Microsoft-Chef Achim Berg - Für Internet-Sperren-Gesetz

Achim Berg, Chef von Microsoft Deutschland, kritisiert in einem Interview, das Bundespräsident Köhler das vermutlich verfassungswidrige Gesetz zur Einführung von Internet-Sperren nicht unterschrieben hat.

In einem Interview mit dem Deutschlandfunk warf Achim Berg, Vorsitzender der Microsoft-Geschäftsführung in Deutschland, der Politik vor, dass sie »jetzt durch Gesetze versucht zu verhindern, dass wir gerade Kinderpornografie oder andere Themen in den Griff bekommen, also wirklich Zugang zu erschweren zu diesen pornografischen Inhalten«. Später erklärte er, dass er als Bundespräsident das Gesetz unterschreiben, »und zwar nicht, weil es unbedingt jetzt hilft, den Zugang zu erschweren, sondern es geht darum: Ich zeige sehr plastisch, auch wenn es Kleinigkeiten sind, dass ich mit Kinderpornografie nichts zu tun haben möchte und dass ich das auch aktiv blocke. Dass es natürlich Spezialisten gibt, die das umgehen können, vielleicht sogar sehr einfach umgehen können, das ist ein Thema. Aber es geht mir hier mehr um Symbolcharakter«.

Achim Berg wirft also indirekt dem Bundespräsidenten und der neuen Bundesregierung vor, nicht »plastisch« genug zu zeigen, dass sie mit Kinderpornografie nichts zu tun haben wollen und ignoriert zudem die verfassungsrechtlichen Bedenken des deutschen Staatsoberhaupts. Es scheint keine Rolle zu spielen, dass die Koalition das Gesetz deswegen für ein Jahr ausgesetzt hat, um den Ansatz »Löschen vor Sperren« zu prüfen. Offenbar vergisst er dabei, dass das Löschen entsprechender Seiten tatsächlich etwas im Kampf gegen Kinderpornografie bewirken würde - im Gegensatz zu einem Gesetz mit reinem »Symbolcharakter«.

Außerdem wäre das Gesetz vermutlich ohnehin verfassungswidrig. Dies ist die Ansicht von Wolfgang Hoffmann-Riem (Video), der immerhin von 1999 bis 2008 Richter des Ersten Senats am Bundesverfassungsgericht war. Seine Bereiche waren unter anderem das Recht der freien Meinungsäußerung, das Recht des Datenschutzes und das Wettbewerbsrecht.

Ein provokanter Gedanke: Ein Stopp-Schild bestätigt Pädophilen im Grunde doch nur, dass sich dahinter tatsächlich das befindet, was sie suchen. Danach reicht eine winzige Änderung an den Netzwerkeinstellungen, nämlich das ändern des DNS-Servers, um an die Inhalte zu kommen. Außerdem würden nach dem Gesetzesentwurf auch Besucher einer solchen Sperre verdächtig, die gar nicht nach Kinderpornographie gesucht haben. Die Internet-Sperren hätten also nicht einmal Symbolcharakter, sondern wären ganz im Gegenteil eher eine Art »staatliche Garantie« für kinderpornografische Inhalte. Bereits heute können Betreiber entsprechender Seiten belangt werden, oft bleiben solche Server aber auch in Europa am Netz.

Zum Abschluss verleitet ein unauffälliger Zusatz noch zu einer Spekulation. Achim Berg will die Internet-Sperren nicht nur gegen Kinderpornografie nutzen, sondern auch »andere Themen in den Griff bekommen«. Was könnten das wohl für andere Themen sein? Illegale Downloads. Die Business Software Alliance tritt ja auch für das Sperren von Internetzugängen bei illegalen Downloads ein. Dort ist Microsoft Mitglied. Da kämen Internet-Sperren für Torrent- oder ähnliche Seiten doch auch sehr gelegen.

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