Neue Formate in Hearthstone - Geldmacherei mit Sinn

Hearthstones neues Format ist eine kühl kalkulierte Goldgrube – aber trotzdem ein enorm wichtiger Schritt. Zumindest für manche Spieler.

Mehr Geld scheffeln, indem man den Leuten verbietet, sich Free2Play-Inhalte zu kaufen? Ein Kunststück, das Blizzard mit Hearthstone bestens gelingen könnte: Diesen Frühling werden das Singleplayer-Abenteuer Fluch von Naxxramas und die erste Kartenerweiterung Goblins gegen Gnome aus dem Shop gestrichen. Die Entwickler wollen nämlich einen neuen Spielmodus namens »Standard« einführen, in dem wir nur noch mit Karten aus dem Basisspiel und den Erweiterungen der letzten zwei Jahre spielen dürfen. Dieser wird nicht nur in normalen Partien und Ranglistenspielen verfügbar sein, sondern auch das offizielle E-Sport-Format bei Blizzards Turnieren werden.

Der bisherige Spielmodus mit allen Karten bleibt weiterhin bestehen und heißt nun »Wild«, aber der Name macht klar: Standard soll der normale Weg sein, Hearthstone zu spielen. Wer da mitmischen will, muss sich mehr denn je immer die neuesten Karten kaufen - für Blizzard eine potenzielle Goldgrube. Aber tatsächlich auch ein enorm sinnvoller Schritt für das Spiel.

Hearthstone - Entwickler-Video stellt neue Spielart »Standard« vor Video starten 3:03 Hearthstone - Entwickler-Video stellt neue Spielart »Standard« vor

Magic macht's vor

Wer sich Sammelkarten auch in Papierform um die Ohren haut, wird sich beim obigen Absatz wahrscheinlich nur gedacht haben: »Ah, also wie bei Magic: The Gathering?« Tatsächlich ist Blizzards Idee alles andere als neu, der Karten-Urvater erkannte schon vor Jahren, dass man langfristig kaum um ein Format herumkommt, das nur aktuelle Sets zulässt. Das heißt dort - so ein Zufall! - ebenfalls Standard und ist eine der beliebtesten Spielarten. Und ja, das macht es zu einem enorm wichtigen Faktor, um die Spieler immer wieder für neue Karten zur Kasse zu bitten.

Aber Magic zeigt auch die Probleme, die ohne so ein Format entstehen: In »Legacy« sind fast alle Karten aus der über zwanzigjährigen Spielgeschichte legal. Das erlaubt zwar eindrucksvolle Spielzüge, schreckt aber Einsteiger ab, die dafür uralte Karten kennen und besitzen müssten. Und vor Jahren gedruckte Karten wie der enorm mächtige Gegenzauber »Force of Will« bestimmen bis heute die Balance des Formats.

Magic goes Free2Play:Test zu Magic Duels

Booster für Goblins gegen Gnome werden nicht mehr käuflich sein, sobald die Karten nicht mehr in Standard erlaubt sind. Booster für Goblins gegen Gnome werden nicht mehr käuflich sein, sobald die Karten nicht mehr in Standard erlaubt sind.

Standard schafft, in Magic wie in Hearthstone, ganz automatisch mehr Abwechslung im Metagame, weil Spieler sich da nicht auf immer gleiche Decks verlassen können. Irgendwann rotieren Schlüsselkarten raus und die Strategie muss sich anpassen. Gleichzeitig haben frische Karten eine bessere Chance, das Fomat zu beeinflussen und neue Strategien zu ermöglichen, wenn sie nicht mit den stärksten Schwergewichten aller Zeiten konkurrieren müssen. Was Blizzard freilich nicht davon entbindet, alte und neue Sets sorgfältig zu balancen - und hoffentlich nehmen sie die Auslagerung ins Wild-Format nicht als Freifahrtschein, Probleme mit älteren Karten zu ignorieren.

Aber es ist ganz normal, dass mit jeder Erweiterung ein paar neue richtig starke Karten dazukommen und sich dann im Lauf der Zeit ansammeln. In Standard kann ein neuer Diener für sieben Mana auch mal seinen Platz finden, ohne dass die Entwickler ihn dafür gezwungenermaßen sogar noch stärker machen müssen als Dr. Boom und das Stärkeniveau so unaufhaltsam immer weiter anziehen lassen. Außerdem haben Anfänger einen leichteren und übersichtlicheren Einstieg, weil sie sich in ein Format stürzen können, für das man seine Decks nicht gleich aus allen bisher erschienenen Sets und Abenteuern zusammenstöpseln muss. Also alles gut? Nicht ganz.

Der Autor
Maurice Weber hält wenig von der Idee, alte Abenteuer und Kartensets gar nicht mehr käuflich zu machen - aber dem grässlichen Goblins gegen Gnome mit seinem wildgewordenen Zufallsfaktor und der dümmlich-»lustigen« Atmosphäre weint er keine Träne nach. Dem coolen Naxxramas-Abenteuer dafür schon viel eher.

Im Regen stehen gelassen

Die großen Verlierer der Neuausrichtung sind Fans von Einzelspielerabenteuern und Spieler, die eben doch lieber mit allen Karten ihre Decks austüfteln. Zwar bleiben beide Modi bestehen, aber ihre Anhänger werden es um einiges schwerer haben, weil sie an alte Abenteuer gar nicht mehr und an alte Sets viel schwieriger rankommen. Karten älterer Erweiterungen muss man sich künftig mit Staub craften - eine aufwändige und ineffiziente Angelegenheit.

Den Fluch von Naxxramas werden neue Spieler bald überhaupt nicht mehr zu Gesicht bekommen können. Den Fluch von Naxxramas werden neue Spieler bald überhaupt nicht mehr zu Gesicht bekommen können.

Vor allem für passionierte Sammler, die gerne jede einzelne Karte des Sets hätten. Im Schnitt müsste sich ein Spieler satte 1200 Booster eines anderen Themen-Pakets kaufen, um die Karten in genügend Staub für einen kompletten Satz Goblins gegen Gnome zu zermahlen. Würde er direkt Booster für dieses Set kaufen, hätte er es nach (immer noch saftigen) 327 Paketen komplett.

Die beste Hearthstone-Alternative:Kolumne zu Duelyst

Sammler und »Wild«-Spieler zu derartig lächerlichen (und verdammt teuren!) Umwegen zu zwingen, hat nichts mehr mit sinnvoller Spielverbesserung oder Kundenfreundlichkeit zu tun. Und warum sollte man einem neuen Spieler komplett verbieten, sich in das spaßige »Fluch von Naxxramas« zu stürzen? Klar, eine Warnung müsste her, dass man hier gerade Inhalte kaufen will, die nicht Standard-legal sind, aber das wäre doch eine viel bessere Lösung als sie komplett rauszuwerfen - und würde Blizzard nebenbei erlauben, auch damit weiter auf faire Weise Geld zu scheffeln.

zu den Kommentaren (58)

Kommentare(56)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.