Naissancee im Test - Der Weg ist das Ziel

Wenn Kunst auf Spiel trifft, muss das nicht zwingend brillant werden, wie der Test von Naissancee zeigt.

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Kunst? Murks? Naissancee (ohne das letzte »e« französisch für »Entstehung«) ist beides. In erster Linie handelt es sich aber um ein Jump&Run, nur ohne Waffen, ohne Gegner, die wir zermatschen müssen, ohne Sachen zum Einsammeln. Ohne all den Kram, der uns Befriedigung verschafft. Stattdessen müssen wir in Naissancee unsere Befriedigung aus der ungewöhnlichen Optik, aus der Musik und aus der an sich simplen Tatsache ziehen, dass wir es in den nächsten Abschnitt geschafft haben.

Fiebertraum in Schwarz-Weiß

»Lucy is lost«. Mit diesen drei Worten beginnt Naissancee. Wir sind offensichtlich Lucy, mehr erfahren wir nicht über uns. Wir laufen. Wir fliehen. Vor irgendwas oder irgendwem. Und wo wir uns aufhalten, wird auch nicht näher umrissen. Um uns herum eine gänzlich abstrakten Welt, die hauptsächlich aus glatten weißen, schwarzen und grauen Wänden, Böden und Decken besteht. Hier ein Torbogen, da eine Tür, dort hinten Treppen, unter uns bodenlose Abgründe, über uns gigantische Konstruktionen, die keinerlei Sinn erkennen lassen. Naissancee sieht aus wie ein Gemälde. Wie eine moderne Version von M.C. Eschers Fieberträumen, die sich mit der Architektur eines Blade Runners ein Stelldichein gibt. Unsere Aufgabe: einen Weg durch dieses seltsame Konstrukt zu finden. Sonst nichts.

Steam
Naissancee ist ausschließlich bei Steam erhältlich. Wenn Sie das Spiel kaufen, wird es mit Ihrem Account verknüpft und kann dann nicht mehr weiterverkauft werden.

Wir bewegen uns durch riesige kavernenartige Konstruktionen. Bei den Lichtern links wartet ein Rätsel. Wir bewegen uns durch riesige kavernenartige Konstruktionen. Bei den Lichtern links wartet ein Rätsel.

Und das ist oft gar nicht so einfach, denn Naissancee spielt so exzellent mit Licht, Schatten und Winkeln, so dass wir den Weg oft erst nach einer Weile entdecken. Etwa eine Treppe, die sich in einer dunklen Ecke verbirgt. Oder ein Loch im Boden, das wir erst sehen, wenn wir unsere Perspektive justieren. Das Leveldesign mit seinen ungreifbaren Formen, in denen wir unsere Route an den wenigen erkennbaren Mustern (Türen, Simse, Leitern) suchen, ist von einem anderen Stern. Und wenn man Naissancee darauf reduziert, dann handelt es sich bei diesem Spiel tatsächlich um Kunst.

Absturz und Suizid

Naissancee nervt allerdings auch mit Renn- und Hüpfpassagen, die wir oft mehrfach wiederholen müssen, weil entweder unsere Reaktionszeit zu lahm oder die Sprungabfrage zu ungenau ist. Oder weil wir nicht richtig Luft holen. Die einzige zusätzliche Mechanik neben laufen und springen, die uns das Spiel an die Hand gibt, ist unser Atem. Bei langen Sprints müssen wir in einem bestimmten Rhythmus die linke Maustaste drücken, um Lucy mit genügend Sauerstoff zu versorgen.

Wenn der fehlt, werden unsere Sicht und unser Tempo eingeschränkt. In solchen Situationen gilt: Der nächste Abgrund kommt bestimmt. Tode wären indes weniger tragisch, wenn die Checkpoints nicht zuweilen gefühlte Kilometer voneinander entfernt liegen würden und man so viel zu lange Abschnitte abermals absolvieren müsste. Selbst speichern dürfen wir nicht.

Aber Lucy kann nicht nur ungewollt abstürzen. Hin und wieder muss man sie sogar in den Tod schicken, weil man dem falschen Versprechen eines Level-Elements gefolgt ist: »Ah, ein Sims, da geht's sicher weiter.« Der Sprung hinab auf den Sims beweist allerdings: Pustekuchen! Weil in solchen Situationen oft der Weg zurück fehlt, helfen nur noch der Suizid und der letzte Speicherpunkt. Was durchaus frustrierend sein kann. Schlimmer allerdings sind die falschen Wege, mit denen uns Naissancee auf eine Reise in die Ewigkeit schicken will.

Minimalismus pur. Diese Treppe in die Dunkelheit müssen wir erklimmen. Minimalismus pur. Diese Treppe in die Dunkelheit müssen wir erklimmen.

Ein Treppenhaus etwa, das unendlich nach oben oder nach unten führt. Oder ein wüstenartiger Abschnitt, in dem wir uns gefühlte Stunden in die falsche Richtung bewegen können, weil überall am Horizont irgendwelche Formen zu erkennen sind, die den nächsten Level verheißen. In diesen Momenten nervt das Spiel fast noch mehr als in den Lauf- und Springpassagen, auch wenn die Faszination über die abstrakten Landschaften ungebrochen bleibt.

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