Prototypen überall
Es ist jedoch gut möglich, dass hier das letzte Wort noch nicht gesprochen wurde. Vieles, was man an der jetzigen Version kritisieren könnte, ist explizit als Prototyp gekennzeichnet. So etwa die Fertigkeitsbäume, deren Umfang derzeit äußerst überschaubar ausgefallen ist. Hier zeichnet sich aber schon ab, dass man sich bei Entwickler Gazillion Entertainment auf keine Experimente einlässt. Im Stile des großen Vorbilds gibt es je Held drei verschiedene Bäume, wobei jeder Baum eine Fähigkeitenfamilie abdeckt.
Die Herstellung der Kostüme soll ebenfalls noch gründlich überarbeitet werden, gibt aber bereits einen guten Eindruck, wie sie schlussendlich funktionieren soll. In Marvel Heroes wird unser Aussehen nicht durch die Ausrüstung bestimmt, sondern einzig und allein durch das getragene Kostüm. Hier gibt es Vorlagen, die man ähnlich neuen Helden mit viel Glück finden, ansonsten aber im Shop kaufen kann - immerhin handelt es sich um einen Free2Play-Titel. Mit Hilfe dieser Vorlagen und anderen Handwerksmaterialien können wir Kostüme herstellen, die nicht nur optisch schick sind, sondern auch die gewünschten Boni liefern – je nach verwendeten Zutaten.
Stimmungskiller
In vielen Fällen ist es also schwierig zu beurteilen, ob die Probleme der frühen Fassung geschuldet sind, oder doch tiefer liegen. Beispielsweise wirkt die Steuerung etwas sperrig, unser Held reagiert auf unsere Eingaben leicht verzögert und die unterschiedlichen Fähigkeiten fühlen sich zu abgehakt an.
Selbst ein Diablo 2 hat hier schon einen flüssigeren Übergang geschafft, der entscheidend für das Gefühl ist, dass man bei Gegnerhorden wie durch Butter schneidet.
Während solche Negativpunkte womöglich noch beseitigt werden können, haben wir bei anderen so unsere Zweifel. Es mangelt Marvel Heroes durchgehend an Atmosphäre. Grafisch scheint das Spiel ohnehin nicht am Stand der Zeit zu sein, wobei auch hier erwähnt sein muss, dass uns keine Einstellungsmöglichkeiten zur Verfügung standen. Das volle grafische Potential kennen wir also nicht.
Noch viel schwerwiegender ist jedoch das Leveldesign, in dem sich detailarme Schlauchinstanzen mit noch liebloseren offenen Gebieten abwechseln, die aus den immer selben Versatzstücken zu bestehen scheinen. So irren wir etwa durch eine schachbrettmusterartige Stadt, die viel zu groß erscheint für den Umstand, dass sie außer unzähligen Horden voller stets gleichaussehenden Gangstern inhaltlich nichts zu bieten hat. Dort suchen wir den Ausgang zur nächsten Instanz, die uns in ein weiteres Gebiet führt. Aus der Stadt wird im nächsten Kapitel eine Baustelle, später dann eine Insel. Sonst ändert sich nicht viel.
Noch viel Arbeit
Natürlich ist nicht alles schlecht: In seinen besten Momenten schafft es Marvel Heroes ein passables Hack&Slay zu sein, bei dem lediglich das Superhelden-Flair etwas zu kurz kommt. Die Helden sind untereinander ebenso zu austauschbar wie die Fähigkeiten je Charakter selbst.
Vermutlich ist das gar nicht einmal so verwunderlich, wenn man bedenkt, welches Heldenarsenal hier aufgefahren wird, im Vergleich zu den sonst üblichen drei bis sechs Klassen. Der Aufwand, jeden Superhelden gleichermaßen spannend und abwechslungsreich zu gestalten, dürfte enorm sein. Es ändert aber nichts daran, dass auf die Entwickler noch viel Arbeit wartet, wenn sie dieser mächtigen Lizenz gerecht werden wollen.
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