der sitzt weiterhin jeden Tag allein an seinem Projekt, ganz so, wie er es von Anfang an getan hat. Ein wunderbarer Erfolg, der fast zwangsläufig an den eines gewissen Toby Fox und Undertale erinnert. Doch das ist eine andere Geschichte.

Was ist...Undertale? - Dieses Spiel hat einen Wertungsschnitt von 94% Video starten 16:45 Was ist...Undertale? - Dieses Spiel hat einen Wertungsschnitt von 94%

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