Wer einen absoluten Klassiker wie Master of Orion neu auflegt, muss damit rechnen, dass es von den alteingesessenen Fans erst mal Kritik hagelt, sollte das neue Spiel sich zu weit vom »Original« entfernen oder offen mit Serientraditionen brechen.
»Wenn das Verhältnis von Leuten, die sich lautstark aufregen, und denen, die einfach das Spiel genießen, bei ungefähr 20 zu 80 Prozent liegt, sind wir zufrieden«, meint Chefproduzent Chris Keeling, als wir ihn beim Besuch in Berlin auf genau dieses Problem ansprechen.
Menschen, die das bessere Spiel machen könnten, gebe es immer zuhauf, so Keeling, aber Wargamings Master of Orion sei eben ihr Spiel, in dem sie ihre Vorstellungen umsetzten. Der Mann, der nebenbei Sun Tzu oder Napoleon zitiert, schaut selbstbewusst auf sein Projekt, egal wieviel Gegenwind ihm entgegenbläst.
Das ist neu in Early-Access-Version 2
Das erste große Early-Access-Update für Master of Orion liefert vor allem mehr Umfang. Zu den bereits implementierten Völkern stoßen drei Neuzugänge: die Meklar, ein Volk von Cyborgs, die insektoiden Klackon und die für die Neuauflage neu entworfenen, aber auf die Collector's Edition beschränkten Terraner des Khanats. Zusätzlich unterstützt Master of Orion jetzt noch mehr Sprachen.
Das große Update für die zweite Early-Access-Phase geht am 23. März live.
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Echtzeit statt Runden: Gut beraten?
Dieses Selbstbewusstsein rührt zum großen Teil daher, dass sich Keeling und sein Team bei der Entwicklung von Master of Orion nicht einfach unvorbereitet auf den Klassiker stürzen, sondern eng mit den Mitgliedern des Originalteams zusammenarbeiten, um die Atmosphäre und das Spielgefühl so nah wie möglich an den Vorgängern zu halten.
Gerade die Berater seien es jedoch immer wieder, betont er, die sich mehr Innovationen wünschten oder neue Ideen begeistert auffassten. Das betrifft vor allem den größten Unterschied zu den früheren Teilen: die pausierbaren Echtzeitschlachten.
Der Aufschrei war und ist groß, denn vor allem eingefleischte Fans vermissen die perfekt kontrollierbaren Rundenschlachten aus Master of Orion 2, in denen sich jedes Detail regeln ließ. Aber während Keeling zugibt, dass noch einige Arbeit in die Echtzeitschlachten gesteckt werden muss, verteidigt er die Entscheidung vehement.
Auf unsere Frage, ob nicht doch die Chance bestünde, die Rundentaktik zurückzubringen oder als Alternative freizuschalten, ernten wir deshalb ein klares Nein: »Wir haben Rundenschlachten ausprobiert und sie haben nicht funktioniert, waren nicht richtig balanciert.«
Wer zuerst am Zug sei, habe automatisch den Vorteil, außerdem transportierten die Rundengefechte nicht das nötige Maß an Unkontrollierbarkeit und Chaos, in das echte Konflikte unvermeidlich münden. Ein Anführer könne niemals alles kontrollieren und dieses Gefühl wolle man dem Spieler glaubhaft vermitteln.
An einer besseren KI und mehr taktischen Möglichkeiten führt trotzdem kein Weg vorbei, das wissen auch die Entwickler. Um mit dem rundenbasierten Hauptteil des Spiels mithalten zu können, brauchen die Schlachten aber noch jede Menge Politur.
Wie sieht's mit DLC-Inhalten aus?
Bislang sind keine DLCs für Master of Orion geplant. Ob das so bleibt, entscheiden letztlich aber nur der Erfolg des Spiels und die Nachfrage der Spieler. Chris Keeling könnte sich beispielsweise Story-DLCs vorstellen, die die aus dem ersten Serienteil bekannte Geschichte weiterspinnen.
Interstellare Baustellen
Viel zu tun gibt's auch an anderen Stellen, die dank Early Access direkt von den Spielern angesprochen werden können. In den ersten Tagen nach dem Start habe sich eine Liste mit über 400 Punkten ergeben, die noch zu beheben seien, ungefähr 70 bis 80 davon allein im Zusammenhang mit den Schlachten.
Auch das Schiffsdesign wird noch überarbeitet, um den Spieler schneller und besser anzuzeigen, welche Konstruktionen funktionieren und welche nicht. Gut so, denn ohne das Feedback basteln wir blind drauflos und merken erst in der Schlacht, dass wir vielleicht gerade Credits in die Entwicklung eines besseren Weltraumtraktors gesteckt haben!
Daneben stehen viele kleinere Baustellen auf der To-Do-Liste der Entwickler, etwa übersichtlichere Anzeigen für alle Gebäude oder ein noch intuitiveres Interface. Im Vergleich zu den Arbeiten an KI, Schlachten und Schiffsdesign seien das jedoch eher Punkte mit niedriger Priorität.
Fanservice für die Ohren
Neben dem Masterplan für die zukünftige Entwicklung steckt Keelings Team viel Mühe in die Atmosphäre des Spiels. Der Soundtrack etwa stammt vom gleichen Komponisten, der schon den ersten Teil untermalt hat. Serienveteranen sollen sich sofort wohlfühlen.
Ein weiteres Highlight sind die englischen Sprecher für die unterschiedlichen Herrscher und Berater der einzelnen Fraktionen: Begegnen wir beispielsweise dem Oberhaupt der vogelhaften Alkari, begrüßt uns die Stimme von Mark Hamill, verhandeln wir mit den Psilon-Aliens, hören wir den Vorschlägen von Alan Tudyk zu, den wir als Pilot Wash aus der Serie Firefly kennen.
Dazu müssen wir allerdings die englische Sprachausgabe aktivieren, im Deutschen werden wir Luke Skywalker und Wash nicht zu hören bekommen. Der Aufwand dafür sei einfach zu groß, so Keeling.
Die Modder sollen's richten
So selbstbewusst und zuversichtlich Keeling also auf die Arbeit seines Teams blickt, so klar sind ihm die Limitierungen, die sich bei der Entwicklung auftun. Deshalb arbeite man eng mit der Modding-Community zusammen, die sich auch nach Release um die Dinge kümmern kann, die den Entwicklern entgehen - oder die sie nicht angehen wollen.
Ein Beispiel dafür ist die Erstellung eines eigenen Volkes: Wir können zwar die Boni selbst bestimmen, mit denen wir das All erobern, müssen als optische Grundlage jedoch immer eine der vorgegebenen Rassen benutzen.
Modder könnten hier Abhilfe schaffen, man selbst konzentriere sich erst mal darauf, ein spielerisch poliertes und spaßiges Werk abzuliefern.
Bleibt nur zu hoffen, dass die Art und Weise, wie sich Master of Orion entwickelt, die Spieler nicht verschreckt, auf deren Hilfe Chris Keeling setzt. Es ist eben nicht leicht, einen Klassiker wiederzubeleben, vor allem, wenn man selbst große Ideen hat.
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